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Umplatzierung «Die Schreitende»

Kunstwerk

Die Schreitende. Foto Martin Stollenwerk Zürich
Foto: Martin Stollenwerk Zürich

Knapp 2.5 Meter Höhe misst der weibliche Akt «Die Schreitende». Die Bronzefigur ist in Bewegung erfasst, den linken Arm hält sie erhoben – als ob sie sich die Augen vor blendender Sonne schützt – und blickt in die Ferne. Über ihrem rechten Arm liegt ein Tuch, das dem Körper entlang bis zu den Füssen hinabfällt.

1942 schrieb die Stadt Zürich einen Wettbewerb für Freiplastiken auf dem alten Tonhalleplatz aus. Als Siegerprojekt ging die Einzelfigur «Schreitende Frau» des Zürcher Künstlers Otto Charles Bänninger (1897–1973) hervor. Für «Die Schreitende», die daraufhin zwischen 1944 und 1946 geschaffen wurde, stand Giuditta Tommasi dem Künstler Modell. Sie war für die damalige Zeit eine schillernde Figur, da sie in den 1950er-Jahren eine der ersten offen homosexuell lebenden Frauen Zürichs war. 1946 wurde das Kunstwerk in der östlichen Ecke des alten Tonhalleplatzes platziert. Eigens dafür wurde die bestehende niedrige Abschlussmauer unterbrochen und durch eine Treppe ersetzt. Der Sockel der Figur wurde in diese eingegliedert.

Aufgrund der Neugestaltung des Sechseläutenplatzes und dem Bau des Parkhauses wurde «Die Schreitende» 2009 im Lager eingestellt und 2014 auf dem Treppenabsatz des Opernhauses neu aufgestellt.

Im Zuge eines Bevölkerungsanliegens im Jahre 2019, in dem die Umplatzierung des Werks «Die Schreitende» an ihren ursprünglichen Standort und die Entfernung der massiven Stahlplatte angeregt wurde, hatte die Arbeitsgruppe KiöR (AG KiöR) die Platzierung geprüft. Dem Gesuch, die Figur von der Freitreppe des Opernhauses an ihren vorherigen Standort am Rand des Sechseläutenplatzes zurückzuversetzen, konnte nicht entsprochen werden, da dieser Ort eine hohe Belegung an Mobiliar eines Gastrobetriebes aufweist und dort Bäume gepflanzt sind. Trotzdem wurde eine Veränderung der aktuellen Situation für sinnvoll erachtet und eine Optimierung der Aufstellung des Kunstwerks in die Wege geleitet. Nach einer Begehung vor Ort wurde bestimmt, «Die Schreitende» gegen das Opernhaus hin zu verschieben, den Sockel zu erneuern, die Stahlplatte zu entfernen und die Plastik leicht in Richtung des Sees abzudrehen.

Künstler

Otto Charles Bänninger durchlief eine Bildhauerlehre in Zürich. Von 1920 bis 1921 besuchte er die Académie de la Grande Chaumière in Paris und bildete sich im Atelier des Bildhauers Emile-Antoine Bourdelle (1861–1929) weiter. Nach Studien in Italien und alljährlichen Aufenthalten in Paris liess er sich 1939 endgültig in Zürich nieder. Seine Frau war die französische Bildhauerin Germaine Richier (1902–1959).

Bänninger konzentrierte sich auf klassische Themen und blieb dem Figurativen treu. Wie ein weiterer damals bekannter Schweizer Bildhauer Karl Geiser (1898–1957) setzte er die von den Künstlern Hermann Haller (1880–1950) und Hermann Hubacher (1885–1976) erneuerte Tradition eines klassischen Menschenbildes fort.

Innerhalb seines Œuvres bilden Bildnisse und Denkmäler wichtige Werkgruppen. Beim Porträtieren bewies Bänninger besonderes Einfühlungsvermögen. Zudem verfügte er über die Fähigkeit, sich auf architektonische und städtebauliche Gegebenheiten einzulassen. Dies widerspiegelt sich in zahlreichen Aufträgen für Denkmal- und Kunst am Bau-Projekten. Sowie an der früheren Platzierung der Bronze «Die Schreitende» auf dem Sechseläutenplatz, die sich heute leider nicht mehr wiederherstellen lässt. 

Umplatzierung

Im Oktober 2022 wurde das Kunstwerk demontiert und zur Kunstgiesserei St. Gallen transportiert. Der Zustand der Bronzefigur wurde untersucht und daraus Massnahmen für das weitere Vorgehen abgeleitet. Nebst einer Reinigung wurden einige stark sichtbare Schweissnähte beispielsweise an Hals und Nacken retuschiert. Dafür hat die Restauratorin die Oberfläche an einigen Stellen geschweisst und anschliessend die Patina angepasst. Für die Bestimmung der Sockelmasse waren aufwändige Berechnungen des Statikers nötig. Zudem wurde die Befestigung verbessert, um «Die Schreitende» im Frühjahr 2023 auf dem neuen niedrigeren Sockel wieder auf der Opernhaustreppe zu montieren. 

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