Cybergewalt
Ich hatte keine Ahnung, wer Rocco Siffredi ist. Aber nachdem die Fotomontage mit Cyrills Kopf in unser Klassenchat geladen wurde, gab es kaum ein anderes Thema mehr. Ausgerechnet Cyrill, den die Jungs aus seiner Klasse immer als «den Kurzen» dissten.
Die Fotomontage war echt gut gemacht. Wenn man ihn nicht kannte, hätte man tatsächlich meinen können, Cyrill habe nackt auf einer Samtdecke posiert. Aber Cyrill ist nicht der Typ dazu. Er ist ein Streber und sieht auch nicht besonders gut aus. Am Morgen, nachdem das Bild die Runde gemacht hatte, erschien Cyrill nicht in der Schule. Die Mädchen aus der Parallelklasse sagten, er habe sich krank gemeldet. In der Pause sah man überall kichernde Grüppchen. «Cyrill Siffredi!», johlte Luca über den Pausenplatz. Und Chris machte dazu eine wedelnde Handbewegung. Irgendwie fand ich das nicht so lustig. Ich wollte etwas tun. Etwas sagen. «Hört damit auf, das ist so kindisch!», hätte ich sagen wollen. Aber ich habe mich nicht getraut. Sonst wäre ich vielleicht auch zum Gespött geworden. Aber jemand musste etwas tun. Nur wer? Noch bevor die Pause um war, ging ich ins Klassenzimmer und zeigte das Bild unserem Mathelehrer.
Steffi kann HEH! Und du?
HEH! bei Cybergewalt
Im Übergangsstadium zwischen Kindheit und Erwachsenenalter können manche Jugendlichen nicht immer zwischen Recht und Unrecht unterscheiden. In den letzten Jahren haben sich besonders Straftaten gehäuft, die mit Smartphones oder übers Internet verübt wurden. Um gegen Cyber-Mobbing, Sexting und Sextortion vorzugehen, ist rasches Handeln gefragt. Deshalb gilt stets:
Hinschauen
Hast du in einer geschlossenen Chat-Gruppe, über Social Media oder auf einem anderen digitalen Kanal gesehen, dass jemand gedemütigt, diskriminiert, beschämt oder schikaniert wird? Kursieren Bilder oder Videos, die für jemanden peinlich sind?
Einschätzen
Handelt es sich mutmasslich um Cybermobbing, Sextortion oder um illegale Pornographie?
Handeln
Informiere die Lehrperson der Betroffenen. Diese kann die richtige Fachstelle einschalten. Speichere Beweismaterial (Screenshots von Unterhaltungen, Bildern etc.), aber nicht, wenn es sich um illegale Darstellungen (z. B. harte Pornographie) handelt, da du dich sonst auch strafbar machst. Sprich nicht mit dem Täter oder dessen Eltern. Wende dich bei Unklarheiten an die Opferhilfe, bei schweren Fällen direkt an die Polizei.
Mach den Selbsttest und finde heraus, ob du HEH! kannst!
Beratungsstellen
Opferberatung Zürich
obzh.ch
044 299 40 50
Schlupfhuus Zürich (Beratung von Kindern und Jugendlichen)
schlupfhuus.ch
043 268 22 66
Weitere Informationen
Stadtpolizei
Kommissariat Prävention