Im Jahr 1826 erwarb der Architekt Hans Conrad Stadler den vormaligen mittelalterlichen Baukomplex des Kronentors. Entsprechend den Auflagen liess er das Haus und die Befestigungsbauten schleifen und errichtete an deren Stelle 1827/28 ein repräsentatives dreigeschossiges Wohnhaus in konsequentem Klassizismus. Der präzise geschnittene Kubus mit Walmdach und den vier symmetrisch durchgebildeten Fassaden suchte mit seinem rationalistischen Auftritt den Kontrast zur typischen Bebauung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Altstadt.
Ende des 19. Jahrhunderts musste auf Anordnung der Stadt der Hauseingang zum Seilergraben hin ausgerichtet und deshalb versetzt werden. Ursprünglich lag dieser auf der Seite gegen den Neumarkt und war mit den drei Bogenportalen, dem Balkon und der Freitreppe auf die Promenade des Hirschengrabens ausgerichtet. Seit 1945 befindet sich das Gebäude im Eigentum des Kantons Zürich. Die letzte Aussenrenovation wurde 1974 durchgeführt.
Mit dem 2021 abgeschlossenen Umbau gelang es anhand von Archivrecherchen, die ursprüngliche Fassadengestaltung mit der Putzbossierung im Erdgeschoss und den Rundgauben im Dach wiederherzustellen. Das Haus erscheint dadurch wieder besser im städtischen Kontext verankert und stärkt am oberen Ende des Neumarkts diesen wichtigen Zugang zur Altstadt.
Die Räumlichkeiten wurden von neueren unsensiblen Einbauten befreit und das Prinzip der zentralen Hallenräume wieder gestärkt. In diesem Zusammenhang konnte im 2. Obergeschoss ein gut erhaltener, bauzeitlicher Sandstein-Plattenbelag freigelegt werden. Auch in den Zimmern konnten einzelne originale Dielenböden hervorgeholt und instandgesetzt werden. Noch vorhandene, wertige Parkettbeläge wurden schonend ausgebessert und geölt.
Die Nutzung von ehemaligen Wohnhäusern zu Bürozwecken birgt Konflikte zwischen technischen Ansprüchen und Denkmalerhalt. Das Risiko, die Bausubstanz mit dem Einbau neuer Gebäudetechnik zu überfordern, ist gross und erfordert ein sorgfältiges Abwägen. Um die klimatischen und hygienischen Anforderungen an dieser exponierten Lage zu gewährleisten, wurden im Zusammenhang mit den energetisch optimierten Fenstern kombinierte Heiz-/Kühlgeräte am Standort der ehemaligen Radiatoren angebracht, damit wird die Gebäudemasse aktiviert und temperiert die Räume in den heissen Sommermonaten.
Auf eine zu Beginn der Planung geforderte Lüftung konnte glücklicherweise verzichtet werden. Die Geräte wurden mit neuen, traditionell gefertigten Holzverkleidungen versehen, welche die Fensterelemente auf selbstverständliche Weise ergänzen. Komplettiert werden die baulichen Eingriffe mit einem zurückhaltenden Farb-, Material- und Lichtkonzept, welches den herrschaftlichen und eleganten Charakter der Räume unterstützt.
- Adresse: Seilergraben 1
- Kreis / Quartier: 1 / Altstadt
- Inventar: kommunal
- Baujahr: 1827/28
- Architektur: Hans Conrad Stadler
- Bauherrschaft: Obergericht Kanton Zürich
- Architektur: Landolf Architekten GmbH, Zürich
- Ausführung: 2020–2021