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Porträt 5: Monika und Ueli Stahel

Monika und Ueli Stahel zogen vor über 50 Jahren nach Zürich. Hier haben Sie ihre Kinder grossgezogen, sich ihr Leben aufgebaut und mitbekommen, wie sich die Stadt gewandelt hat. Den Umzug nach Zürich haben sie nie bereut.

Das Paar hat sich vor mehr als 50 Jahren in Brugg kennengelernt. Foto Alex Colle
Das Paar hat sich vor mehr als 50 Jahren in Brugg kennengelernt. Foto Alex Colle

«Höngg ist unsere Heimat»

«Wir wollen mal in Zürich wohnen – das wussten wir schon kurz, nachdem wir uns in der Bezirksschule Brugg kennengelernt hatten», sagt Monika Stahel. Sie war im aargauischen Windisch aufgewachsen, ihr Mann ein Heimweh-Höngger. Ueli lebte bis zur ersten Sekundarstufe in Höngg, danach zog die Familie wegen der Arbeit des Vaters in den Kanton Aargau.

Ihre erste Wohnung in Zürich lag in Wipkingen, bevor sie bald eine Wohnung in einer neuen Siedlung am Hönggerberg zogen. Zur Zeit von Ueli Stahels Kindheit gabʼs hier nichts als Felder, Wald und Wiesen. Mit der Zeit entstand Haus um Haus, Siedlung um Siedlung. Hoch über der Stadt blickt man aus dem Wohnzimmer hinüber zum Uetliberg und westwärts ins Limmattal. Im Rücken liegt der Käferberg-Wald und die ETH Hönggerberg. Die vier Mehrfamilienhäuser der Siedlung Kürberghang stehen auf dem Dach des Wasserreservoirs Höngg und wurden 1983 fertig gebaut.

Eine gute Nachbar- und Gemeinschaft ist wichtig

«Man ist so schnell in der Natur. Mit unseren Kindern war das ideal. Mit unseren Enkelinnen genau gleich», meint Ueli Stahel. «Und früher hatte es hier oben auch noch richtig Schnee. Einmal kamen wir aus den Skiferien zurück, tags darauf lagen 30 bis 40 Zentimeter Neuschnee – so gingen die Sportferien gleich weiter.» Seine Frau ergänzt: «Wir haben viel mit den Kindern auf dem Müseli, einem Hang in der Nachbarschaft, geschlittelt.»

Zu den anderen Parteien in der Siedlung pflegen die Stahels einen guten Kontakt. Es finden regelmässige Siedlungsfeste statt, man trifft sich mit Kindern und Enkeln auf dem Spielplatz. Sogar mit ehemaligen Nachbarn sind sie dank E-Mail und SMS immer noch im Austausch. «Hier ein Bildchen, da ein ‹Wie-gehtʼs?›. Die neue Technologie macht das Ganze einfacher als früher», sagt Ueli Stahel.

Die Nachbarschaft und die Gemeinschaft sind beiden wichtig. Ueli Stahel ist seit Langem im Quartierverein Höngg tätig. Bis 2014 war er Präsident, nun organisiert er noch ein letztes Mal das Wümmetfäscht mit. Mit seinen fast 80 Jahren hat Ueli Stahel schon einiges gemacht. Während über 28 Jahren arbeitete er im Schweizerischen Nationalmuseum. Neben der Familie und seinem Engagement im Quartier übernahm er auch noch im Militär und in der Schulpflege öffentliche Ämter. «Das konnte ich nur dank der Unterstützung meiner Frau. Sie war der Fels in der Brandung und hat zuhause die Stellung gehalten, als unsere Kinder noch jünger waren.»

Mit 50 noch einmal etwas Neues wagen

Bei den Stahels galt die in der damaligen Zeit klassische Rollenverteilung. Er sorgte für das Einkommen, sie für die Kinder und den Haushalt. «Damals war es noch nicht so normal, dass man als Mutter arbeiten geht, und ich würde die Zeit mit meinen Kindern nicht missen wollen», erklärt Monika Stahel. Doch als ihr Jüngstes in die Oberstufe kam, wollte sie etwas Neues anpacken. Wieder ihren angestammten Beruf auszuüben, konnte sich die gelernte kaufmännische Angestellte aber nicht vorstellen. Sie begann die Ausbildung zur Pflegefachfrau Diplomniveau II, heute Pflegefachfrau HF (Höhere Fachschule). «Es war eine happige Zeit, ich war ja schon 50. Aber ich wusste, dass ich etwas anderes machen wollte, als ich einmal gelernt hatte», sagt sie rückblickend. Bereut hat sie den Richtungswechsel nicht und arbeitete bis zu ihrem 70. Lebensjahr. Zuerst im Waidspital, dann bei einer medizinischen Fachgruppe, die den Platzspitz betreute, und zuletzt fast zwei Jahrzehnte in der Spitex Höngg

Die jüngere Generation übernimmt

Nicht nur der Platzspitz ist mittlerweile Geschichte, auch die Stadt und das Quartier haben sich gewandelt. 1980 lebten in Höngg knapp 17 000 Menschen, heute sind es über 24 000. Das spüren auch die Stahels. «Es gab hier früher nicht so viele Häuser, und die Bevölkerung ist multikultureller geworden. Das hat sicher auch mit der Nähe zur ETH zu tun», sinniert Monika Stahel, er ergänzt: «Schade ist, dass nur rund zehn Prozent der Bevölkerung in Höngg aktiv am Quartierleben teilnehmen.» Die Trachtengruppe Höngg musste ihre Tätigkeiten einschränken, da nicht mehr genug Personen mitmachen. Für das Höngger Wümmetfäscht gibt es glücklicherweise genügend Nachwuchs. Die jüngere Generation der Mitglieder übernimmt von der älteren das Zepter und wird die nächsten Quartierfeste organisieren.

Trotz allen Veränderungen: Den Entscheid vor mehr als 50 Jahren als junges Paar nach Zürich zu ziehen, haben Monika und Ueli Stahel nie bereut. Höngg ist und bleibt ihr Zuhause. «Wir fühlen uns hier wohl und möchten bleiben, solange wie es geht.»

/// Veröffentlicht im März 2024 (thn)

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