Mit Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl
Vor fünf Jahren wurde die Abteilung Verlegungsdienst (VD) gegründet. Wir haben dies zum Anlass genommen, die Verlegung zweier Patient*innen zu begleiten und den Transportsanitäter*innen ein paar Fragen zu stellen.
Der Spätdienst beginnt um 13.30 Uhr am Interimsstandort Fluntern, und der erste Einsatz lässt nicht lange auf sich warten: Im Stadtspital Triemli sollen Alexandra Weber und Sascha Salm eine Patientin abholen und in die Psychiatrische Universitätsklinik Zürich (PUK) begleiten. Da bei der Patientin eine Selbstgefährdung besteht, wird sie fürsorgerisch untergebracht. Alexandra und Sascha treffen die Englischsprechende Frau ruhig und kooperativ an. Bei der Übergabe erfahren die beiden von der zuständigen Ärztin, dass bei der Patientin eine psychiatrische Vorgeschichte besteht und sie an Wahnvorstellungen leidet. Mit etwas gutem Zureden lässt sich die Patientin durch Sascha in die Einsatzambulanz begleiten. Die Sprachbarriere spielt keine Rolle, zumal Sascha Englisch spricht und «die Patientin zwar ohne Pause redete, mich aber nicht als Gesprächspartner, der antwortet, wahrnahm», wie Sascha später erklärt: «Für mich war es in dieser Situation wichtig, Verständnis für ihre Situation zu zeigen, ihr zuzuhören und so zu versuchen, ihr das Gefühl von Sicherheit zu geben.» Da sich die Situation bei fürsorgerischen Unterbringungen rasch verändern kann, steht bei der Fahrt in die PUK die Sicherheit im Vordergrund. Während Sascha sich im Innenraum um seine und die Sicherheit der Patientin kümmert, überwacht Alexandra die Situation von der Fahrerkabine aus. Dazu lässt sie das Fenster zum Innenraum offen, sodass sie allfällige Stimmungswechsel sofort mitbekommt. Auf einem kleinen Bildschirm hinter dem Lenkrad hat sie die beiden zudem im Blick: «So kann ich entsprechend reagieren und Sascha unterstützen.» Das wird jedoch nicht notwendig, da die Patientin bis zur Übergabe in der PUK ruhig bleibt.
Sich Zeit nehmen für die Patient*innen
Nach rund zwei Stunden ist der Einsatz abgeschlossen und das Team für einen Kaffee zurück in der Wache. «Ich habe jetzt wieder Zeit für meine Patient*innen, das hat mir bei meiner vorherigen Stelle als Fachfrau Gesundheit gefehlt, da ich ständig unter Zeitdruck arbeiten musste», erklärt Alexandra ihre Motivation für die Arbeit beim VD. «Auch die Abwechslung und die flexiblen Arbeitszeiten reizen mich an meinem Beruf.» Alexandra arbeitet 40 Prozent und gibt jeweils eine Auswahl an Diensten an, die sie übernehmen kann. «So bekomme ich Familie und Job unter einen Hut.» Auch Sascha schätzt an der Arbeit im VD den teils sehr persönlichen Kontakt mit den Patient*innen. Der ausgebildete Rettungssanitäter hatte zuletzt in einer Einsatzleitzentrale gearbeitet und wollte wieder eine Arbeit mit direktem Patient*innenkontakt ausüben. Der VD war damals noch im Aufbau. Als Sascha eine Stelle mit Teamleitung ausgeschrieben sah, packte er die Gelegenheit. «Die perfekte Mischung zwischen Arbeit mit Menschen und administrativer Tätigkeit», strahlt Sascha.
«Wir hören den Patient*innen zu und vermitteln Sicherheit.»
Tour de Suisse
Wie viel Zeit die beiden manchmal für ihre Patient*innen haben, zeigt der nächste Einsatz. Das Team wird um 16.25 Uhr an den Flughafen Zürich gerufen, wo es eine Patientin mit gebrochener Kniescheibe abholen und quer durch die Schweiz ins Spital nach Neuchâtel fahren soll. Ein typischer Einsatz für den Spätdienst. In der Ankunft 2 übernehmen Alexandra und Sascha die 67-jährige Frau, die mit einem Linienflug aus Paris eingetroffen ist. Behutsam lagern sie sie vom Rollstuhl auf die Trage um und verstauen ihr Gepäck. Während sich Sascha durch den Feierabendverkehr schlängelt, kümmert sich Alexandra um die Patientin: «Medizinisch ist sie versorgt – ich schaue nun, wie ich ihr die Fahrt so angenehm wie möglich machen kann.» Die Patientin ist sichtlich erleichtert, wieder in der Schweiz zu sein, und lobt die bequeme Einsatzambulanz: «In Paris wurde ich regelrecht durchgeschüttelt.» Der Startschuss für ein anregendes Gespräch ist erfolgt. So erfährt Alexandra, dass die Patientin für die Abschlussfeier ihrer Enkelin nach Paris gereist ist, ihr Aufenthalt jedoch nach nur eineinhalb Stunden aufgrund eines heftigen Sturzes über einen Stuhl ein jähes Ende fand. Zwischendurch nickt die Patientin kurz ein, was Alexandra nutzt, um die Daten im Ambulance Pad zu vervollständigen. Kurze Zeit später nimmt die Patientin den Gesprächsfaden wieder auf, plaudert über die Politik in Frankreich und teilt auf der Fahrt Erinnerungen zu Orten entlang des Bielersees. Nach gut zwei Stunden trifft das Team im Spital in Neuchâtel ein. Die Patientin bedankt sich für die angenehme Fahrt und die Ablenkung vor der anstehenden Operation: «Spitäler mag ich nämlich nicht so gern.» Wir machen uns zurück auf den Heimweg nach Zürich, wo wir um 22.15 Uhr in der Wache ankommen und uns in den Feierabend verabschieden.