Kunst und Bau Hardaupark
Sislej Xhafa, «Y», 2011
So eine Schaukel hat Zürich noch nie gesehen
Mitten im neu angelegten Hardaupark, gleich hinter dem Albisriederplatz, streckt sich das überdimensionierte Ypsilon gegen den Himmel. An den oberen beiden Enden des Buchstabens hängen Stahlseile, die in der Tiefe zu einer Schaukel führen. Bis Kinder und Erwachsene auf dieser simpel wirkenden Schaukel hin und her pendeln konnten, waren die Konstrukteure und der Künstler gefordert:
Während das Kunstwerk den städtischen Sicherheitsbestimmungen genügen musste, sollte es andererseits natürlich dem Künstler und seinen ästhetischen Ideen entsprechen. In der Dunkelheit fällt die Skulptur ganz besonders auf: Ist die Schaukel in Bewegung, leuchtet der Körper des «Y» in Gelb- und Orangetönen.
Spielgerät und Symbol
Das riesige «Y» ist mehr als nur eine leuchtende Schaukel. Es sieht mit seinen Seilen und dem Sitz aus wie eine Steinschleuder. Der Künstler Sislej Xhafa erblickt darin ein Symbol des Widerstands: Die Steinschleuder als Waffe in biblischer Zeit (David gegen Goliath) und auch als Instrument von Unterdrückten in heutigen Strassenkämpfen in aller Welt.
Das «Y» ist so zwar als Symbol des Widerstands zu lesen, jedoch aufgrund seiner Grösse, des Materials und der Funktion nicht als solches zu verwenden. Der Künstler ging bei der Konzeption des Werks vom Begriff des kulturellen Widerstands aus und bezieht diesen gleichzeitig auf die Situation von Emigranten in ihrem Herkunftsland wie auf die Widerstände, die sie als Immigranten in ihrer neuen Heimat erfahren. Beide Blickwinkel sind in seiner Skulptur enthalten. Die englische Aussprache von «Y» (why) unterstreicht die Frage nach dem «Warum?» Die Mehrdeutigkeit regt den Betrachter an, seine eigene Wahrnehmung zu befragen.
Sich schaukelnd Fragen stellen
Warum verlassen Menschen ihre Heimat und bauen in einem fremden Land eine neue Existenz auf? Diese Frage stellt sich Sislej Xhafa, selber ein Auswanderer, ein Nomade, der zurzeit mit seiner Familie in New York lebt. Er kennt das Migrantenleben aus eigener Erfahrung und macht die kulturellen Widerstände zum Thema. Xhafa wurde 1970 in Peja (Kosovo) geboren, immigrierte 1990 nach London, lebte ab 1993 in Florenz sowie in der Nähe von Pisa und übersiedelte im Jahr 2000 nach New York.
In seiner Arbeit beschäftigt sich der Künstler mit den sozialen, politischen und ökonomischen Verhältnissen einer globalisierten Welt. Rebellisch, aber auch ironisch, thematisiert Xhafa die Migration, die Fremde, damit verbundene Vorurteile und kulturelle Widerstände. Beispielsweise kritisierte er die europäische Einwanderungspolitik, indem er mit einem hundert Meter langen, in ein Feld gemähten Schriftzug «Benvenuto» die in Italien ankommenden Flüchtlinge begrüsste. Auch seine neuste Arbeit nimmt diese Themen spielerisch auf. Das Ypsilon steht in einem Stadtgebiet, in dem viele Migranten wohnen, wo sich kulturelle Unterschiede und Widerstände manifestieren. Mit dem neuen Park entsteht eine grosszügige Grünfläche, in der Menschen aus dem Quartier picknicken, Kinder spielen und Gross und Klein auf dem leuchtenden Ypsilon schaukeln können.
Charlotte Tschumi
Kunst | Sislej Xhafa (*1970), New York «Y», 2011 Polymethylmethacrylat PMMA, LED, Stahl, Schaukel |
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Projektleitung | Charlotte Tschumi, kuratiert mit Christoph Schenker |
Bauherrschaft | Stadt Zürich |
Eigentümervertretung | Tiefbauamt, Grün Stadt Zürich |
Bauherrenvertretung | Amt für Hochbauten |
Bauzeit | 2011 |
Adresse | Hardaupark Nähe Albisriederplatz 8004 Zürich |