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Bügelgarderoben und Kastensystem

Hörversion: Bügelgarderoben und Kastensystem

Warmwasserduschen und Seifkabinen

Bügelgarderoben
Die neuen Bügelgarderoben auf der rechten Seite und die Auskleidebuchten links. Datum der Aufnahme unbekannt, wahrscheinlich nach 1954.

Eigentlich hatte es im Strandbad Mythenquai immer zu wenig Platz für die vielen Gäste, auch bei den Garderoben. Laufend wurde um- und ausgebaut.

«Dabei erwiesen sich die vorhandenen Ankleide- und Kleideraufbewahrungsräume als vollständig ungenügend, so dass Studien zur Vergrösserung der Leistungsfähigkeit des Bades eingeleitet werden mussten», hielt der Stadtrat bereits im Eröffnungsjahr des Strandbads fest. Der Ausbau wurde 1924 ausgeführt und ging schnell. Der grösste Teil der Garderoben bekam Schutzdächer. Versuchsweise wurde eine «Bügelgarderobe» eingerichtet: Gegen Entschädigung wurden besonders konstruierte Kleiderbügel an die Badegäste abgegeben, von diesen mit den Kleidern behängt und zur Aufbewahrung dem Wärterpersonal übergeben. Gegen Rückgabe der erhaltenen Kontrollmarke wurden die Kleider wieder ausgehändigt. Das war eine günstige Art und Weise, um Kleider sicher aufzubewahren – denn das Belegen der Sand- und Rasenplätze mit Kleidungsstücken war verboten, und Diebstähle gab es auch damals schon. Total standen 1075 Bügel zur Verfügung. Doch damit nicht genug: 1923 wurde eine Telefonkabine eingebaut, 1930 wurde ein Anbau für die Polizeiwache erstellt und im selben Jahr kamen 114 Kabinen dazu. 1936 wurden in der Frauenabteilung zwei Seifkabinen eingerichtet; die Kabinen in der Männerabteilung wurden abgeändert und mit einer gasbetriebenen Warmwasser-Brause versehen, die offenbar grossen Anklang fand. Gegen Einwurf eines 10-Rappen-Stückes wurden 16 Liter bis zu 35 Grad warmes Wasser geliefert.

Für die Landesausstellung 1939 mussten einige Kabinen demontiert werden, nach dem Krieg wurden kleinere Unterhaltsarbeiten erledigt. Am Donnerstag, 12. April 1951, brannte die Männergarderobe ab – eine halbe Stunde nach Brandausbruch standen vom Holzgebäude nur noch brennende Überreste. Brandursache war eine Lötlampe zum Entfernen alter Farbe. Mit provisorischen Garderoben unter Zeltblachen wurde das Bad in diesem Jahr dennoch am 18. Mai eröffnet. Im Sommer 1952 wurden neue Garderobenhallen in Betrieb genommen und eine Sonnenterrasse nur für Frauen eingerichtet.

Vergessene Spiegel und Kastenautomaten

Eingang
Ganz zu Beginn war der Eingang zum Strandbad in der Mitte, 1974 wurde der Eingangsbereich an den jetzigen Standort verschoben. Datum der Aufnahme unbekannt.

Auskleidebuchten, Kastensystem, Mietschlösser – das Strandbad Mythenquai rüstet auf. Und endlich: freie Sicht auf den Zürichsee.

Mit dem Umbau 1954 erhielt das Strandbad ein neues Gesicht. Da gab es Dienstgebäude mit einer Wäscherei samt Lingerie, einen überdachten Ausgabeschalter für Badewäsche, Personal- und Garderobenräume für etwa acht männliche und elf weibliche Angestellte, einen Sanitätsraum und die Vierzimmerwohnung des Lingeriepächters. Die Garderoben hatten ein Fassungsvermögen von 1890 Kleiderbügeln; es gab 68 Wechselkabinen, 152 Auskleideplätze, 42 Meter Bänke in den offenen Auskleidebuchten. Nur die Spiegel in den Damengarderoben gingen vergessen, wie ein Leserbrief in der NZZ süffisant festhält: «Die Strandbadleitung aber hat bei der Innenausstattung des Raumes anscheinend vergessen, dass Damen zum Ankleiden vor allem Spiegel benötigen.»

Der nächste grosse Ausbauschritt stand in den Siebzigerjahren an: Erste Erneuerungsarbeiten waren gemacht, als der im Strandbad wohnende Badmeister in der Nacht auf den 10. Juli 1974 durch detonierende Eternitplatten aufgeschreckt wurde. Das Restaurant stand in Flammen und brannte, wie auch Teile der Kabinen, bis auf die Grundmauern ab. Nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde das neue Kastensystem, das die alte Bügelgarderobe ersetzte. Dank des Kastensystems entfielen die Wartezeiten bei der Rücknahme der Kleider, allerdings – und dies gilt bis heute – musste man ein Vorhängeschloss mitbringen, um den Kasten abzuschliessen. In anderen städtischen Bädern gab es diese Kasten bereits und man konnte Schlösser mieten. Zudem wurden alte Gebäude abgerissen, am Eingang Kassenautomaten installiert und neu Mietfächer für Liegestühle angeboten, die es heute noch gibt. Vor allem aber wurde die Rasenfläche freigeräumt und der Blick zum See geöffnet.

Die kleinen Wasserratten erhielten 2004 ein modernisiertes Planschbecken: zwei ellipsenförmige Becken mit unterschiedlichen Tiefen, ergänzt durch Wasserspiele, Kanäle und Fontänen – für die Wasseraufbereitung wurde ein Technikgebäude gebaut. Das war so attraktiv, dass das Mythenquai im Jahr 2005 erstmals seit 50 Jahren mehr Eintritte verzeichnete als das Strandbad Tiefenbrunnen.

Bildnachweis

Beide Fotos: Baugeschichtliches Archiv. Fotograf: Friedrich Engesser
Online Bildarchiv

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