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Kunstkonzept und «worksmart@zürich»

Mit der Einführung des neuen Bürokonzepts «worksmart@zürich» hat sich nicht nur die Art, wie wir arbeiten, grundlegend verändert, sondern auch die Gestaltung unserer Arbeitsräume.

Annelies Fontana, «Nachtfenster», Siebdruck auf Papier, 90 x 90 cm, 1987. Foto Daniel Kunz
Annelies Fontana, «Nachtfenster», Siebdruck auf Papier, 90 x 90 cm, 1987. Foto Daniel Kunz
Annelies Fontana, «Nachtfenster», Siebdruck auf Papier, 90 x 90 cm, 1987. Foto Daniel Kunz
Benjamin Egger, «untitled», Aquarell auf Aquarellpapier, 24-teilig, je Blatt 88 x 62 cm, 2020. Foto Daniel Kunz
Benjamin Egger, «untitled», Aquarell auf Aquarellpapier, 24-teilig, je Blatt 88 x 62 cm, 2020. Foto Daniel Kunz
Benjamin Egger, «untitled», Aquarell auf Aquarellpapier, 24-teilig, je Blatt 88 x 62 cm, 2020. Foto Daniel Kunz
Franz Gossert y Cañameras, «Konkretes Bild mit 14 Individuationen», Öl auf Leinwand, 190 x 285 x 4 cm, 1967. Foto Kunstsammlung Stadt Zürich
Franz Gossert y Cañameras, «Konkretes Bild mit 14 Individuationen», Öl auf Leinwand, 190 x 285 x 4 cm, 1967. Foto Kunstsammlung Stadt Zürich
Franz Gossert y Cañameras, «Konkretes Bild mit 14 Individuationen», Öl auf Leinwand, 190 x 285 x 4 cm, 1967. Foto Kunstsammlung Stadt Zürich
Peter Storrer (1928–2016), Titel unbekannt, (altes Ägypten), 1993, Ölkreide auf Velinpapier, 29,5 x 42 cm (l.) / Titel unbekannt, undatiert, Ölkreide auf Velinpapier, collagiert, 50 x 65,5 cm (r.). Foto Kunstsammlung Stadt Zürich
Peter Storrer (1928–2016), Titel unbekannt, (altes Ägypten), 1993, Ölkreide auf Velinpapier, 29,5 x 42 cm (l.) / Titel unbekannt, undatiert, Ölkreide auf Velinpapier, collagiert, 50 x 65,5 cm (r.). Foto Kunstsammlung Stadt Zürich
Peter Storrer (1928–2016), Titel unbekannt, (altes Ägypten), 1993, Ölkreide auf Velinpapier, 29,5 x 42 cm (l.) / Titel unbekannt, undatiert, Ölkreide auf Velinpapier, collagiert, 50 x 65,5 cm (r.). Foto Kunstsammlung Stadt Zürich
Pierre Haubensak, «Ohne Titel (Tetras Nr. 48)», Öl und Wachs auf Leinwand, 150 x 190 x 4 cm, 1992. Foto Kunstsammlung Stadt Zürich
Pierre Haubensak, «Ohne Titel (Tetras Nr. 48)», Öl und Wachs auf Leinwand, 150 x 190 x 4 cm, 1992. Foto Kunstsammlung Stadt Zürich
Pierre Haubensak, «Ohne Titel (Tetras Nr. 48)», Öl und Wachs auf Leinwand, 150 x 190 x 4 cm, 1992. Foto Kunstsammlung Stadt Zürich

«worksmart@zürich» ist ein neues Bürokonzept der Stadt Zürich, das den steigenden Bedarf an Verwaltungsarbeitsplätzen durch flexibel nutzbare und mobile Arbeitsplätze effizient zu decken anstrebt und die Attraktivität der Büroarbeitsplätze erhöhen will. Das Konzept fördert eine flexible Arbeitsplatzgestaltung, die auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingeht und gleichzeitig die Nutzung unterschiedlicher Arbeitsräume, wie etwa der Team- und Rückzugszonen, optimiert. Zudem bietet die Platzierung von Kunstwerken in diesen Räumen neue Gelegenheiten, die Sammlungswerke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 

Kunst schafft Identität und Emotionen

Während das klassische Büro mit persönlicher Einrichtung und ausgewählten Kunstwerken eine Rolle dabei spielte, eine eigene inspirierende Umgebung zu schaffen, sind Arbeitsplätze in flexiblen Bürolandschaften weniger individuell. Im Kontext von «worksmart@zürich», wo die meisten Menschen an wechselnden Arbeitsplätzen arbeiten, fehlt weitgehend der persönliche Bezug. Umso erforderlicher sind deshalb Konzepte, die Kunstwerke dennoch individuell und bedeutungsvoll in diese moderne Arbeitswelt integrieren. Denn Kunst soll nach wie vor eine zentrale Rolle bei der Schaffung von Identität und Emotionen in Arbeitsumgebungen spielen. Die Fachstelle Kunstsammlung ist deshalb zunehmend mit der Herausforderung konfrontiert, flexible kuratorische Lösungen zu entwickeln, um die jeweiligen Abteilungen bei der Auswahl der Kunstwerke bestmöglich zu unterstützen. Je nach Ort und Aufgabe gilt es, unterschiedliche Lösungen zu finden; schliesslich unterscheiden sich die Bedürfnisse in einem Laufbahnberatungszentrum oder in einem Spital erheblich von denen der Kreisarchitekten. Es stellt sich deshalb die Frage: Wie können Kunstwerke in diesen oft anonymen und virtuellen Arbeitswelten sinnvoll platziert werden, um eine inspirierende und kreative Atmosphäre zu schaffen? Welches sind dabei die Herausforderungen und wie ist das Vorgehen?

Vielfältige Nutzung von Räumlichkeiten

Der erste Schritt für die Kunstsammlung besteht darin, sich einen Überblick über die verschiedenen Nutzungszonen der Büros zu verschaffen. Obwohl es keine festen Arbeitsplätze gibt, sind oft unterschiedliche Funktionsbereiche vorhanden: Büros, Sitzungs- oder Besprechungsräume, Beratungszimmer. Es entstehen auch kreative Gemeinschaftsräume, Kommunikationsbereiche, Cafeterias und Rückzugsorte. Zudem spielt die Art der öffentlichen Zugänglichkeit eine Rolle. Jede dieser Zonen stellt spezifische Anforderungen an die Kunst, die dort platziert wird. In einem zweiten Schritt wird darauf geachtet, wie die Lichtverhältnisse im Raum die Kunstwerke beeinflussen. Die Berücksichtigung der Lichtverhältnisse ist zum einen aus konservatorischer Sicht wichtig. Die Langlebigkeit der Kunst kann durch falsche Beleuchtung beeinträchtigt werden, z.B. durch zu starke Sonneneinstrahlung. Zum andern ist das Licht aber auch entscheidend dafür, wie Kunstwerke wahrgenommen werden. Unterschiedliche Lichtquellen, ob natürlich oder künstlich, können Farben, Formen und Texturen verändern und somit die Wirkung eines Kunstwerks beeinflussen. Ein gut ausgeleuchtetes Kunstwerk kann seine volle ästhetische Wirkung entfalten, während ungünstige Lichtverhältnisse Details verschlucken oder störende Reflexionen erzeugen können. In einem dritten Schritt ist es wichtig, die Bewegungsströme der Menschen zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass Fluchtwege sowie feuerpolizeiliche Vorschriften eingehalten werden. Dies bedeutet, dass Kunstwerke so zu positionieren sind, dass sie den Verkehrsfluss nicht behindern und im Notfall eine schnelle Evakuierung gewährleistet bleibt. Gleichzeitig müssen Sicherheitsabstände und Materialien beachtet werden, um den Brandschutzbestimmungen gerecht zu werden. Ein weiteres zentrales Ziel des Kunstkonzepts besteht darin, die Werte und die Identität der jeweiligen Dienstabteilung miteinzubeziehen. Bei der Auswahl der Kunstwerke wird auf Vielfalt und Relevanz geachtet. Die Kunst soll nicht nur dekorativ sein, sondern einen wertvollen und positiven Beitrag zur Arbeitsumgebung und -kultur leisten. Da es keine festen Arbeitsplätze gibt, können Kunstwerke auch dabei helfen, unterschiedliche Arbeitsmodi visuell zu signalisieren; sei es für fokussiertes Arbeiten, für Besprechungen oder für Rückzugsorte. Die Kunst hilft somit, den Raum visuell zu strukturieren und Orientierungspunkte zu schaffen. Ein wichtiger Faktor bei der Gestaltung der Räume ist auch die Partizipation der Mitarbeitenden. Diese fördert nicht nur das Zugehörigkeitsgefühl, sondern stärkt auch die Identifikation der Angestellten mit dem Raum und trägt zu einer gemeinschaftlich geprägten Arbeitsumgebung bei.

Kunst schafft eine positive Atmosphäre

Wie die beschriebenen Schritte in der Praxis umgesetzt werden können, zeigen die folgenden zwei Beispiele: In den Büroräumlichkeiten der Abteilung Coaching und Bildung im Sozialdepartement und in der Abteilung des Departementssekretariats aus dem Hochbaudepartement.

Die Bürolandschaft der Abteilung Coaching und Bildung umfasst eine weite Fläche im Großraumbüro sowie einzelne Beratungsbüros. Zusammen mit den Nutzenden wurden die Gestaltungsmöglichkeiten angeschaut und beschlossen, in den offenen Räumlichkeiten zeitgenössische Kunst zu präsentieren, während in den einzelnen Beratungsräumen und -räumlichkeiten konstruktiv-konkrete Kunst dominieren sollte. So schufen wir einen spannenden Kontrast zwischen den dynamischen, inspirierenden Elementen und Materialien der zeitgenössischen Kunst und der klaren, strukturierten Ästhetik der konstruktiv-konkreten Kunst. Dominierend im Empfangsbereich ist beispielsweise das mehrteilige Werk von Benjamin Egger. Denn in der Abteilung Coaching und Bildung, die an der Räffelstrasse Coachings im Rahmen der Arbeitsintegration für Jugendliche und Erwachsene anbietet, ist ein ähnliches Spannungsfeld wirksam wie im Werk von Benjamin Egger. Ihre Programme richten sich an Menschen, die in einer verletzlichen Lebenssituation sind – vergleichbar mit  derjenigen des Hundes auf den Aquarellen, der sich in einer Position des Machtungleichgewichts befindet. Die Coaches schaffen Räume, in denen Menschen die Möglichkeit erhalten, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und sich in die Gesellschaft zu integrieren; diesen Prozess können respektvolle und unterstützende Beziehungen fördern. Beide Kontexte thematisieren die Bedeutung von Empathie, Verantwortung und gegenseitiger Unterstützung. Während das Kunstwerk die menschliche Neigung zur unreflektierten Berührung und die damit verbundenen Machtstrukturen kritisiert, zielt die Abteilung Coaching und Bildung darauf ab, Brücken zu bauen und den Menschen eine Stimme und ein Gefühl von Selbstwert zu geben. So wird in beiden Fällen die Notwendigkeit von Achtsamkeit und einem respektvollen Miteinander deutlich  ̶  sei es im Umgang mit Tieren oder im Rahmen sozialer Integrationsmassnahmen.

Vergessene Werke in neuem Licht

Als das Departementssekretariat des Hochbaudepartements das Konzept «worksmart@zürich» in seinen Büroräumlichkeiten einführte, wählte das Team ein übergeordnetes Thema, das als Plattform diente, um faszinierende Werke aus der Kunstsammlung zu präsentieren. Die Entscheidung fiel auf das Thema «VergissMeinNicht – Vergessene und verborgene Künstler*innen». Insgesamt wurden in 15 Büros sowie in Sitzungs- und Fokusräumen über zwei Stockwerke hinweg Werke von Kunstschaffenden platziert, die für die Sammlung von Bedeutung, jedoch im heutigen Kontext in Vergessenheit geraten waren. Carlotta Stocker, Marius Brühlmeier oder Franz Grossert y Cañameras beispielsweise waren in ihrer Zeit herausragende Kunstschaffende, deren Werke und Ideen bedeutende Impulse für die Kunstszene lieferten. Doch trotz ihrer kreativen Leistungen sind sie heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Ihre innovativen Ansätze und individuellen Stile, die einst die Öffentlichkeit faszinierten, sind nicht mehr im kollektiven Gedächtnis verankert. Das Kunstkonzept «Vergessene Künstler» zielt darauf ab, diese Talente wieder ins Bewusstsein zu rücken und ihren Einfluss auf die Kunstgeschichte neu zu würdigen. Diese gezielte Auswahl fördert nicht nur die Sichtbarkeit der Kunst und ihrer schöpferischen Persönlichkeiten, sondern regt auch die Mitarbeitenden dazu an, sich mit den Geschichten und Kontexten dieser Werke auseinanderzusetzen. Durch diese Initiative wird ein Raum geschaffen, der nicht nur ästhetisch ansprechend ist, sondern auch zum Nach- und Weiterdenken anregt und die Bedeutung von Kunst im Alltag hervorhebt.

Kunst setzt Orientierungspunkte

Ein gut durchdachtes Kunstkonzept kann Büroräume stark aufwerten, die Arbeitsumgebung beleben und positiv zur Unternehmenskultur beitragen. Während die Flexibilität und Anonymität neuer Arbeitswelten den persönlichen Bezug herausfordern, bieten Kunstwerke die Möglichkeit, kreative und inspirierende Impulse zu setzen, die sowohl die Firmenkultur als auch die individuellen Arbeitsumgebungen bereichern. Durch eine sorgfältige Auswahl und Platzierung können Kunstwerke nicht nur Orientierungspunkte schaffen und die Atmosphäre positiv beeinflussen, sondern auch eine Brücke zwischen Effizienz und persönlicher Identifikation schlagen. Die Beteiligung der Mitarbeitenden am Kunstkonzept fördert zudem ein Gefühl der Zugehörigkeit und stärkt den Gemeinschaftssinn in einer zunehmend dezentralen Arbeitswelt. Kunst ist subjektiv und nicht jede Kunst wird von allen Mitarbeitenden oder Besuchenden gleichermaßen geschätzt. Ein durchdachtes Konzept kann allerdings die Meinungen und Vorlieben einer vielfältigen Belegschaft berücksichtigen und die Diskussion bereichern. Kunst bleibt damit ein wesentliches Element, um Arbeitsräume lebendig, inspirierend und menschlich zu gestalten, insbesondere im Zeitalter des «worksmart@zürich», das hervorragende Gelegenheiten für die Umsetzung besonderer Kunstkonzepte bietet.

Von Raquel Brühlmann, Kunstsammlung der Stadt Zürich

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