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Das Architekturbüro im Amt

stadt-zuerich.ch/express-projekte

Vom Velounterstand über den denkmalgeschützten Kiosk aus den 50ern bis zum Pausenraum für städtische Angestellte: Für die Gruppe Express-Projekte gehören bauliche Spezialfälle zum Tagesgeschäft. Das zehnköpfige Team ist zuständig für kleinere Umbauten und Instandsetzungen in der Stadt Zürich.

Pragmatisch und gestalterisch präzis: Die Gruppe Express-Projekte auf dem Gerüst eines denkmalgeschützten Dienstgebäudes auf dem Zürcher Friedhof Sihlfeld.

Montagmorgen, 10:00 Uhr, Amt für Hochbauten der Stadt Zürich. Die Gruppe Express-Projekte trifft sich zu ihrer wöchentlichen Werkstattsitzung. Die drei Architektinnen und sechs Architekten stellen sich gegenseitig den Stand ihrer Projekte vor und tauschen sich darüber aus.

Die Kreisschulpflege Glattal benötigt dringend mehr Platz für ihre Mitarbeitenden. Ein Aufenthaltsraum im 1. Untergeschoss des Gebäudes soll so aufgeteilt werden, dass ein grösseres Büro mit zusätzlichen Arbeitsplätzen entsteht – ein klassischer Fall für die Gruppe Express-Projekte.

Ihr Name ist Programm: Denn das Team von Claudia Thomet führt kleinere Umbau- und Erneuerungsprojekte selber aus, weil diese oft einer raschen Umsetzung mit entsprechend schlanken Prozessen bedürfen. Daher werden Bauvorhaben bis ungefähr 2 Millionen Franken im Amt für Hochbauten als sogenannte Express-Projekte abgewickelt. Die zuständigen Architekt*innen planen und realisieren alle Projektphasen von A–Z in eigener Regie und ohne Projektorganisation, aber mit demselben Qualitätsanspruch wie die übrigen Bauvorhaben der Stadt Zürich. 

Mehrwert für die Nutzenden

Zurück zur Kreisschulpflege Glattal. Der Umbau wird vom zuständigen Projektleiter und Architekten Christoph Heuer in der Gruppe Express-Projekte vorgestellt. «Obwohl es ein kleiner Eingriff ist, wird es eine grössere Sache», sagt Heuer zu Beginn. Bei seinen Erläuterungen wird klar: Für ihn und die Gruppe Express-Projekte ist es wichtig, dass die umgebauten Räume einen Mehrwert für die Nutzenden bieten. Heuer will nicht nur das Büro vergrössern, sondern auch die Qualität des Aufenthaltsraumes verbessern.

Damit der «gefangene» Raum nicht ganz ohne Tageslicht auskommen muss, schlägt Heuer vor, ein hoch liegendes Fenster – ein sogenanntes Oberlicht – einzubauen. Eine Wandtapete soll zudem eine angenehme Atmosphäre schaffen und dem Raum eine eigene Identität verleihen; die Mitarbeitenden sollen sich gern darin aufhalten.

Skizzen, Pläne und Materialien zur Veranschaulichung: Architekt Christoph Heuer erläutert sein Projekt.

Botanische Lehrtafeln als Inspiration

Auf die Idee mit der Tapete sei er wegen der botanischen Lehrtafeln gekommen, die als Relikte aus früheren Schulzeiten die Wände des Aufenthaltsraumes zierten. Auf den grossen Schautafeln sind Zeichnungen von Pflanzen und Pflanzenteilen für den Biologieunterricht zu sehen. «Diese Lehrtafeln haben mich inspiriert», sagt Heuer.

Aus diversen Mustern wählte das Projektteam aus und entschied sich für eine Tapete mit überdimensionierten Blättern. Die Kreisschulbehörde sei «hell begeistert» gewesen von diesem Vorschlag. Nun holt Heuer das Feedback seiner Kolleginnen und Kollegen während der wöchentlichen Werkstattsitzung in der Gruppe ab. Sie stellen kritische Fragen und schlagen teilweise neue Lösungen vor.

Bevor das Projekt bei Heuer auf dem Tisch landete, hatte die Kreisschulbehörde ein entsprechendes Gesuch für den Umbau gestellt, in diesem Fall an die Immobilien Stadt Zürich, kurz IMMO. Sie ist die Eigentümervertreterin und Bewirtschafterin, unter anderem für das Portfolio Schul- und Sportbauten. Die IMMO hiess das Gesuch gut und erteilte den Auftrag der Gruppe Express-Projekte im Amt für Hochbauten, welche die Rolle der Baudienstleisterin einnimmt.

«Wir sind das Architekturbüro im Amt, uns ist sehr wichtig, dass wir in der Stadt gestalterisch hochwertige Spuren hinterlassen.» 
Claudia Thomet, Gruppenleiterin
Besprechung vor Ort: Architektin Ines Trenner erläutert das Farbkonzept des Dienstgebäudes II des Friedhof Sihlfeld.

Ein kleiner Kiosk erhält seine Strahlkraft zurück

Auch der Kiosk mit Wartehalle an der VBZ-Haltestelle Waid war ein Projekt der Gruppe Express-Projekte: Gemäss einer Machbarkeitsstudie sollte das Kleingebäude stillgelegt werden; eine Sanierung war ursprünglich keine Option. Doch die Gruppe Express-Projekte machte sich für eine «Wiederbelebung» des denkmalgeschützten Kiosks aus den 50er-Jahren stark.

«Wir haben erkannt, dass der Kiosk ein zentraler Ankerpunkt für diesen stark frequentierten Platz bildet und ein wichtiger Begegnungsort für Besucherinnen und Besucher sowie Mitarbeitende des Stadtspitals Waid ist», sagt Roberto Russo. Er war mit der Leitung und Ausführung dieses Projekts betraut. Trotz kleinem Budget und engem Zeitplan sollte das Objekt instand gesetzt werden. «Mithilfe von alten Fotos haben wir die 50er-Jahre-Architektur analysiert und den Bau wieder in den ursprünglichen Zustand zurückgeführt», sagt Russo.

Doch der Umbau verlief nicht ohne Überraschungen: Es stellte sich heraus, dass eine Schadstoffsanierung vonnöten war, und als der Umbau schon im Gange war, kam eine durchgerostete Tragwerkkonstruktion zum Vorschein, die komplett saniert werden musste. «In solchen Fällen müssen wir eine rasche Lösung vor Ort mit allen Fachpersonen finden», erklärt Claudia Thomet. Das sei eine sehr anspruchsvolle Situation für die Projektleitung und erfordert immer wieder eine kreative und flexible Arbeitsweise.

Welche Farbe passt es am besten? Diskussion über Bodenbeläge während einer Projektsitzung.

Gestalterische Spuren hinterlassen

Die Auftraggeber der Gruppe Express-Projekte kommen aus der gesamten Stadtverwaltung: Neben Immobilien Stadt Zürich sind das hauptsächlich die Liegenschaften Stadt Zürich und Grün Stadt Zürich. «Wir sind das Architekturbüro im Amt», fasst Thomet zusammen, «und uns ist sehr wichtig, dass wir in der Stadt gestalterisch hochwertige Spuren hinterlassen».

Seit ihrer Gründung im Jahr 2005 setzt die Gruppe jedes Jahr bis zu 40 Projekte um. Von räumlichen Anpassungen von Tagesschulen in städtischen Liegenschaften, über Umbauten von denkmalgeschützten Gebäuden, Instandsetzungen nach Brandschäden bis hin zur Vertikalbegrünung von Mauern und Häuserfassaden ist alles dabei.

Es gehe aber auch darum, Pilotprojekte für die Stadt zu entwerfen, wie Claudia Thomet sagt. In diesem Prozess befindet sich zurzeit Sébastien Werlen mit seinem Velo- und Kinderwagenunterstand im Kluspark. Den entsprechenden Auftrag beim Selbsthilfezentrum Klus stellt auch er in der wöchentlichen Sitzung der Gruppe vor. Der Architekt erläutert seinen Vorschlag für einen hölzernen Unterstand mit einer Dach- und Fassadenbegrünung und integriertem Wildbienenkasten. «Da das ganze Ensemble des Kluspark denkmalgeschützt ist, muss sich der Velo- und Kinderwagenunterstand qualitativ nahtlos in diese Umgebung einfügen», verdeutlicht er sein Vorhaben.

Schraubfundamente und Wildbienenkästen

Die Gruppe diskutiert Funktionalität und Ästhetik der Holzkonstruktion: Braucht es Schraubfundamente oder werden damit die Wurzeln der Parkbäume und Bodenleitungen beschädigt? Soll die Fassadenbegrünung aus Wildrosen oder Reben bestehen? Und ist der Wildbienenkasten kompatibel mit Babys in Kinderwagen?

Sébastien Werlen wird nun seine Idee anpassen, bis der Bau möglichst viele Bedürfnisse für künftige Velo- und Kinderwagenunterstände der Stadt Zürich abdeckt. Das heisst: zweckmässig und kostengünstig, trotzdem hochwertig und anpassungsfähig, nachhaltig erstellt und nachhaltig im Betrieb. Thomet ergänzt: «An diesem Beispiel wird klar, wie viele unterschiedliche Prozesse bei einem Express-Projekt ausgelöst werden und wie komplex unsere Planungen in der heutigen Zeit sind».
 

Bilder: Henrik Nielsen

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