Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse
Schwere chronische Entzündungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) oder Bauchspeicheldrüsen-Tumoren müssen chirurgisch behandelt werden.
Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ist ein längliches Organ, das hinter dem Magen vor den grossen Baucharterien und -venen liegt. Sie besteht aus einem Drüsenkopf, Drüsenkörper und Drüsenschwanz. Der Kopf liegt im Bogen des Zwölffingerdarms und ist mit diesem über die gemeinsame Durchblutung eng verbunden.
Funktion
Die Bauchspeicheldrüse hat zwei Hauptaufgaben:
Regulation des Blutzuckerspiegels
Der Pankreas reguliert den Blutzuckerspiegel, indem er v. a. Insulin und Glukagon freisetzt. Diese Hormone werden in speziellen Arealen der Bauchspeicheldrüse produziert, in den Langerhans-Inseln. Von dort gelangen sie direkt in den Blutkreislauf. Die Inselzellen liegen vermehrt im Schwanzbereich.
Produktion von Verdauungssäften
Die Bauchspeicheldrüse produziert Verdauungsenzyme, welche die einzelnen Nahrungsstoffe chemisch aufspalten und für die Aufnahme durch die Darmschleimhaut vorbereiten. Diese Verdauungssäfte werden über den Bauchspeicheldrüsen-Ausführgang in den Hauptgallengang abgegeben, der in den Zwölffingerdarm mündet.
Entzündungen
Entzündet sich die Bauchspeicheldrüse, kann dies lebensbedrohlich sein. Häufiger Grund ist ein Hindernis im Gallengang (z. B. Gallenstein), das den Abfluss verhindert. Diese Situation kann die Bauchspeicheldrüsensäfte frühzeitig aktivieren und zu ihrer Selbstzerstörung führen. Die Folgen sind schwerste Entzündungen der Bauchhöhle bis hin zur Selbstverdauung der Bauchorgane und zum Funktionsversagen lebenswichtiger Organe wie Niere, Leber, aber auch Herz und Lunge.
Ein weiterer, sehr häufiger Entzündungsgrund ist der übermässige Konsum von alkoholischen Getränken. Vereinzelt können auch Medikamente oder ein fehlerhafter Fettstoffwechsel eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse auslösen.
Entzündungsbehandlung
Nach Möglichkeit sehen wir von chirurgischen Eingriffen ab und operieren lediglich in ausgewählten Situationen, um beispielsweise Abszesse zu entlasten, die wegen der Zellzerstörung entstanden sind. Die wichtigste Massnahme liegt in der Ursachenbekämpfung: Wir entfernen das Abflusshindernis im Gallengang oder empfehlen den Patienten, den Alkoholkonsum sofort zu stoppen. Ist die Ursache der Entzündung ein Gallensteinleiden, wird die «Quelle» der Gallensteine, die Gallenblase, chirurgisch entfernt, sobald die Bauchspeicheldrüsen-Entzündung abgeheilt ist.
Tumoren
Je nach Lokalisation verursachen die Raumforderungen der Bauchspeicheldrüse sehr unterschiedliche Symptome: Tumoren im Bereich des Bauchspeicheldrüsenkopfs engen den Gallengang ein und stauen die Galle in die Leber zurück. Dadurch färben sich Haut und Schleimhäute (z. B. Bindehäute der Augen) gelb. Tumoren im Bereich des Bauchspeicheldrüsenkörpers oder des -schwanzes können sehr lange unbemerkt heranwachsen, da sie hier kaum Beschwerden verursachen und häufig erst spät entdeckt werden.
Tumoren der Bauchspeicheldrüse können von denjenigen Zellen des Organs ausgehen, welche die Verdauungsenzyme freisetzen oder aber von jenen Zellen, welche die blutzuckerregulierenden Hormone produzieren. Letztere können sehr charakteristische Beschwerden (z. B. eine Unterzuckerung) hervorrufen, wenn sie den natürlichen Hormonen ähnliche Stoffe ausschütten, die deren Funktionen im Organismus nachahmen.
Tumorchirurgisches Vorgehen
Die chirurgische Behandlung der Bauchspeicheldrüsentumoren richtet sich neben der Art des Tumors v. a. nach dessen Lokalisation innerhalb der Bauchspeicheldrüse und nach Bezug des Tumors zu den umgebenden Organen und Strukturen:
Bei Tumoren im Schwanzbereich wird bei fehlendem Einwachsen der Neubildung in die umgebenden grossen Baucharterien und -venen der befallene Anteil der Bauchspeicheldrüse operativ entfernt. Insbesondere bei gutartigen Tumoren kann dies je nach Vorgeschichte auch laparoskopisch, d. h. minimalinvasiv, erfolgen.
Die Risiken einer solchen Bauchspeicheldrüsenschwanz-Abtragung liegen in der Struktur der Bauchspeicheldrüse, welche sehr bröckelig sein kann. So kann die Absetzungsnaht undicht sein und sich ein Bauchspeicheldrüsenleck entwickeln. Um dies frühzeitig zu erkennen, wird während der Operation in den Bereich der Absetzungsnaht an der Bauchspeicheldrüse eine Drainage eingelegt, welche allfällig austretenden Bauchspeicheldrüsensaft nach aussen abtransportiert. Somit führen die Säfte der Bauchspeicheldrüse an Ort und Stelle nicht zur Entzündung.
Deutlich aufwendiger und risikobehafteter ist die chirurgische Behandlung von Tumoren im Kopfbereich der Bauchspeicheldrüse. Durch die enge lokale Beziehung zwischen Bauchspeicheldrüsenkopf, Zwölffingerdarm und dem durch den Bauchspeicheldrüsenkopf verlaufenden Gallengang ist es nicht möglich, den Bauchspeicheldrüsenkopf allein zu entfernen. Hier wird die Operation nach Whipple durchgeführt. Sie beinhaltet die Entfernung des Bauchspeicheldrüsenkopfes zusammen mit dem Zwölffingerdarm und dem im Bauchspeicheldrüsenkopf verlaufenden Gallengang, sowie der Gallenblase. In seltenen Fällen muss zudem ein Teil des Magens mitentfernt werden.
Für die Rekonstruktion der Region wird anschliessend der verbleibende Bauchspeicheldrüsenkörper mit dem Bauchspeicheldrüsengang in eine Dünndarmschlinge eingenäht, in welche auch der Stumpf des Gallenganges eingeleitet wird. Der Magenausgang wird zum Abfluss mit einer weiteren Dünndarmschlinge verbunden. Dieser grosse chirurgische Eingriff kann 4–8 Stunden in Anspruch nehmen.