Handlungsansätze
HA 01: Baukörper für günstiges Mikroklima optimieren
Gezielt gesetzte Baukörper und eine ausgewählte Typologie tragen zur Verbesserung des Mikroklimas im Siedlungsgebiet bei. Zudem wird der thermische Komfort für die dort lebenden und arbeitenden Menschen angenehmer. Wirksam sind u. a. die gegenseitige Beschattung von Gebäuden und die Beschattung von Freiräumen durch Gebäude über Länge, Höhe und Anordnung der Baukörper. Es gilt, grössere, nicht unterbaute Freiräume (Innenhöfe) anzubieten. Zusammenhängende, gebäudebezogene Grünräume begünstigen kleinräumige Luftaustauschprozesse. Sie können durch Integration oder Öffnungen im Baukörper realisiert werden. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung, S. 98
HA 02: Gebäudestellung auf Luftaustausch ausrichten
Eine Gebäudestellung und -typologie, die sich zu den Kaltluftentstehungsgebieten innerhalb und ausserhalb des Siedlungsgebiets und zu den Kaltluftleitbahnen öffnet, ermöglicht und fördert das Eindringen kühler Luft bis weit in die Stadt hinein. Dazu gehören eine gezielte Anordnung und Orientierung der Baukörper an der Strömungsrichtung der Kaltluft wie auch eine Gebäudetypologie mit möglichst geringer Grundfläche und ohne Barrierewirkung, insbesondere in Hang- und Tallagen. Das Ziel ist es, einem Ausbremsen der Kaltluftströmung entgegenzuwirken, damit das Siedlungsgebiet möglichst grossflächig von der nächtlichen Kaltluftentstehung profitieren kann und die Durchlüftung gewährleistet ist. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung S. 100
HA 03: Grünflächen klimaökologisch gestalten
Grünflächen sind ein bedeutender Teil des Hitzeentlastungssystems im Siedlungsbereich. Sie sind «Cool Spots» innerhalb der städtischen Wärmeinsel und dienen der Wohnbevölkerung sowie den Berufstätigen vor Ort als Rückzugs- und Entlastungsräume in Hitzeperioden. Zu nennen sind hier insbesondere Parkanlagen unterschiedlicher Grösse, aber auch zweckgebundene und institutionelle Grünräume (z. B. Friedhöfe, Schul- und Badeanlagen) sowie das unmittelbare Wohn- und Arbeitsumfeld. Für eine optimale Wirksamkeit empfehlen sich möglichst vielfältige Freiraum- und Vegetationsstrukturen mit grosskronigen, schattenspendenden, klimaresistenten Bäumen, offenen Rasen- und Wiesenflächen sowie bewegten Wasserflächen. Die Beschattung des Aussenraumes und der Gebäudefassaden führt zur Reduktion der direkten Einstrahlung und wirkt der nächtlichen Wärmeabstrahlung entgegen. Durch die entstehende Verdunstungskühle der Vegetation wird die bioklimatische Belastung zusätzlich gemindert.. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung, S. 102
HA 04: Aufenthalts-, Bewegungs- und Verkehrsräume beschatten
Die Beschattung von Aufenthalts-, Bewegungs- und Verkehrsräumen in der Stadt fördert die Lebensqualität ihrer BewohnerInnen und mindert die thermische Belastung. Eine Beschattung dieser Räume lässt sich insbesondere durch Bäume oder Beschattungselemente (Pergolen, Sonnensegel) erzielen. Die Sonneneinstrahlung im Strassenraum sowie die daraus resultierende übermässige Erwärmung werden gemindert. Bei Bäumen verstärkt sich der Kühlungseffekt durch ihre Verdunstungsleistung und Luftreinigung nochmals spürbar. Optimal ist der Einsatz grosskroniger Bäume. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung, S. 106
HA 05: Aufenthalts- und Bewegungsoberflächen entsiegeln und begrünen
Unversiegelter Boden auf städtischem Gebiet ist eine wertvolle, aber beschränkte Ressource. Sein Rückgang ist einer der Hauptgründe für die Ausbildung städtischer Wärmeinseln. Die Entsiegelung und Begrünung von Oberflächen in der Stadt bewirkt eine Kühlung der Luft sowohl durch die Verdunstung der Bodenfeuchtigkeit als auch durch die Transpiration der Pflanzen. Begrünte Oberflächen erwärmen sich tagsüber weniger stark als unbegrünte, speichern weniger Wärmeenergie und geben nachts entsprechend weniger Wärme ab. Die Verdunstung von Bodenfeuchtigkeit kann tagsüber zusätzlich Temperatursenkungen bewirken. Nachts wird die Kaltluftströmung auf ihrem Weg ins Siedlungsgebiet auf unversiegeltem Boden weniger gebremst. Je nach Anforderung an Nutzung, Frequentierung und (Verkehrs-)Belastung sind verschiedene Arten der (Teil-)Entsiegelung sowie verschiedene Vegetationsarten und -typen für die Begrünung von Oberflächen möglich. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung, S. 110
HA 06: Materialien mit hoher Albedo für Strassen- und Platzoberflächen verwenden
Eine Stadt als Ganzes weist ein geringes Rückstrahlvermögen auf; ihr Albedowert ist gering. Demnach nimmt die Stadt einen erheblichen Teil der Sonnenenergie auf. Zusätzlich zeichnet sich Baumaterial durch die Eigenschaft aus, Wärme sehr gut zu speichern und weiterzugeben. Die Kombination aus hoher Wärmeaufnahme und -speicherung beeinflusst das Stadtklima erheblich. Helle Materialien für die Gestaltung von Strassen- und Platzoberflächen helfen bei der Reduktion der Temperatur in der Stadt. Im Gegensatz zu dunklen, stark wärmeabsorbierenden Materialien wie Asphalt erwärmen sich helle Materialien wesentlich geringer, speichern weniger Wärme und geben sie nachts weniger stark ab. Insgesamt zielt der Handlungsansatz HA 06 auf die Erhöhung der Reflexion des Sonnenlichts (Albedo) von Strassen- und Platzoberflächen ab, z. B. durch Spezialfarben oder eine helle Pflasterung. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung, Seite 114
HA 07: Wasser im städtischen Raum etablieren
Wasser entzieht der umgebenden Luft bei Verdunstung Wärmeenergie und kühlt sie dabei ab. Somit trägt Wasser zu einem angenehmen Mikroklima im städtischen Raum bei. Bewegtes Wasser steigert die Kühlwirkung aufgrund der grösseren verdunstungsfähigen Oberfläche. Neben der Klimawirkung liegt die Besonderheit von Wasser in seiner Erleb- und Nutzbarkeit. An heissen Sommertagen kann der erhitzte Körper beim Kontakt mit Wasser z. B. beim Spielen und Baden abgekühlt werden. Bachöffnungen, Fluss-, See- und Freibäder sowie Wasserinstallationen (Brunnen, Teiche, Fontänen, Wasserspiele) sollten möglichst über das Stadtgebiet verteilt liegen und für die Bevölkerung an heissen Sommertagen leicht erreichbar und zugänglich sein. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung, Seite 116
HA 08: Regenwasser zurückhalten und versickern
Meist sind die Oberflächen im Stadtgebiet befestigt und Regenwasser fliesst zum grossen Teil in die Kanalisation. Dass Regenwasser nur sehr eingeschränkt zur Verdunstung verfügbar ist, ist einer der Gründe für die Ausprägung von städtischen Wärmeinseln. Die Verdunstung von Bodenfeuchtigkeit und temporären Wasserflächen, die durch den Rückhalt und die Versickerung von Regenwasser möglich wird, erzeugt kühle Luft. Sie ist damit ein Mittel gegen die städtische Wärmeinsel und sollte, wo möglich, im Stadtgebiet ermöglicht werden. Pflanzenbestandene Wasserflächen erbringen dabei eine besonders hohe Verdunstungskühlleistung. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung, Seite 118
HA 09: Dächer klimaökologisch begrünen
Die Begrünung von Dachflächen kann extensiv oder intensiv erfolgen. Extensive Dachbegrünung umfasst einen Bodenaufbau von mindestens 10 cm. Sie hält Regenwasser zurück, trocknet jedoch bei Hitze rasch aus und verdunstet folglich kein Wasser mehr. Klimaökologisch wirksamer ist die intensive Dachbegrünung mit einem Bodenaufbau von 15 bis 100 cm und mehr. Ihre stärkere Substratschicht speichert und verdunstet mehr Wasser und erlaubt die Pflanzung von kleinen Bäumen. Auch Mischformen sind möglich. Besonders vorteilhaft ist die Begrünung von Dächern, wenn sie als Dachgärten mit ökologischem Wert ausgeführt sind. Da in wachsenden Städten Grünflächen meist nur in geringem Masse vorhanden sind, können Dachgärten bei Hitze eine grünflächenähnliche Entlastungsfunktion übernehmen, indem die Wärmeaufnahme der Dachflächen gemindert wird. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung, Seite 120
HA 10: Fassaden klimaökologisch begrünen
Bei der Fassadenbegrünung wird zwischen boden- und wandgebundenen Systemen unterschieden. Dabei liegen verschiedene Ausführungsmöglichkeiten vor: Bei der bodengebundenen Fassadenbegrünung wachsen die Pflanzen direkt aus dem Erdreich. Dazu braucht es an der Gebäudewand eine genügend grosse, unversiegelte Fläche als Wurzelraum. Bei der wandgebundenen Begrünung werden an der Hauswand bepflanzte Substratträger montiert. Auch Mischformen sind möglich. Das schattenwerfende Blattwerk, die Luftschicht zwischen Vegetation und Hauswand sowie die Evapotranspiration verringern die Wärmeaufnahme und die Oberflächentemperatur der Gebäudehülle. Dies erhöht den thermischen Komfort im unmittelbar angrenzenden Aussenbereich und im Gebäudeinneren. Die Wirksamkeit steigt mit zunehmenden Grünvolumen an der Fassade. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung, Seite 124
HA 11: Fassaden- und Dachmaterialien mit hoher Albedo verwenden
Der Einsatz heller Gebäudematerialien erhöht das Rückstrahlvermögen der Gebäudehülle gegenüber dunklen Materialien erheblich. Sie erwärmen sich weniger stark, speichern weniger Energie und geben folglich nachts auch weniger Wärme ab. Bei der Absorption von Sonnenstrahlung wird diese in Wärmeenergie umgewandelt. Da helle Flächen einen Grossteil der Strahlung reflektieren, erwärmen sie sich weniger stark als dunkle Oberflächen. Sie halten das Gebäudeinnere ebenso kühl wie ihre Umgebungsluft. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung, Seite 128
HA 12: Gebäudenahen Aussenraum beschatten
Im gebäudenahen Aussenraum gilt es, Aufenthaltsbereiche wie etwa Balkone, Terrassen und Loggien, aber auch Fassadenbereiche vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen. Zur Aussenbeschattung können u. a. Fenster- und Schiebeläden, Rollläden, Aussenjalousien, Relexionsfolien, Raffstoren, Markisen, Stoffstoren, Fassadenbegrünungen, Pergolen und Sonnenschirme beitragen. Auch architektonische Lösungen wie auskragende Dächer, tiefe Fensterlaibungen, kleine Fensterflächen, Brisesoleils oder Vorbauten sind gute Möglichkeiten, Aussenbereiche zu beschatten und dem Aufheizen entgegenzuwirken. Sie vermindern die Wärmeaufnahme von Oberflächen am Tag und reduzieren so die Wärmeabgabe in den Abend- und Nachtstunden. Insgesamt bewirkt dies im Gebäudeumfeld einen angenehmen thermischen Komfort. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung, Seite 130
HA 13: Energie effizient nutzen
Um das Stadtklima zu schonen, sollte die anthropogene Wärmelast reduziert werden. Dies kann einerseits durch Reduktion des Energieverbrauchs und andererseits durch Nutzung der anfallenden Abwärme erfolgen. In den klimatisch besonders kritischen Sommermonaten kann eine effiziente Entwärmung einen Beitrag leisten. Je kleiner der Energiebedarf ist und je effizienter die Energienutzung erfolgt, desto kleiner wird der Wärmeanteil, der schliesslich zu einem Entwärmungsbedarf führt. Als umwelt- und energieschonende Alternative zur Kühlung mit Klima-/Kälteanlagen bietet sich Freecooling an, das ohne den Einsatz von Kältemaschinen und daher mit weniger Stromeinsatz auskommt als herkömmliche Kühlkonzepte. Weiterführende Informationen: Fachplanung Hitzeminderung, Seite 132