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Porträt 2: Coiffeur Princess

Hasan Hamo entgeht nichts. Mit Schere, Rasierer und Faden rückt er noch so feinen Härchen zu Leibe. So will es der Berufsstolz des «Coiffeur Princess». Noch stolzer macht ihn allerdings etwas anderes.

Bevor Hamo loslegt, will er genau wissen, was der Kunde möchte. Foto Alex Colle
Bevor Hamo loslegt, will er genau wissen, was der Kunde möchte. Foto Alex Colle

«Mir geht es gut»

«Ich komme seit drei Jahren hierher», sagt ein bulliger, älterer Herr und bezahlt seinen Haarschnitt. Mit dem Crew Cut geht er – Hoodie, Trainer, Turnschuhe – gut als Boxtrainer durch. «Die Bedienung ist freundlich, und es ist unkompliziert.» Viel zu schneiden gab es bei ihm nicht. Dafür will die Kurzhaarfrisur umso häufiger getrimmt werden – bis aufs letzte Härchen. Damit ist der Stammkunde beim «Coiffeur Princess» in guten Händen.

Entspannte Sounds

Das Lokal befindet sich einen Steinwurf vom Quartierzentrum Affoltern entfernt, schräg gegenüber einem Supermarkt. Es liegt im Untergeschoss eines Wohnhauses. Man übersähe es leicht – wären da nicht zwei Schilder an der Fassade und grosse Bilder von Haarmodels. Es sind die Kinder des Geschäftsinhabers Hasan Hamo, doch davon später. Einen untrüglichen Hinweis auf den Coiffeursalon liefert auch eine rot-weiss-blau bemalte, sich drehende Stange: ein Barberpole. Dessen ursprüngliche Botschaft ist allerdings eine glatte Untertreibung. Hier erhält nicht bloss der Mann Haarschnitt und Rasur. Hasan Hamo und sein Team frisieren neben Herren (25 Franken) auch Damen (ab 38 Franken) sowie Kinder (17 Franken).

Nicht nur das Hantieren mit scharfem Werkzeug fordert Vertrauen.

Als wir eintreten, empfängt uns Hamo mit einem freundlichen Lächeln. Der Salon ist geräumig, zwei lange Fensterbänder lassen viel Licht hinein. Auf einem Bildschirm bewegen sich tropische Bilder, entspannte Musik legt den passenden Klangteppich. «Kommt ein Kunde zum ersten Mal, will ich ihn zuerst kennenlernen. Haareschneiden ist Vertrauenssache», erklärt Hamo und schabt mit einer Rasierklinge den Nacken eines Kunden glatt. Aber es ist nicht nur das Hantieren mit scharfem Werkzeug, das Vertrauen fordert.

Faden für den Feinschliff

Ist ein Haarbüschel weg, ist er für immer weg: Drei Zentimeter neues Haar verlangen bis zu drei Monate Geduld. Die Frisur ist ein wichtiges äusseres Attribut. Ein neuer Schnitt fällt sofort auf, ob gelungen oder nicht, lässt sich aber nicht austauschen wie ein Kleidungsstück. Da muss jeder Schnipp und jeder Schnapp sitzen – und bei Hamo tun sie das. Flink hantiert er mit Schere und Messer, bringt Frisur und Kopfform in ein stimmiges Ganzes. Für den Feinschliff sorgt ein Faden, er zupft feine Härchen auf Wangenknochen und Stirn. «Gut einen Monat hält das», erklärt der Coiffeur und zeigt dem Kunden sein Werk im Spiegel.

Jeder Schnipp und jeder Schnapp muss sitzen – und bei Hamo tun sie das.

Hamo schneidet Haare, seitdem er die Schule verlassen hat. Es sei ein bisschen wie eine Berufslehre gewesen. Nur einen formellen Abschluss wie hierzulande habe es nicht gegeben. Man merkt: Seinen Beruf übt Hamo immer noch mit Freude aus. «Mir geht es gut», sagt er ebenso zufrieden wie bescheiden. Mehr noch als sein Geschäft bedeutet ihm die Familie. Sie ist sein ganzer Stolz.

Die «Prinzessin»

Der Älteste hat eben eine Elektrikerlehre begonnen, der Jüngere kickt leidenschaftlich gerne und vielleicht einmal beim FCZ, seinem Lieblingsclub. Mit der Tochter – seiner «Prinzessin» und der Namensgeberin des Salons – geht er gerne fischen. Nur einmal im Verlauf des Gesprächs, auf die Frage, wo er denn wohne, seufzt er. «In Dietikon, bisher haben wir im Quartier keine 4-Zimmer-Wohnung gefunden.» Doch er mag nicht klagen und wiederholt: «Mir geht es gut.» Draussen erneuern Bauarbeiter das Trottoir, es regnet. Hamo streckt den Kopf aus der Tür und fragt: «Wollen Sie einen Kaffee?»

/// Veröffentlicht im Juni 2023 (rik)

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