«Eigentlich fühle ich mich gar nicht krank.»
Niemand geht gerne ins Spital. Aber für Dölf Mathis ist das Stadtspital Waid ein Ort, mit dem er durchaus positive Erinnerungen und Gefühle verbindet. Und das ist gut für sein Herz.
Die Krankengeschichte von Dölf Mathis beginnt so abrupt wie unerwartet. 2002 ist der robuste 60-Jährige allein daheim, seine Frau und die Tochter geniessen Ferien in Österreich. Fast aus dem Nichts spürt er einen starken Druck im Brustkorb und heftige Beklemmung. Intuitiv vermutet Dölf Mathis, dass sein Herz gerade einen Infarkt erleidet. Also geht er sofort ins nahe gelegene Spital von Bülach, wo die Diagnose Herzinfarkt bestätigt wird – ein Schock.
In der Folge wird ein Stent gelegt, mit dem Ziel, längerfristig einer Herzschwäche vorzubeugen. Die Therapie funktioniert und die akute Bedrohung ist gebannt. Allerdings bleibt eine Herzmuskelschwäche bestehen, eine sogenannte Herzinsuffizienz. Das ist in der Medizinischen Klinik des Stadtspitals Waid inzwischen die dritthäufigste Diagnose.
Trotz allem gute Laune
Sein Hausarzt schickt ihn ins Stadtspital Waid. Hier ist die Kardiologie unter anderem auf das Krankheitsbild der Herzinsuffizienz spezialisiert. Als Folge des Herzinfarkts und der eingeschränkten Herzfunktion kam es zu schweren Herzrhythmusstörungen. Zur Verhinderung eines plötzlichen Herztodes wurde im Stadtspital Triemli ein Defibrillator implantiert und die medikamentöse Therapie ausgebaut. Derweil ist Dölf Mathis keineswegs gewillt, Trübsal zu blasen. Seine positive Einstellung hilft ihm, das Leben mit Freude zu geniessen. «Ich will mich nicht über eine Krankheit definieren. Es gibt genug Leute, die man besser nicht fragt, wie es ihnen geht, weil sie sonst nicht mehr aufhören zu klagen.» Er sei absolut der Meinung, dass man gerade in einem Spital den Humor nicht verlieren dürfe.
Dabei ist Dölf Mathis nicht nur der Medizin und der Pflege dankbar, sondern ganz besonders seiner Frau. Die beiden sind seit 46 Jahren verheiratet und wenn er von seiner Gattin erzählt, spürt man die tiefe Verbundenheit. Das gilt auch für seine beiden Enkel, von denen er richtig schwärmt.
Ein leidenschaftliches Leben
Da ist aber noch ein zweites «Baby», das die beiden verbindet: das gemeinsame Unternehmen. Der kleine Handelsbetrieb beschafft technische Schläuche aller Art. Und das so erfolgreich, dass Dölf Mathis trotz seiner 76 Jahre noch nicht im Ruhestand angekommen ist. «Ich suche einen Nachfolger, der das Geschäft mit gleich viel Herzblut betreibt wie ich», sagt er und lächelt im Wissen, dass so ein «Angefressener» nicht leicht zu finden ist.
Den gleichen Elan legt er auch bei seiner sportlichen Passion an den Tag: der Liebe zum Radsport. Fuhr er in jungen Jahren als Junior und Amateur selbst Velorennen, so wechselte er schliesslich ins Lager der Organisatoren. Über 30 Jahre engagierte er sich im OK der berühmten «Züri Metzgete», einem traditionsreichen Velorennen, das derzeit leider im Dornröschenschlaf liegt. Ganz anders Dölf Mathis: Drei Mal pro Woche setzt er sich rund 40 Minuten auf den Sattel seines Ergometers. Dieses gern abgespulte Training ist wohl der angenehmste Teil der Therapie.
Der Ruf der Wildnis
Dölf Mathis führt ein spannendes Leben und weiss viel zu berichten. Zum Beispiel, dass er in den wilden Sechzigern ein Jahr in Kanada lebte. Mit seiner zupackenden Art begann er in Montreal und zog schliesslich an die Westküste nach Vancouver. Als dort Arbeit knapp war, heuerte er kurzentschlossen auf einem Frachter an und lieferte kanadische Baumstämme nach Japan. «Ich würde sofort nach Kanada auswandern», sagt er etwas wehmütig, «aber das ist heute kein Thema mehr.» Immerhin war er mit seiner Frau inzwischen zehn Mal dort für traumhaft schöne Ferien.
Etwas «Cowboy-Feeling» beschert ihm auch sein original Jeep Cherokee von 1977, den er damals direkt importierte. Er hätte das Auto längst mit Gewinn verkaufen können, aber das kommt nicht in Frage. Denn mit seiner robusten Mechanik sei das Gefährt einfacher und zuverlässiger als die meisten Autos von heute.
Gesunde Beziehungen
Heute sagt Dölf Mathis, er fühle sich wie ein 22-jähriger Jungspund und lacht herzhaft dazu. Das sei vielleicht etwas geschummelt, aber er könne sein Leben geniessen. Zu diesem Glück leiste auch das Waidspital einen Beitrag, er sei hier ja fast schon Stammgast.
Mit der engmaschigen, auch ambulanten Betreuung und dem persönlichen Kontakt kann er sich jederzeit melden, wenn ihm in seinem Körper etwas suspekt erscheint. Dabei hilft ihm, dass über all die Jahre mit «seinen» Ärztinnen und Ärzten eine persönliche Beziehung gewachsen ist.
Die medikamentöse Therapie verschafft ihm viel Lebensqualität und er hält sich strikt an die Vorgaben. Dazu gehört auch das Führen einer Liste mit seinen täglichen Werten zu Blutdruck und Puls sowie mit Angaben zum Gewicht.
Auch als stationärer Patient hat Dölf Mathis viel Erfahrung mit unserem Spital gesammelt. Er ist angetan von der Qualität der medizinischen Betreuung und der Pflege. Niemals hätte er aber selbst Pfleger werden können, dazu müsse man geboren sein. Wenn die Rede auf die Ärztinnen und Ärzte kommt, rühmt er die Diskussionskultur mit ihm als Patienten auf Augenhöhe. Das Spital sei nicht so arrogant, wie man es von anderen Kliniken höre.
Wer Dölf Mathis reden hört, versteht sofort, wie er das meint. Mit seinem frohen Gemüt und seiner wachen Art kennt er kaum schlechte Laune. Immer nach dem Motto: Lachen ist die beste Medizin.
Stichwort «Herzinsuffizienz»
Das Problem bei einer Herzinsuffizienz ist, dass das Herz nicht mehr genügend Blut durch den Kreislauf pumpt. Es versucht, die verringerte Leistung auszugleichen und erhöht die Pulsfrequenz oder vergrössert sich, um kräftiger schlagen zu können. Das wiederum verstärkt die Belastung und die Herzschwäche nimmt zu. Die Anzahl Betroffener ist in den letzten Jahren markant gestiegen.
Genau genommen ist die Herzinsuffizienz aber keine Krankheit, sondern ein Syndrom – und zumeist eine Folge verschiedener Vorerkrankungen, zum Beispiel eines Herzinfarkts, eines Diabetes oder von zu hohem Blutdruck. Betroffen sind meist ältere Menschen über 70 oder gar 80 Jahre. So gesehen ist die Zunahme der Fälle auch eine Folge der besseren medizinischen Versorgung unserer Zeit und der höheren Lebenserwartung.
Erste und ernste Anzeichen sind gemäss Tobias Höfflinghaus, Leiter Kardiologie im Stadtspital Waid und einer der wenigen Spezialisten der Schweiz, Atemnot ohne Anstrengung, schnellere Ermüdbarkeit und geschwollene Beine. Wenn diese Symptome auftreten, ist rasches Handeln gefragt, denn eine umfassende Diagnose und das Einleiten einer persönlichen Therapie verbessert die Prognose markant.
In den meisten Fällen genügt eine medikamentöse Therapie. Wenn nötig werden aber auch Herzschrittmacher und Defibrillatoren eingesetzt, um das Herz zum korrekten und regelmässigen Arbeiten zu bewegen. Manchmal sind auch Herzoperationen nötig. Leider erschweren oftmals Mehrfacherkrankungen die Therapie, weil sie grössere Komplikationen verursachen oder ihretwegen gewisse Medikamente nicht verabreicht werden können.
Das Therapiekonzept des Stadtspitals Waid
Das Programm unterscheidet zwischen ambulanten und stationären Fällen und sieht die Behandlung nach einem sehr persönlichen Plan vor. Jede Patientin und jeder Patient erfährt also eine ganz individuelle Betreuung. Im Konzept werden über die Behandlung im Spital hinaus Anpassungen im ambulanten Rahmen durch die nachbehandelnde Stelle berücksichtigt. So sollten alle Patientinnen und Patienten innerhalb von sieben Tagen nach dem Spitalaufenthalt von der Hausärztin, vom Hausarzt oder in unserer Herzinsuffizienz-Sprechstunde gesehen werden. Dank der «Fast-Track»-Sprechstunde steht Patientinnen und Patienten, die uns kardiologisch bekannt sind, eine niederschwellige ambulante Anlaufstelle für die rasche Abklärung und Betreuung offen.
So reagieren Sie richtig
Bei Atemnot in Ruhe oder bei Anstrengung, zunehmender Müdigkeit und geschwollenen Beinen konsultieren Sie Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt und weisen auf diese drei Symptome hin. Auf Wunsch können Sie auch einen Termin in unserer Kardiologie-Sprechstunde vereinbaren.
Das Ignorieren der genannten Anzeichen ist dagegen keine gute Idee. Denn je schneller Sie eine genaue Diagnose erhalten, desto besser stehen die Chancen für einen guten Verlauf.