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«Die Klasse ist sehr lebendig und fordert vom Lehrer und vom Assistenten viel Geduld»

News

Ein Bericht von Eric Adrien Staub / Ende April 2020

18. Mai 2020

Die Schule Letzi ist eine Sekundarschule in Zürich Albisrieden (Kreis 9). Sie umfasst die Sekundarstufe A/B mit 13 Klassen und einer Aufnahmeklasse Oberstufe (AKO). Als QUIMS- Schule* liegt der Fokus unter anderem auf der Integration verschiedener Kulturen und sozialer Schichten. In der Aufnahmeklasse (AKO) werden Schülerinnen und Schüler unterrichtet, die als neuzugezogene Fremdsprachige oder als Geflüchtete seit kurzem in Zürich leben.

Die aktuelle Klasse besteht aus 12 Schülerinnen und Schülern und umfasst die 1. bis 3. Sekundarstufe. Bis zu den Sportferien 2020 besuchten 19 Jugendliche die AKO. Da viele Schülerinnen und Schüler in einer von der AOZ betreuten Liegenschaft in Zürich wohnen, war Schulleiter Aziz Topyürek kurz vor Weihnachten 2019 auf die AOZ zugekommen mit der Frage, ob eine freiwillige Person zur Unterstützung der beiden Lehrkräfte gesucht werden könnte. Die Fachstelle Freiwilligenarbeit konnte rasch einen interessierten Freiwilligen gewinnen. Bereits im Januar 2020 begann Eric Adrien Staub seinen Einsatz als Klassenassistent.

Meine ersten Schritte

Am ersten Treffen im Januar 2020 werde ich vom Schulleiter, Herr Aziz Topyürek, herzlich empfangen. Nach dem Interview führt er mich durch das Labyrinth der Korridore des Schulhauses, um mich dem zuständigen Lehrer der Integrationsklasse bekannt zu machen. Dieser stellt mich der Klasse vor und informiert sie, dass ich ab dem folgenden Montag die Arbeiten der Klasse an drei Vormittagen in der Woche begleiten werde. Er lädt mich ein, ein paar Worte an die Klasse zu richten. Es ist mir wichtig zu sagen, dass ich den gegenseitigen Respekt und das Vertrauen zwischen Schülerinnen und Schüler und mir, unabhängig von Ursprung, Kultur und Religion, als Grundsatz verstehe.

Die Klasse

Aufgrund der verschiedenen Nationalitäten (Afghanistan, Syrien, Thailand, Tunesien, Sri Lanka, Mali usw.) ist die Klasse sehr lebendig und fordert vom Lehrer und vom Assistenten sehr viel Geduld und Verständnis. Zu meiner Freude merke ich rasch, dass die Jugendlichen motiviert sind zum Lernen und die Klasse als Team zu verstehen ist. Manche Jugendliche zeigen eine grosse Bereitschaft, ihre Kolleginnen und Kollegen spontan zu unterstützen. Die Atmosphäre in der Klasse ist meistens sehr gut und die kleinen Ausrutscher sind die Ausnahme.

Ich liebe es, mit einer kleinen Gruppe Übungen zu trainieren, das Lesen von Texten und das Sprachverständnis zu fördern oder die Arbeiten im Informatikzimmer zu begleiten. Meine früheren Erfahrungen als freiwilliger Lehrer in Laos kommen nun zur Anwendung und helfen mir, zielgerichtet und mit der nötigen Disziplin zu arbeiten.

Ein besonderer Schüler

Ein Schüler dieser Integrationsklasse ist Marteen. Mit seinen fast 16 Jahren ist er im Moment der Älteste in der Klasse. Er stammt aus Afghanistan und ist über den Libanon in die Schweiz gekommen. Er ist ein besonderer Jugendlicher, weil er mit seiner Mutter und seinen Schwestern lebt und «de facto» in der Schweiz Chef der Familie sein muss. Es ist nicht bekannt, was mit dem Vater geschehen ist, Marteen redet nicht gern darüber. Man merkt, dass er eine gewisse Maturität besitzt. Er zeigt sich an allem interessiert und redet sehr gern. Er hat ein enormes Bedürfnis, gegenüber den anderen in der Klasse die Rolle des «Chefs» zu übernehmen.

Es zeigt sich, dass diese jungen Leute unsere besondere, volle Aufmerksamkeit, unsere Geduld und unsere Unterstützung brauchen, damit sie sich schnell und kompetent in unserer Gesellschaft integrieren können.

Schliessung des Schulhauses auf Grund der «Covid 19» Pandemie.

Ja, es war ein grosser Schock, am 13. März 2020 über die provisorische Schliessung der Schule zu hören. Es trifft gerade die jungen Leute sehr hart, die die Schule dringend benötigen, um sich in unserem Land rasch integrieren zu können. Es tut mir sehr leid und ich hoffe für alle, dass dieses Pandemie-Trauma schnell zu Ende gehen wird.

Ergänzung der Lehrperson der Aufnahmeklasse anfangs Mai 2020:

Im Fernunterricht lernen die Jugendlichen der AKO mit umfangreichen Dossiers zu Deutsch, Mathematik, Geografie und Bildnerischem Gestalten. Via E-Mail und WhatsApp  werden die Schülerinnen und Schüler gecoacht und mit neuen Materialien beliefert. Zudem werden erste Erfahrungen im Video-Coaching gesammelt. Glücklicherweise konnte man per Mitte März noch Tablets der SBMV ausleihen.

 

*Quims-Schule: Qualität in multikulturellen Schulen