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Abstimmungen für Piazza Pop-up

Autoren
Robert Dorbritz
Christine Bai
Roberto Ranieli

Letzte Aktualisierung
14. Juli 2020

Symbolbild Parkierung

Ausgangslage

In den letzten Jahren entwickelte das Tiefbauamt neue Piazza Pop-up-Elemente, die die Qualität und Nutzung von Stadträumen durch temporäre Nutzungen steigern sollen. Um die damit erzielte Wirkung zu evaluieren, wurden Abstimmungsgeräte entwickelt, die die Zufriedenheit befragen. Mit ihnen sollen auf einfache Art und Weise Stimmungsbilder vor Ort ermittelt werden. Dieser Webartikel stellt die Abstimmungsgeräte für das das Projekt «Piazza Pop-up» vor und zeigt Resultate der Abstimmungen. Informationen zum Konzept finden Sie hier. Die Ergebnisse sind auf dem städtischen OpenData-Portal veröffentlicht.

Piazza Pop-up

Mit «Piazza Pop-up» schafft die Stadtverwaltung temporäre Nutzungsmöglichkeiten für sonst wenig oder nicht genutzte Flächen in den Quartieren. Städterinnen und Städter können sich so neue - bisher wenig oder gar nicht genutzte - Strassen- und Platzräume aneignen. Durch temporär installierte Möblierungs- und Vegetationselemente entstehen neue Alltagsorte und -erlebnisse - für die Mittagspause, den ersten Kuss, erste Krabbelversuche, ein Brettspiel, eine Plauderei mit Nachbarinnen und Nachbarn.

Das Projekt soll neue nutzbare öffentliche Flächen schaffen und Potenziale sowie Aufwertungsbedarf von Bestehendem erkennen und aufzeigen. Mit Piazza Pop-up werden hauptsächlich nutzungsentleerte Areale und Brachen, Baustelleninstallationsflächen und Restflächen temporär gestaltet. Kriterien zur Auswahl potentieller Standorte sind: (1) ungenutzte Orte oder Orte, die nur während bestimmten Zeiten genutzt werden, (2) Orte, die nicht mehr den aktuellen Bedürfnissen entsprechen und einer Reaktivierung bedürfen, (3) andauernde Veränderungsprozesse von Orten, (4) Orte mit langer Planungsdauer, ungewisser künftiger Nutzung oder etappierte Bauprojekte.

Das Projekt verfolgt folgende Ziele: Nutzbarkeit der Alltagsräume verbessern, Freude und Interesse an der Lebensumwelt fördern, zur Auseinandersetzung mit der Lebensumwelt anregen, Bezug zum Ort stärken, Aneignungen begünstigen und die subjektive Sicherheit erhöhen.

Anforderungen an die Erhebungen

Um die Zufriedenheit mit den neuen Piazza Pop-up Elementen bei der erstmaligen Durchführung im Jahre 2017 zu befragen, wurden verschiedene Varianten erarbeitet und bewertet, wie beispielsweise Rückmeldung via Mail, den Einsatz von Abstimmungsgeräten, Befragungen von Schlüsselpersonen vor Ort und teilnehmende Beobachtungen. Hauptziel der Erhebungen war es, die Zufriedenheit der Leute direkt vor Ort auf einfache Art und Weise zu erheben. Die Befragung sollte niederschwellig sein, weshalb die Kernfrage kurzgehalten sein musste. Die Resultate sollten effizient aufbereitet sowie automatisch und drahtlos in eine Datenbank übertragen werden, ohne dass manuelles Auslesen der Daten nötig ist. Rasch wurde klar, dass die Erhebungen künftig auch an weiteren Orten durchgeführt werden sollen und die gewählte Lösung somit auch wiederverwendbar sein muss. 

Das Tiefbauamt entschied sich, Abstimmungsgeräte zu entwickeln, wie sie teilweise auch vom Gewerbe zur Kundenbefragung (meist bezüglich der Servicequalität) eingesetzt werden. Diese werden mit wieder aufladbaren Batterien betrieben und senden aktuelle Resultate regelmässig, alle 10 Minuten, an eine Datenbank, in der sie zeitnah analysiert werden können. Bei der Entwicklung konnten Synergien genutzt werden, da bereits im Rahmen des ersten Hackathons «Make Zurich» (2017) Kontakte mit dem Verein «Internet of Things (IoT)» aufgebaut wurden. Das Tiefbauamt entwickelte gemeinsam mit dem Verein Aufbau und Funktionsweisen der Abstimmungsgeräte.

Entwicklung der Abstimmungsgeräte

Abbildung 1: Prototyp des ersten Abstimmungsgeräts
Abbildung 1: Prototyp des ersten Abstimmungsgeräts

Innerhalb einiger Wochen wurden Anforderungen und Spezifikationen definiert, getestet, angepasst und schliesslich ein Prototyp entwickelt (Abbildung 1). Dieser bestand aus vier einfachen Abstimmungsknöpfen, die als Antwortmöglichkeiten einer Frage dienen. Nach dessen erfolgreichen Test innerhalb des Tiefbauamts wurden drei, nur sehr leicht veränderte Abstimmungsgeräte entwickelt und zur Befragung eingesetzt: An den ersten drei mit Piazza Pop-up bespielten Orten (Anny-Klawa-Platz, Hallwylplatz und Meinrad-Lienert-Strasse) konnte die Bevölkerung während vier Wochen im Sommer 2017 über ihre Zufriedenheit mit den Piazza Pop-up Elementen abstimmen.

Abbildung 2: Zwei Abstimmungsgeräte am Einsatz am Dammsteg (2018)
Abbildung 2: Zwei Abstimmungsgeräte am Einsatz am Dammsteg (2018)

Seitdem wurden die Geräte für weitere Befragungen eingesetzt, nicht nur im Rahmen der Evaluation von Piazza Pop-up.

Funktionsweise der Abstimmungsgeräte

Die Tasten der Abstimmungsgeräte können beliebig oft kurz nacheinander gedrückt werden. Um mehrmaliges, schnelles Abstimmen zu erschweren, sind die Tasten aber nach jeder Betätigung während drei Sekunden blockiert. Die Tasten können zwar weiterhin gedrückt werden, aber innerhalb der drei Sekunden werden keine weiteren Betätigungen der Tasten gezählt. Die Geräte senden alle zehn Minuten ihren aktuellen Zählerstand je Abstimmungsalternative in eine städtische Datenbank. Diese Daten werden Stundenwerten aggregiert und dann analysiert. Bereits bei den ersten Auswertungen für Piazza Pop-up fiel auf, dass auch nachts auffallend oft Tasten gedrückt werden, die die Resultate beeinflussen. Daraufhin wurden die Daten nochmals bereinigt, um solche Manipulationen zusätzlich herauszufiltern. Die Datenübertragung klappte von Anfang an zuverlässig. Die internen Geräteakkus reichen für mehrere Wochen.

Resultate der Zufriedenheitsbefragung für Piazza Pop-up

Seit 2017 wurden die Abstimmungsgeräte insgesamt elf Mal für eine Befragung der Zufriedenheit mit Piazza Pop-up an verschiedenen Zürcher Plätzen eingesetzt (Abbildung 3). Am Dammsteg wurden zwei Befragungen durchgeführt: 2018 zu Piazza Pop-up allgemein sowie ein Jahr später spezifisch zu den neu entwickelten Sitzsäcken.

Abbildung 3: Einsatzorte der Abstimmungsgeräte für Evaluation Piazza Pop-up und Gesamtzufriedenheit je Befragung

An allen Standorten wurde dieselbe Frage zur Zufriedenheit mit identischen Abstimmungsmöglichkeiten gestellt. Die Abstimmungsgeräte zählten bisher 4648 Stimmen. Je Einsatzstandort stimmten bis zu 34 Personen pro Tag an den Geräten ab. Die höchste Gesamtzufriedenheit wurde an den Standorten Dammsteg und Zehntenhausplatz gemessen (Abbildung 3). Insgesamt beträgt die Zustimmung zum Projekt «Piazza Pop-up» über alle Standorte hinweg 64 Prozent.

Gesamtzufriedenheit und detaillierte Resultate

Die detaillierten Resultate der bisherigen Zufriedenheitsbefragungen zeigt Abbildung 4. Für alle Einsatzorte sind die Verteilungen der Abstimmungen ersichtlich. Die in Abbildung 3 dargestellte Gesamtzufriedenheit ermittelt sich aus den Verteilungen: Die Kategorie «sehr zufrieden» wird mit «voller Zufriedenheit» gleichgesetzt, die Kategorie «zufrieden» wird als «zwei Drittel Zustimmung» verstanden etc. Damit können für jeden Ort die Zufriedenheiten in einem Zahlenwert ausgedrückt werden.

Abbildung 4: Verteilung der Antworten für alle bisherigen Einsätze

Weitere Resultate der Abstimmungen

Neben der Verteilung der Antworten auf die verschiedenen Abstimmungsalternativen können weitere Informationen abgeleitet und für Planungen genutzt werden: Aus der Verteilung der Abstimmungen im Tages- und Wochenverlauf lassen sich Informationen zum Nutzungszeitpunkt der Plätze ableiten. Am Beispiel des Anny-Klawa-Platzes, dem Befragungsort mit der höchsten Beteiligung zeigt Abbildung 5, wie sich die Abstimmungen zeitlich im Tagesverlauf verteilen.

Abbildung 5: Zeitliche Verteilung der Abstimmungen im Tagesverlauf (Anny-Klawa-Platz, 2017)

An Werktagen, aber auch an Wochenenden wurde am Anny-Klawa-Platz vor allem an Nachmittagen zwischen 17 und 18 Uhr oft abgestimmt. Auch in den Nächten vom Samstag auf den Sonntag wurden die Abstimmungsgeräte häufig genutzt. Der Verlauf der Abstimmungen ähnelt jenem der Fussfrequenzen stark (vgl. Verweis auf Webartikel zu Zählgeräten Fussverkehr).

Bei den Analysen überraschte vor allem, dass sich die Zufriedenheit bereits nach wenigen Tagen auf den Schlusswert einpegelt und sich dann kaum noch verändert. Am Anny-Klawa-Platz stand das Endergebnis nach rund fünf Tagen fest (Abbildung 5). Auch an den übrigen Orten veränderte sich die Gesamtzufriedenheit nach wenigen Tagen kaum noch.

An einigen Orten wurde parallel zur Zufriedenheit mit einem zweiten Abstimmungsgerät gefragt, welche Elemente den Befragten am meisten gefallen («Welches Element würden Sie sich hier dauerhaft wünschen?»). Diese Frage wurde an den Orten Berninaplatz, Dammsteg, Wildbachstrasse und Zehntenhausplatz gestellt, mit ähnlicher Beteiligung wie an der parallelen Zufriedenheitsbefragung und folgenden Resultaten:

Welches Element würden Sie sich hier dauerhaft wünschen?

StandortZeitraumGrünTischBänkeNichts
Berninaplatz19.8.-5.9.201941 %22 %22 %15 %
Dammsteg20.8.-10.9.201846 %27 %20 %7 %
Wildbachstrasse2.4.-3.5.201946 %-27 %27 %
Zehntenhausplatz11.9.-5.11.201833 %26 %26 %15 %

Tabelle 1: Abstimmungen zu den verschiedenen Elementen

An drei Standorten wurden vier Alternativen, an einem Standort drei Alternativen befragt. In allen Befragungen waren die Pflanztröge am beliebtesten. Erfreulich waren die geringen Anteile der Nennungen, die keines der Elemente von Piazza Pop-up am Standort behalten wollten. 

Fazit

Sowohl Piazza Pop-up als auch die dafür entwickelten Abstimmungsgeräte haben sich bewährt. Piazza Pop-up schafft neue zusätzliche nachbarschaftliche Freiräume für bisher ungenutzte oder nicht zugängliche Orte (z. B. Brache Dammsteg, Sihlquai). Insgesamt wird die Möblierung sehr gut angenommen und demensprechend auch positiv beurteilt.  Auch wurden neue Erfahrungen und Kenntnisse zu Nutzungsansprüchen und Raumgestaltung gewonnen und können so in laufende Planungen und Gestaltungen fliessen. 

Die Geräte wurden gut angenommen und von der Bevölkerung auch als innovativ wahrgenommen und dementsprechend rege genutzt. Sie erfüllten alle Erwartungen an die Zuverlässigkeit. Mit Piazza Pop-up ist die Bevölkerung mehrheitlich zufrieden. 

Zwischenzeitlich setzt das Tiefbauamt die Abstimmungsgeräte auch für andere Befragungen und Abstimmungen ein: Zuletzt wurde auf einem Poster vor Ort das Projekt «Sanierung Plätzchen Morgental» vorgestellt. Das unmittelbar unter dem Informationsplakat angebrachte Abstimmungsgerät befragte die Zustimmung der Bevölkerung mit der Projektidee. Auch hier wurden viele Stimmen gesammelt und eine sehr hohe Zufriedenheit mit dem Projekt ermittelt. 

Die Abstimmungsgeräte waren oft in Betrieb, weshalb drei weitere gebaut wurden. Somit stehen nun insgesamt sechs Geräte zur Verfügung. 

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