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Jucken im Kopf

Es ist mitten in der Nacht. Ich sitze mit meinen Arbeitskollegen beim Kaffee und spüre, wie es mich am ganzen Körper juckt. Als ich meinen Einsatzpartner anschaue, bemerke ich, dass auch er sich überall kratzt. «Juckt es dich auch?», frage ich ihn. Die Antwort kommt prompt: «Wir müssen duschen!» Dabei begann die ganze Geschichte mit einem scheinbar harmlosen Einsatz.

Jucken im Kopf
Illustration: Daniel Müller

Text: Ramona Haupt

Um 23 Uhr wurden wir in ein Zürcher Nobelhotel gerufen, wo eine Touristin unsere Hilfe brauchte. Vor Ort angekommen, lief uns die Frau mit ihrem zwölfjährigen Sohn bereits entgegen. Die Herausforderung bei diesem Einsatz lag in der Verständigung, denn wir waren nicht derselben Sprachen mächtig. Wir fanden jedoch heraus, dass die Patientin seit ein paar Tagen an einem Juckreiz litt, ausgelöst durch einen rötlichen Hautausschlag und kleine Pusteln. Mit diesen Symptomen wendet man sich in der Regel an einen Hausarzt — was um diese Uhrzeit natürlich nicht möglich war. Da die aufgelöste Patientin den Juckreiz nicht mehr aushielt, transportierten wir sie zusammen mit ihrem Sohn in das nächstgelegene Spital.

Der Einsatz schien für uns mit der Übergabe ans Spitalpersonal abgeschlossen. Wir fuhren zurück auf die Wache und genossen einen starken Kaffee. Nur kurze Zeit später erhielten wir einen Telefonanruf aus dem Spital mit der Information, dass bei der Patientin Krätze diagnostiziert worden war. Krätze!? Wir begannen sofort zu googeln und verstanden augenblicklich, warum uns das Spital kontaktiert hatte: Krätze ist bei näherem Kontakt übertragbar. Es handelt sich dabei um Milben, die ihre Eier in kleinen Gängen unter der Haut ablegen. Ein paar Tage später schlüpfen die Larven, werden zu Milben und vermehren sich weiter. Die dadurch ausgelöste Immunreaktion führt zu Juckreiz, Pusteln und Blasen. Krätze ist zwar lästig, aber üblicherweise harmlos und stellt für die allgemeine Gesundheit keine Gefahr dar.

Obwohl uns bewusst war, dass wir der Patientin nicht zu nahe gekommen waren und uns mit Handschuhen und Desinfektionsmittel geschützt hatten, spielte uns unser Verstand einen «Juckstreich». Das Spannende und zugleich Witzige an diesem Einsatz war, dass wir an uns selbst erfuhren, wie die Psyche oder der Verstand körperliche Symptome verursachen können. Erst nach der wohltuenden Dusche und einem Kleiderwechsel verging der Juckreiz.

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