Was hat Zürich, was andere Städte auch gerne hätten?
Die hohe Lebensqualität; deswegen bin ich auch wieder nach Zürich zurückgekehrt. Ich habe über 20 Jahre in Lateinamerika gelebt – in Buenos Aires, Bogotá, Lima, San Salvador oder in México City. In México City mussten wir eineinhalb Stunden Auto fahren, wenn wir ins Grüne wollten. Hier in Zürich sind wir es in fünf Minuten. Und wenn uns Bekannte aus dem Ausland besuchen, dann staunen sie, dass man im See nicht nur baden, sondern das Seewasser sogar trinken kann. Gemeinsam mit der Stadt Zürich unterstützen wir nun südamerikanische Städte wie Cali oder Santa Cruz, damit auch sie ihre Lebensqualität verbessern können; etwa indem wir die Kreislaufwirtschaft fördern und die Bevölkerung unterstützen, den Abfall zu trennen.
Was würden Sie abschaffen?
Den Drang der Menschen in Zürich, alles zu optimieren. Er ist beeindruckend, führt aber zu einer Planungswut. Es scheint, die Menschen müssten auch privat ständig Termine abarbeiten. Es gibt wenig Zeit für spontane Entscheide, und viele Leute scheinen unter Anspannung zu sein. Man wird schon ungeduldig, wenn ein Tram zwei Minuten zu spät kommt. Nimmt man in Mexico City die U-Bahn, muss man manchmal zwei oder drei Züge vorbeifahren lassen, bis einer kommt, in dem es Platz gibt. Und wenn man aussteigen will, kommt man nicht immer bis zur Tür und muss eine Station weiterfahren.
Was ist in Zürich Ihre liebste Tram- oder Bushaltestelle?
Der Bürkliplatz. Hier sehe ich den See und bei schönem Wetter sogar die Alpen. Und ich könnte auch das Schiff nehmen statt des Trams.
Worüber sollten wir abstimmen?
Über die ungeschriebenen Gesetze. «Entschuldigung, Sie haben etwas verloren», heisst es etwa, wenn man etwas nicht entsorgt hat, wie man sollte.
Was würden Sie einem Kind zeigen?
Das grosse Stadtmodell im Haus zum Rech, das die Stadt Zürich um 1800 zeigt. Kinder sehen am Modell, dass Zürich nicht schon immer so ausgesehen hat wie heute. Sie bekommen eine Idee davon, wie sich die Stadt entwickelt hat und auch ein Verständnis für Zeit und Geschichte. Das ist spannend für Kinder – auch wenn meine damals sechsjährige Tochter nicht gleich begeistert davon war wie ich. (jh)