Heinrich Martens, «Die Ruhende»
Wie eine Sandsteinskulptur zur Bronze wird
Die schadhafte Sandsteinskulptur «Die Ruhende» des Bildhauers Heinrich Martens (1896-1986), die im Grünzug Schörli-Saatlen steht, wird ersetzt. Die Nachkommen des Künstlers schenken der Stadt Zürich eine fast identische Skulptur aus Bronze.
Aus der Nachbarschaft im Grünzug Schörli-Saatlen in Zürich-Schwamendingen ging 2013 bei der Stadt Zürich die Meldung ein, dass der Sandsteinskulptur «die Ruhende» seit Längerem der Kopf fehle. Ob Zufall oder präzise Aktion von Dritten, genau zu diesem Zeitpunkt tauchte in der Grünanlage ein modellierter Kopf auf, der auf den ersten Blick zur Skulptur hätte passen können. Die anschliessende Gegenüberstellung machte aber schnell deutlich, dass es sich dabei nicht um den Originalkopf handelte.
Überprüfungen durch Fachleute ergaben, dass die gut 60jährige Sandsteinskulptur allgemein in einem sehr schlechten Zustand war, Rettung gab es keine mehr. Zusammen mit der Gartendenkmalpflege wurde entschieden, die Frauenfigur aus der geschützten Parkanlage zu entfernen. Über diesen Entscheid mussten die Nachkommen des Bildhauers Heinrich Martens, der die Arbeit 1953 erschuf, informiert werden.
Henri Martens, der heute 80jährige Sohn von Heinrich Martens, zeigte sich äusserst engagiert und bot der Stadt Zürich kurzerhand an, eine fast identische Skulptur aus Bronze als Ersatz für den Grünzug Saatlen zu schenken. Die neue «Ruhende» – das Abbild der Tochter Heinrich Martens' in jungen Jahren – wird im April 2016 aufgestellt und der Stadt übergeben.
Der Künstler
Der Bildhauer Heinrich Martens wurde als Sohn eines schwedischen Töpfers und einer Schweizerin aus dem Aargau am 1. Juni 1896 in Zürich geboren. Nach seiner Lehre (1911-14) als Holz- und Steinbildhauer beim Bildhauer Gustav Volkart in Zürich reiste er nach München und Berlin, wo er bei bekannten Künstlern arbeitete und sich weiterschulte (u.a. bei Prof. August Kraus). Als in Deutschland die Inflation ausbrach, wurde er gezwungen, in seine Heimatstadt Zürich zurückzukehren. Hier verdiente er sein Geld als Holzbildhauer. Mitte der 1920er Jahre reiste er nach Strassburg und Colmar, wo er kunstgewerbliche Möbel schnitzte und Kirchenplastiken formte. 1932, nach Ausbruch der Wirtschaftskrise, wurde Martens gezwungen, wieder in die Schweiz zurückzukehren. Um seine Frau und drei Kinder ernähren zu können, arbeitete er dann als «Gartenplastiker» für die Stadt Zürich. 1939, nach einer erfolgreichen Ausstellung, eröffnete er sein eigenes Atelier an der Trichtenhausenstrasse 47 in Zürich-Witikon. In den Kriegsjahren besserte sich seine Lage und er erhielt einige Aufträge; der Haldenegg-Brunnen verhalf ihm schliesslich zu Bekanntheit. Heinrich Martens starb 1986 im Alter von 90 Jahren. (Text: Stefanie Wenzler, Kunsthistorikerin)
Das Werk
Heinrich Martens blieb zeitlebens seinem klassischen Stil treu, er interessierte sich nicht für moderne Strömungen. Abstraktion verstand er als ein kurzlebiges Phänomen der Verirrung und des Irrtums, das bald überwunden sein würde (vgl. im Gegensatz z. B. Alberto Giacomettis gleichzeitige Suche nach neuen Ausdrucksformen in der Skulptur). «Ich will eine Kunst schaffen, die das Menschliche betont und den Menschen erfreut. In meinen Formen soll das Humane verständlichen Ausdruck finden. Sie sollen den Betrachter ansprechen, nicht abschrecken durch hässliche Zutaten, abgeplattete Schädeldecken und ähnliche, klägliche und abstossende Deformationen.» (Heinrich Martens in der Zeitung «Volksrecht», 1956)