Der Kopf: Sabine Döbeli

Sabine Döbeli, CEO von Swiss Sustainable Finance, macht die Welt mithilfe der Finanzwirtschaft nachhaltiger.

25. November 2024 –  Was kostet eine nachhaltige Welt? Bei den grossen Fragen kommt man um die Mathematik von Investition und Gewinn nicht herum. Klimafreundliche Technologien seien zu teuer, wird oft vorgerechnet, Menschen würden bei der Abkehr von fossilen Energien ihre Existenzgrundlagen verlieren. Es klafft offensichtlich ein Widerspruch zwischen der Vision und ihrer Rechnung. 

Sabine Döbeli kennt sich in beiden Feldern aus. Die Umweltnaturwissenschafterin und Finanzexpertin sagt: «Ich bin überzeugt, dass gerade die Finanzwirtschaft ein wichtiger Hebel ist, um globale Ziele wie das Pariser Klimaabkommen oder die UNO-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen.»

In der Vermögensverwaltung war sie die Exotin

In ihrer Laufbahn hat Sabine Döbeli mehrmals Neuland betreten. Sie studiert, als die Umweltnaturwissenschaften noch jung sind. Als sie bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) zu arbeiten beginnt, ist die Finanzwelt wiederum eine grüne Wiese für sie. Es sind die 1990er-Jahre, in der Vermögensverwaltung gilt sie als Exotin. Bei der ZKB erarbeitet sie unter anderem den weltweit ersten WWF-zertifizierten Fonds. Später baut sie auch bei der Bank Vontobel das Nachhaltigkeitsmanagement auf.

«Heute ist Sustainable Finance bei allen Organisationen ein unumgängliches Thema», sagt sie. Der Verband Swiss Sustainable Finance (SSF), der dieses Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiert, bereitet Information und Daten auf, fördert Dialoge, engagiert sich für Ausbildungen und bietet sie an. Er erstellt Studien und entwickelt Konzepte, etwa dafür, wie auch Pensionskassen mit an Bord kommen können.  

Grün und sozial investieren

Ihr Sitzungszimmer gibt den Blick frei in den Himmel über den Dächern der Zürcher Altstadt. Als CEO des Verbands Swiss Sustainable Finance (SSF) beschäftigt sie sich mit dem Zusammenhang von Investitionen und ökologisch und sozial nachhaltigen Lösungen. Was braucht es, damit sich diese rechnen? 

Sabine Döbelis Agenda ist dicht getaktet, das Gespräch fokussiert. Nachhaltige Finanzierungen, führt sie aus, «unterstützen die Realwirtschaft beim Wandel und wirken darauf hin, dass sie sich auf die globalen Klimaziele ausrichtet». Sie bezeichnen eine Finanzdienstleistung, die neben finanziellen Vorteilen auch positive soziale und ökologische Ziele erreicht. 

Gemessen wird die Nachhaltigkeit mittels ESG-Kriterien – das Kürzel steht für environmental, social und governance, also Umwelt, Soziales und verantwortliche Unternehmensführung. Döbeli hilft Banken, Vermögensverwaltern und Investoren, solche Aspekte in geeigneter Weise einzubeziehen. Immer hat sie dabei ein Auge auf die just transition, den gerechten Übergang, damit der Strukturwandel möglichst allen Menschen zugutekommt.

«Investitionen, die auch einen sozialen und ökologischen Gewinn anstreben, werden immer wichtiger. Und die Schweiz gehört dabei zur internationalen Spitze.» Sabine Döbeli

Der Verband hat beispielsweise einen Standardfragebogen für Immobilieninvestoren veröffentlicht, damit sie transparenter zu Nachhaltigkeit informieren. Und eine neue SSF-Studie ermittelt die Bedeutung von Impact Investments, eben jenen Investitionen, die auch einen sozialen und ökologischen Gewinn anstreben. Das Fazit: Sie werden immer wichtiger, und die Schweiz gehört dabei zur internationalen Spitze.

Zu den heute 260 Mitgliedern des Verbands gehören Banken, Vermögensverwalter, Versicherungen, Pensionskassen, Universitäten sowie Netzwerkpartner wie die Stadtentwicklung der Stadt Zürich. Auch für die Wirtschaftsförderung der Stadtentwicklung Zürich liefert der Verband Daten und Kennzahlen zum Finanzplatz und setzt sich für den Dialog und den Fachaustausch zum Thema nachhaltige Finanzen mit der Stadt ein. 

«Wir brauchen die innovativen Köpfe»

Die Stärken der Stadt sieht Sabine Döbeli darin, ein günstiges Umfeld für nachhaltige Unternehmen und Start-ups schaffen, die auch wichtige Dienstleistungen in der Finanztechnologie erbringen. «Nachhaltige Finanzen brauchen diese jungen, innovativen Köpfe.»

Rahmenbedingen seien auch global entscheidend. Denn solange fossile Energien subventioniert würden und Umweltschäden wie C02-Emissionen zu wenig kosteten, liessen sich die nachhaltigen Technologien nur schwer durchsetzen. Nachhaltige Lösungen müssten die billigere Variante sein, sagt sie. «Die Innovationen sind da. Aber wir brauchen andere Preise, Regeln und Anreize, damit sie sich schneller lohnen.» 

Der Weg mag noch lang sein, aber er wird sich rechnen, davon ist Sabine Döbeli überzeugt. Zuversichtlich stimmt sie vor allem eines: Die Nachfrage nach erneuerbaren Energien steigt rasant und bereits dieses Jahr wird voraussichtlich doppelt so viel in erneuerbare Energien investiert wie in fossile.

Nina Toepfer