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Direktanwendung des ISOS: zwischen Baukultur und Blockade

Medienmitteilung

Die Stadt Zürich fordert Anpassungen bei der Direktanwendung des Bundesinventars der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz.

26. Juni 2024

Das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) ist als behördenverbindliche Grundlage für Kantone und Gemeinden unbestritten und geschätzt. Losgelöst von der breit akzeptierten Umsetzung über die Nutzungsplanung gewinnt aber die Direktanwendung des ISOS aktuell unverhältnismässig an Bedeutung.

Hochbauvorsteher André Odermatt: «Das ISOS ist ein geschätztes Instrument. Mit der Direktanwendung wird das Fuder aber überladen.» Die Stadt fordert daher von Bund und Kanton eine Anpassung bei dieser Direktanwendung. Sie soll zukünftig nur dann erfolgen, wenn ein materieller Zusammenhang zwischen dem Inventar und den genannten Bundesaufgaben besteht. Beispielsweise beim Bau von Mobilfunkantennen, die im geschützten Ortsbild auch wirklich sichtbar sind.

Drastische Folgen für die Rechtssicherheit

Heute kommen Direktanwendungen dann zum Zug, wenn eine Planung im ISOS-Perimeter liegt und gleichzeitig die Erfüllung mindestens einer weiteren Bundesaufgabe betroffen ist. Als Bundesaufgaben gelten etwa der Grundwasserschutz, aber auch der Bau von Photovoltaikanlagen, Schutzräumen oder Mobilfunkantennen. Das ISOS kann in solchen Fällen Vorgaben aus der Bau- und Zonenordnung, Richtplänen und Gestaltungsplänen übersteuern. Die Folge: Projekte werden nach langjähriger Planung und sorgfältiger Interessensabwägung zurückgewiesen. Schulvorsteher Filippo Leutenegger, Mitglied der Bausektion des Stadtrats: «Die Blockade von Bauprojekten hat verheerende Folgen für Private wie auch für die öffentliche Hand. Wer baut, braucht Rechtssicherheit!» Um die Rechtssicherheit rasch zu erhöhen, wird die Stadt ab sofort sämtliche Baugesuche, die von einer Bundesaufgabe betroffen sein könnten, vorab zur Prüfung an den Kanton senden. Dies, um sicherzustellen, dass der Stadt in Rechtsmittelverfahren keine formellen Fehler vorgeworfen werden können. Auch darüber hinaus unternimmt die Verwaltung alles Mögliche, um die Auswirkungen auf betroffene Bauherrschaften so gering wie möglich zu halten: Dazu gehören juristische Abklärungen, Sensibilisierung und Aufklärungsmassnahmen sowie Beratung und Unterstützung beim weiteren Vorgehen.

Blockade mit ungewissem Ausgang

Aktuell betroffen ist unter anderem die Siedlung Dreispitz der ASIG Wohngenossenschaft und der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft Habitat 8000 in Schwamendingen: Die Bau- und Planungsprojekte – Resultat einer über 15-jährigen, sozial wie ökologisch vorbildlichen Planung – stehen trotz rechtskräftigen Gestaltungsplänen still. Der Grund: Die ISOS-Direktanwendung aufgrund dreier Bundesaufgaben. In der Folge könnten die Vorgaben in den rechtskräftigen Gestaltungsplänen übersteuert werden.

Für die Mitbetroffene ASIG Wohngenossenschaft ist die Blockade sehr einschneidend, wie Präsident Frederik Brun darlegt: «Hier wird unter Umständen eine jahrelange, sorgfältige Planung für mehr preisgünstigen Wohnraum zunichte gemacht und die sozialverträgliche Umsiedlung gefährdet.»

Wichtiges Grundlageninstrument

Das ISOS hilft als Grundlageninstrument des Bundes, baukulturelle Werte zu erkennen und langfristig zu sichern. Im Unterschied zu kommunalen und kantonalen Inventaren, die sich vor allem mit Einzelobjekten befassen, erfasst das ISOS in erster Linie Siedlungen in ihrer Gesamtheit. Landesweit sind rund 1200 Ortsbilder dokumentiert. In der Stadt Zürich ist rund 75 % des Siedlungsgebiets mit ISOS-Schutzzielen belegt.

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