Seit Oktober 2021 werden die Werke der Sammlung Bührle im Chipperfield-Bau des Kunsthaus Zürich als Dauerleihgabe gezeigt. Der Leihvertrag zwischen der Stiftung Sammlung E. G. Bührle und der Zürcher Kunstgesellschaft (Trägerverein des Kunsthaus Zürich) sieht eine feste Vertragsdauer bis Ende 2034 vor. Stadt und Kanton Zürich und die Zürcher Kunstgesellschaft haben im Mai 2023 Prof. Raphael Gross mit einer unabhängigen Überprüfung der bestehenden Provenienzforschung zur Sammlung Bührle beauftragt. Sie folgten damit den Empfehlungen des Runden Tischs, der von ihnen für die Vorbereitung der Evaluation eingesetzt worden war. Die Überprüfung sollte insbesondere klären, ob es substantiierte Hinweise gibt, dass sich unter diesen Werken NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter befinden. Gemäss dem im März 2023 vom Stadtparlament beschlossenen Subventionsvertrag zwischen der Stadt Zürich und der Zürcher Kunstgesellschaft dürfen keine solchen Werke im Kunsthaus gezeigt werden.
Danke an Raphael Gross und sein Expert*innen-Team
Der 167-seitige Ergebnisbericht liegt den Auftraggebenden, der Stiftung Sammlung E. G. Bührle und der Öffentlichkeit seit Ende Juni 2024 vor (Medienmitteilung vom 28. Juni 2024). Die Auftraggebenden, Stadt und Kanton Zürich und die Zürcher Kunstgesellschaft, danken Raphael Gross und seinem Team. Die Auftraggebenden stellen fest, dass sich ein beträchtlicher Teil der Werke der Sammlung Bührle vor dem 2. Weltkrieg in jüdischem Besitz befunden hat. Sie nehmen mit Befriedigung zur Kenntnis, dass der Bericht die hohen Standards würdigt, die sowohl der im März 2023 vorgestellten neuen Provenienzstrategie des Kunsthauses, als auch dem seit Frühling 2023 gültigen neuen Subventionsvertrag zwischen der Stadt Zürich und der Zürcher Kunstgesellschaft zugrunde liegen. Die konsequente Umsetzung dieser Strategie, die systematische Forschung und die proaktive Suche nach fairen und gerechten Lösungen auf dem angezeigten Niveau setzt das Kunsthaus Zürich bereits in seiner eigenen Sammlung um.
Die hohen Standards des Kunsthauses bestätigt
Die Studie von Raphael Gross zeigt, dass dies für die Sammlung Bührle noch nicht zutrifft. Sie anerkennt zwar, dass die Stiftung Sammlung E. G. Bührle viel eigene Forschungsarbeit betrieben hat, und dass diese einen wichtigen Ausgangspunkt für weitere Forschungen bietet. Die neuen, von der Kunstgesellschaft und im Subventionsvertrag festgelegten Standards werden jedoch nicht erfüllt.
Ein wichtiger Schritt hin zu einer zukunftsfähigen Lösung
Die Auftraggebenden sehen sich in der Verantwortung, die im Bericht formulierten Empfehlungen zu analysieren und die weiteren Schritte zu definieren. Es gilt nun, so rasch wie möglich ein geeignetes Vorgehen hin zu zukunftsfähigen Lösungen festzulegen. Dabei steht die weitere Provenienzforschung im Vordergrund. Diese soll als Grundlage für die Beurteilung von Werken als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut und die Findung von fairen und gerechten Lösungen dienen.
Philipp Hildebrand, Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft: «Es ist der selbstverständliche Anspruch der Zürcher Kunstgesellschaft, dass alle im Kunsthaus gezeigten Werke gemäss der im Frühjahr 2023 von uns verabschiedeten eigenen Provenienzstrategie den gleichen hohen Standards genügen.»
Die Empfehlungen im Bericht stellen für die Zürcher Kunstgesellschaft als Betreiberin des Kunsthauses komplexe Herausforderungen dar. Die integrale Umsetzung der Empfehlungen hätte einschneidende und langfristige Auswirkungen auf das Kunsthaus als Leihnehmerin der Sammlung Bührle, die teilweise weit über den aktuell bis 2034 laufenden Dauerleihvertrag hinaus reichen. Zu den Herausforderungen gehört der Umstand, dass die Werke der Stiftung Sammlung E. G. Bührle zwar im Rahmen der Dauerleihgabe im Kunsthaus gezeigt werden, sich aber im Eigentum der Stiftung befinden. Das bedeutet, dass die Regelung von Ansprüchen, die Dritte an Werke der Sammlung stellen könnten, Sache der Stiftung bleibt. Hinzu kommt, dass die weitere, vertiefte Provenienzforschung im Rahmen der Dauerleihgabe einen mehrjährigen Zeithorizont hat und mit hohen Kosten verbunden sein dürfte.
«Der Bericht von Raphael Gross ist ein klarer Auftrag: Es gilt nun, Verantwortung wahrzunehmen und Wege zu finden, damit die nötigen Forschungsanstrengungen rasch in Gang kommen», sagt Regierungsrätin Jacqueline Fehr, Vorsteherin der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich.
Dialog mit der Stiftung Sammlung E. G. Bührle
In Anbetracht der anspruchsvollen Ausgangslage ist es angezeigt, dass die Zürcher Kunstgesellschaft, in Absprache mit Stadt und Kanton Zürich, gemeinsam mit der Stiftung Sammlung E. G. Bührle gute Lösungen findet. Die Bereitschaft der Stiftung ist bestätigt, erste weiterführende Gespräche finden nach der Sommerpause statt. Die Zürcher Kunstgesellschaft will die Öffentlichkeit informieren, sobald Ergebnisse aus diesen Gesprächen vorliegen.
Stadtpräsidentin Corine Mauch: «In der Diskussion um den richtigen Umgang mit der Sammlung Bührle im Kunsthaus sind wir dank dem von uns in Auftrag gegebenen Bericht von Prof. Raphael Gross einen wichtigen Schritt weiter. Ich danke allen, namentlich auch den Mitgliedern des Runden Tischs, die dazu beigetragen haben.»
Das Kunsthaus setzt seine kuratorischen Anstrengungen fort, einen angemessenen Umgang mit den Werken der Dauerleihgabe zu finden.
(Gemeinsame Medienmitteilung von Stadt und Kanton Zürich und der Zürcher Kunstgesellschaft)