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Wann zur Darmspiegelung?

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Stuhlunregelmässigkeiten sind in der Bevölkerung weit verbreitet und können viele verschiedene Ursachen haben. Proktolog*innen beschäftigen sich mit den Erkrankungen des Enddarms und des Afters. Wir haben den Leiter von Prokto Zürich zu diesem wichtigen Thema befragt

20. Februar 2023

Dr. med. Selim Dinçler
Dr. med. Selim Dinçler Leiter Prokto Zürich

Was macht ein*e Proktolog*in genau?

Ein*e solche*r Chirurg*in befasst sich mit der Proktologie. Zu dieser Lehre zählen alle Erkrankungen des Enddarmes. Zu diesem Darmbereich gehören die letzten 15 cm des Verdauungstrakts sowie der After.


 

 

 

Warum haben so viele Menschen Stuhlunregelmässigkeiten?

Eine gewisse Varianz bezüglich Stuhlgewohnheiten ist durchaus normal und notwendig. Man ist ja nicht in der Lage, zu jedem Zeitpunkt und augenblicklich seinem Stuhldrang Folge zu leisten und auf die Toilette zu gehen. Dazu kommt, dass der Darm ständig äusseren und körpereignen Einflüssen ausgesetzt ist. Zu den äusseren Faktoren gehören zum Beispiel Nahrungsmittel, Bakterien, Viren etc. Körpereigene Einflüsse sind der Gemütszustand, Stress, andere Erkrankungen und vieles mehr. Der Darm muss laufend unterscheiden zwischen verwertbaren Nährstoffen, die aufgenommen werden sollen und beispielsweise Stoffen, die dem Körper schaden könnten und möglichst schnell wieder ausgeschieden werden müssen. Auch deshalb benötigt der Darm eine gewisse Zeitspanne, um darauf reagieren zu können. Treten Stuhlunregelmässigkeiten jedoch neu auf und bleiben über mehrere Wochen bestehen, sollte man der Ursache auf den Grund gehen.

Sind Verstopfungen wirklich so häufig?

Etwa 15% der Bevölkerung leiden an chronischer Verstopfung. Es gibt aber unterschiedliche Auffassungen darüber, wann man verstopft ist. In der Regel ist damit gemeint, dass die Entleerung zu selten, die Konsistenz zu hart und/oder die Menge zu klein ist – alles subjektive Empfindungen. In der Fachliteratur hat man versucht, diese Empfindungen zu standardisieren und in ein allgemein gültiges Raster einzufügen. Das sind die sogenannten Rom-IV-Kriterien. Sie berücksichtigen auch die Dauer der Beschwerden und gehen von einer chronischen Verstopfung aus, wenn diese mindestens drei Monate anhält.

Was sind die Hauptursachen?

Die Ursachen sind mannigfaltig: Von Ernährungsgewohnheiten, über medikamentöse Nebenwirkungen, Systemerkrankungen wie Diabetes, Veränderungen des Gemütszustands bis hin zu pathologischen Veränderungen der Anatomie im kleinen Becken können zahlreiche Faktoren dafür verantwortlich sein. Nicht selten liegt auch eine Kombination verschiedener Ursachen vor.

Was raten Sie den Betroffenen gegen Verstopfung?

Es gilt zu unterscheiden zwischen allgemeinen und speziellen Massnahmen. Letztere zielen direkt auf die Ursache wie beispielsweise ein neu eingesetztes Medikament oder anatomische Hindernisse, die chirurgisch behoben werden. Allgemeine Massnahmen sind die ausreichende Flüssigkeitszufuhr, körperliche Bewegung und faserstoffreiche Ernährung. Reichen diese Massnahmen nicht aus, lohnt es sich, zusätzlich Ballaststoffe wie Flohsamenschalen, Weizenkleie etc. einzusetzen. In den meisten Fällen zeigt sich dadurch eine merkliche Besserung. Wenn nicht, empfehlen wir eine genauere Abklärung.

Wann ist eine Darmspiegelung nötig?

Eine sogenannte Koloskopie ist dann sinnvoll, wenn Stuhlunregelmässigkeiten – sei es Verstopfung, Durchfall oder beides abwechselnd – nicht durch die erwähnten Basismassnahmen behebbar sind. Allerdings ist die Darmspiegelung nur eine von mehreren diagnostischen Möglichkeiten. Deshalb sollte im Vorfeld unbedingt eine genaue Anamnese, also die Erhebung des Beschwerdebilds, durchgeführt werden. Dadurch lassen sich die Folgeuntersuchungen an die vermutete Ursache der Verstopfung gezielt anpassen und unnötige Untersuchungen vermieden.