In misslicher Lage
Es war Samstagmorgen, acht Uhr. Wir starteten gerade mit der wöchentlichen Fahrzeugreinigung und -kontrolle in der Wache Süd, als wir zu einem Rettungseinsatz in Langnau am Albis gerufen wurden. Das Einsatzstichwort lautete «eingeklemmte Person Personenwagen».
Text: Toby Merkli
Auf dem Einsatzschein hiess es, der Lenker sei von seinem eigenen Fahrzeug eingeklemmt worden. Langnau verfügt zwar über eine schlagkräftige Milizfeuerwehr, doch aufgrund der Meldung bot die Einsatzleitzentrale von SRZ zur Unterstützung automatisch die Berufsfeuerwehr als Stützpunktfeuerwehr auf — was sich später im Einsatz bewährte.
Da ich früher in diesem Gebiet als Forstwart tätig war, kenne ich die Örtlichkeit bestens. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie man dort, mitten im Wald, einen Verkehrsunfall verursachen kann. Was wir vor Ort sahen, sprengte tatsächlich jedes Vorstellungsvermögen. Der Lenker eines Lieferwagens hatte Festmaterial zu einer Waldhütte transportiert, die etwas erhöht gelegen ist. Um zur Hütte zu gelangen, hatte er statt der vorgesehenen, leicht ansteigenden Zufahrt eine sehr steile und schmale Forststrasse benutzt. Vermutlich war das schwer beladene Fahrzeug mangels Bodenhaftung ins Rutschen geraten, von der Strasse abgekommen und seitlich in ein Bachtobel geglitten. Der Fahrer hatte noch versucht auszusteigen, denn das Fahrzeug war in Schräglage hängen geblieben, und die offene Fahrertür stützte das gesamte Gewicht auf einem Baumstrunk ab. Wir fanden den Lenker liegend zwischen Tür und Fahrzeug, den Arm unter dem Vorderrad eingeklemmt. All dies war am Vorabend geschehen. Erst gut zehn Stunden später war ein Biker auf das Fahrzeug und den Patienten in seiner misslichen Lage aufmerksam geworden und hatte umgehend die Rettungskräfte alarmiert.
Unser erstes Ziel galt der Sicherung des Fahrzeugs. Um ein weiteres Abrutschen oder Kippen zu verhindern, sicherten es die Kameraden der Feuerwehr Langnau am Albis mit drei Seilzügen. Zeitgleich bereiteten wir die komplizierte Bergung vor, und die Rettungssanitäterinnen begannen mit der Betreuung und Erstversorgung des Patienten. Wir hatten gehofft, den Bus mit der Hilfe von Seilzügen weit genug aufrichten zu können, um den Mann zu befreien. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Tür durch die Bewegung des Fahrzeugs auf den Patienten drückte. Daher entschieden wir uns, sie mit einer mobilen Hydraulikschere zu entfernen. Dies schaffte viel Platz, war aber heikel, denn ohne die schützende Tür und ohne unsere Sicherung hätte sich der Wagen überschlagen. Nach dem Entfernen der Tür hoben wir den Wagen mit einem pneumatischen Hebekissen an und gruben den Arm des Patienten mit unseren Händen frei. In der Zwischenzeit baute die Feuerwehr Langnau am Albis mit einer Steckleiter eine improvisierte Brücke über den Bach, um den Patienten, der unterdessen auf dem Spineboard in einer Schleifkorbtrage lag, sicher zurück auf die Waldstrasse zu bringen. Von da ging es mit dem Rettungswagen zu einer nahe gelegenen Lichtung, wo ein Helikopter der Rega auf ihn wartete und ihn schnell ins Spital flog.
Der Lenker kam relativ glimpflich davon: Er war unterkühlt und erlitt mehrere kleinere Prellungen, Quetschungen und Frakturen. Dank der sehr guten Zusammenarbeit konnten wir den Verunfallten so, nachdem er endlich entdeckt worden war, ohne weitere Verzögerung aus seiner misslichen Lage befreien.