Hartnäckiges Nasenbluten mit gutem Ende
Am Vormittag eines frühlingshaften Tages hat uns eine Disponentin der Einsatzleitzentrale zu einer betagten Patientin mit Nasenbluten aufgeboten. Vor Ort trafen wir auf eine aufgelöste 88-jährige Dame. Sie erzählte uns, dass sie seit ungefähr zwei Stunden Nasenbluten habe, das einfach nicht aufhöre.
von Ramona Haupt
Wir halfen der Patientin in den Rettungswagen und inspizierten die Blutung genauer. Aus dem linken Nasenloch rann das Blut kräftig hinunter. Als erste Massnahme drückte mein Arbeitskollege die Nase fest zu und versuchte so, die Blutung zu stillen. Gleichzeitig sprach ich mit der Patientin, um sie zu beruhigen. Schnell wurde mir klar: Das eigentliche Problem war nicht das Nasenbluten, sondern die Beerdigung ihres Bruders – beziehungsweise die Angst, diese zu verpassen. Es war herzzerreissend, eine so aufgelöste Patientin zu betreuen, die den Tränen nahe war. Durch die ganze Aufregung war ihr Blutdruck stark erhöht, und wir vermuteten, dass dies der Grund für das Nasenbluten sein könnte.
Die Ablenkung durch das Gespräch tat ihr sichtlich gut. Der Blutdruck normalisierte sich, und nach kurzer Zeit stoppte auch die Blutung. Eine Hospitalisation war deshalb nicht mehr nötig. Doch die Gefahr, dass der Blutdruck der aufgewühlten Patientin durch den Stress wieder steigen und eine erneute Blutung auslösen könnte, war noch nicht gebannt.
Die Beerdigung stand unterdessen kurz bevor, und die Patientin hätte es mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kaum geschafft, rechtzeitig vor Ort zu sein. Also entschieden wir uns, sie selber zur Kirche zu fahren. Zum einen lag die Kirche auf unserem Rückweg zur Wache. Zum anderen konnte ich so das Einsatzprotokoll unterwegs fertigschreiben, und wir verloren keine wertvolle Zeit. Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Ich konnte mich so vergewissern, dass die Blutung nicht zurückkehrte. Als wir ihr sagten, dass wir sie in die Kirche fahren, schossen ihr Freudetränen in die Augen. Diesen Moment werde ich so schnell nicht mehr vergessen! Auch bei der Verabschiedung in der Kirche – nachdem wir sie sicher zu ihrem Sitzplatz geführt hatten – spürten wir ihre unendliche Dankbarkeit an ihrem festen Händedruck.
Dem nicht genug. Am nächsten Tag warteten ein riesiger Blumenstrauss und eine Karte auf uns. Wir erfuhren, dass sich die betagte Dame noch am selben Tag auf den weiten Weg zur Wache gemacht hatte, um uns ihre Dankbarkeit zu zeigen. Diese wunderbare Geste rührte nun mich fast zu Tränen.