PARZELLE SW6036
4. Rang | Ankauf
- Architektur
Bessire Winter GmbH, Feldbrunnen mit
Caretta+Weidmann Generalplaner AG, Zürich und
DU Studio (Tina Küng ARCH ETH & Steffen Hägele ARCH ETH), Zürich,
Forchstrasse 113, 8032 Zürich - Verantwortlich
Steffen Hägele (DU Studio) - Mitarbeit
Thierry Vuattoux - Bauingenieurwesen
Hannes Hofmann Architekt und Ingenieur, Zürich
Dem Projekt PARZELLE SW 6036 liegen sehr wertvolle übergeordnete Überlegungen zur zukünftigen räumlichen Entwicklung der Gartenstadt Schwamendingen zugrunde. Vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Verdichtung und zwei beträchtlichen Investitionen der öffentlichen Hand, der Einhausung der Autobahn und dem Ersatzneubau der Schulanlage Saatlen, stellen die Verfassenden den vorgegebenen Ort dieses Wettbewerbsverfahrens infrage. Sie weisen mit Berechtigung darauf hin, dass die Einhausung der Autobahn zwar die Lärmbelastung aufhebt, dafür als räumliche Zäsur das Quartier wie ein Bollwerk zweiteilt und so ein neues Problem schafft. Den Vorschlag, das vorliegende Programm der Schulen kombiniert mit einer Wohnnutzung als Kompensation der zu ersetzenden alten Wohnbauten sowie weiteren öffentlichen Nutzungen wie Kinos und Musiksälen als grossmassstäbliche Struktur aktivierend auf eine Parzelle der Stadt Zürich an die Einhausung zu rücken, kann die Jury sehr gut nachvollziehen. Sie erkennt darin einen wertvollen Beitrag, den Druck der Verdichtung auf diesen Stadtteil jeweils nicht im Einzelnen, sondern in einer gesamtheitlichen Betrachtung zu lösen. Der vorgeschlagene Ansatz zeigt beispielhaft auf, wie ein städtebaulicher Umgang mit der problematischen Zäsur der Einhausung gefunden werden kann. Gleichzeitig ermöglicht er, das heutige Schulareal als grossen Erholungsraum für die Quartierbevölkerung frei zu spielen und in einem akribischen Verfahren in einer Art Rückbau und Transformation des aktuellen Bestandes eine Vielzahl von spezifischen Orten mit hoher Aufenthaltsqualität auszubilden. Mit Ausnahme des Kindergartens könnten die Neubaufunktionen so ausgelagert werden. Der stattdessen auf der Parzelle entstehende grosszügige Freiraum würde sicher einen grossen Mehrwert für das ganze Quartier darstellen. Der Leerraum wird mit einem Baumdach besetzt. Die Standorte der ehemaligen Gebäudeabdrücke werden, wie Ruinen im neuen Park, als sogenannte Follies bespielt und erinnern an Elemente des emotionalen Landschaftsparks im 19. Jahrhundert. Durch das Weglassen von Baumpflanzungen werden diese Bereiche als Lichtungen inszeniert, so dass man sich den Freiraum insgesamt sehr stimmungsvoll vorstellen kann. Leider schmälert das dichte Baumraster auch die Wahrnehmung der räumlichen Weite und die Abwechslung zwischen Leere und Grünvolumen, wesentliche Elemente der Gartenstadt. Der Vorschlag, die Allwetterplätze auf der Einhausung zu integrieren, ist infolge des fortgeschrittenen Projektstands des Bauvorhabens nicht realistisch. Nötige Elemente wie Ballfangnetze würden ausserdem das Volumen der Einhausung, das die Projektverfassenden ja eigentlich kritisieren, zusätzlich erhöhen. So überzeugend der städtebauliche Ansatz des Projekts auch ist, stellen sich in Bezug auf die betriebliche Tauglichkeit der vorgeschlagenen Schule für kleine Kinder insbesondere in den Unterrichtsbereichen auch Fragen. Die ein- bis zweibündige Organisation der Klassengeschosse weist äusserst straffe und knapp gehaltene Erschliessungsräume auf, die den hohen Anforderungen an Begegnungs- und Aufenthaltsbereiche nicht zu entsprechen vermögen. Auch wird eine angestrebte Cluster-Bildung von jeweils drei bis vier Klassen im vorgeschlagenen Typus nicht möglich sein. Die Ausrichtung der Mehrheit der Unterrichtsräume auf die schmalen und teilweise eher knapp belichteten Räume zwischen den Gebäudetrakten führt grundsätzlich zu sehr beengten Verhältnissen und schmälert dadurch die Qualität der Klassenräume für kleine Kinder beträchtlich. Es ist zudem bezeichnend, dass unter anderem die geforderten Kindergärten im Projekt gar nicht ausgewiesen werden. Diese vorgebrachten betrieblichen Defizite erstaunen in Anbetracht der kohärenten und sorgfältig ausformulierten räumlich-strukturellen Durchbildung des Projektes.
PARZELLE SW6036 vermag den spezifischen Anforderungen einer Schule für Kinder dieser Altersstufe nicht wirklich gerecht zu werden. Der Beitrag zeugt jedoch als eine Art Manifest insbesondere auf städtebaulicher Ebene von einer intensiven und fundierten Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung, und es ist den Verfassern hoch anzurechnen, die Vorgaben des Wettbewerbsprogramms kritisch zu hinterfragen und einen vielversprechenden Weg für eine zukünftige Stadtentwicklung in diesem Gebiet von Zürich aufzuzeigen. Die vorgeschlagene Perspektive sollte deshalb in einem geeigneteren Rahmen eingehender geprüft und weiterverfolgt werden.