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Vorlage im Detail

Vorlage 1: Gegenvorschlag des Gemeinderats zur Volksinitiative «Sportstadt Züri»

Ausgangslage

Volksinitiative «Sportstadt Züri»

Am 12. September 2017 reichte die Partei der Arbeit (PdA) die Volksinitiative «Sportstadt Züri» ein.

Initiativtext:

«Die Gemeindeordnung der Stadt Zürich wird ergänzt mit folgendem Artikel 2novies:

Art. 2novies

Die Stadt Zürich setzt sich aktiv für die Förderung des Sports und für die Erhöhung des Anteils der bewegungsaktiven Bevölkerung in allen Alterskategorien ein und gewährt möglichst allen Menschen Zugang zum Sport. Besonders gefördert wird die sportliche Aktivität von Menschen mit kleinem Einkommen.

2 Der Zugang zu den städtischen Sport- und Badeanlagen ist kostenlos. Von Einzelpersonen und Familien wird für die Benutzung der Sport- und Badeanlagen der Stadt Zürich kein Eintritt verlangt. Nichtgewinnorientierte Sportorganisationen mit Sitz in der Stadt Zürich, deren Einnahmen unter 100 000 Franken im Jahr liegen, zahlen zu sportlichen Zwecken keine Benutzungsgebühren in städtischen Sport- und Badeanlagen. Bei den wenigen Sportorganisationen mit Einnahmen ab 100 000 Franken werden stufenweise Gebühren erhoben, die ihrer Finanzkraft Rechnung tragen. Die Gebührenreglemente sind entsprechend anzupassen.»

Begründung Initiative:

«Das Anliegen der Volksinitiative ist es, den Zugang zum Sport auch Menschen mit kleinem Portemonnaie zu ermöglichen. Insbesondere unter Personen mit tiefer Bildung und tiefem Einkommen sowie mit Migrationshintergrund gibt es viele, die sich nicht sportlich betätigen. Die Eintrittspreise und Gebühren sollen in Zukunft kein Grund mehr sein, auf sportliche Aktivitäten verzichten zu müssen. So wird gezielt auch die Gesundheit der arbeitenden und erwerbslosen Menschen gefördert. Daneben sollen Sportvereine mit beschränkten finanziellen Mitteln entlastet werden. Die Kosten für die Benutzung von Sportanlagen machen für die Sportvereine rund zehn Prozent ihrer Ausgaben aus. Sportvereine fördern und ermöglichen die soziale Teilhabe und die gesellschaftliche Integration insbesondere von Jugendlichen. Sie nehmen so eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe wahr, die durch die Initiative unterstützt und gefördert wird.»

Position Stadtrat und Gemeinderat

Der Stadtrat lehnte die Initiative ab. Der Gemeinderat lehnte die Initiative ebenfalls ab, entschied sich jedoch dafür, einen Gegenvorschlag auszuarbeiten. Daraufhin hat das Initiativkomitee die Initiative zugunsten des Gegenvorschlags zurückgezogen, sodass die Stimmberechtigten nun nur über letzteren abstimmen.

Gegenvorschlag des Gemeinderats

Text Gegenvorschlag:

«AS 101.100

Die Gemeindeordnung wird wie folgt geändert:

Art. 2novies

1 Die Stadt setzt sich aktiv für die Förderung des Sports und für die Erhöhung des Anteils der bewegungsaktiven Bevölkerung in allen Alterskategorien ein und gewährt möglichst allen Menschen Zugang zum Sport.

2 Besonders gefördert wird die sportliche Aktivität von Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen.

3 Der Eintritt in die von der Stadt betriebenen Freibäder ist für alle Badegäste unentgeltlich.

4 Der Eintritt in die übrigen von der Stadt betriebenen Sport- und Badeanlagen ist für in der Stadt Zürich wohnhafte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 20 Jahre sowie für in der Stadt Zürich wohnhafte Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen unentgeltlich.

5 Die Benutzung der von der Stadt betriebenen Sport- und Badeanlagen durch städtische Sportvereine und andere städtische Sportorganisationen zu nicht kommerziellen Zwecken ist unentgeltlich.

6 Für besondere Nutzungen können Gebühren erhoben werden, namentlich für die Benutzung des Stadions Letzigrund.»

Begründung Gegenvorschlag:

«Mehr Bewegung, Sport und Lebensqualität in Zürich. Dank kostenlosem Eintritt in Bäder und Sportanlagen sollte gemäss der Initiative «Sportstadt Züri» eine bewegungsfreundliche Umgebung gefördert und Sport allen zugänglich gemacht werden. Eine Mehrheit des Gemeinderats findet diese Ziele sinnvoll, die Initiative schoss jedoch über ihr Ziel hinaus. Aus diesem Grund hat die vorberatende Kommission einen Gegenvorschlag ausgearbeitet. Dieser ermöglicht es allen Stadtzürcherinnen und Stadtzürchern, unabhängig von ihren finanziellen Mitteln Sport zu treiben. Mit dem Gegenvorschlag wird der Eintritt in die Freibäder für alle aufgehoben. Für die übrigen Sport- und Badeanlagen wird der Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 20 Jahre sowie für Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen aus der Stadt Zürich kostenlos. Zudem wird Stadtzürcher Sportvereinen neu keine Gebühr für die Benutzung der von der Stadt betriebenen Sport- und Badeanlagen mehr auferlegt. Davon profitiert die gesamte Bevölkerung, insbesondere Familien mit Kindern, Jugendliche sowie die Sportvereine in der Stadt Zürich.

Der Gemeinderat greift im Gegenvorschlag das Anliegen der Initiative auf, Sport allen Stadtzürcherinnen und Stadtzürchern unabhängig von ihren finanziellen Mitteln zu ermöglichen. Die städtischen Sport- und Badeanlagen in der Stadt Zürich werden heute bereits zwischen 62 und 84 Prozent durch städtische Mittel finanziert. Die Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher wenden dennoch jährlich über neun Millionen Franken für den Eintritt in die Bäder oder Sportanlagen auf. Dies belastet insbesondere die Budgets von Familien, Jugendlichen und Personen mit wenig Einkommen. Neu soll der Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 20 Jahre sowie für Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen in alle von der Stadt Zürich betriebenen Bäder- und Sportanlagen kostenlos werden. Ebenso soll den Sportvereinen aus der Stadt Zürich die Benutzungsgebühr von Sport- und Badeanlagen erlassen werden.

Die Sportvereine und -organisationen in der Stadt Zürich leisten einen wichtigen Beitrag zur Förderung sportlicher Aktivität, stärken den sozialen Zusammenhalt und fördern die gesellschaftliche Integration. Ein grosser Teil dieser Vereinsarbeit wird ehrenamtlich und durch freiwilliges Engagement geleistet. Indem die Vereine künftig für die Nutzung von städtischen Sport- und Badeanlagen keine Gebühren mehr bezahlen müssen, werden sie finanziell entlastet und ihre Arbeit wird erleichtert. Davon profitiert ein grosser Teil der Bevölkerung: Von den Stadtzürcher Kindern und Jugendlichen sind über die Hälfte in einem Sportverein aktiv, bei den Erwachsenen sind es rund ein Fünftel.

In Zürich sind einzelne Bäder wie das Männerbad, der Obere und Untere Letten, das Flussbad Au-Höngg oder das Bad am Katzensee bereits kostenlos zugänglich. Mit dem gemeinderätlichen Gegenvorschlag können die Stimmberechtigten darüber entscheiden, ob der kostenlose Eintritt auf alle von der Stadt Zürich betriebenen Freibäder ausgedehnt wird und ob der Zugang zu sportlichen Aktivitäten für alle möglichst niederschwellig gehalten wird, indem Sportvereinen, Kindern, Jugendlichen und Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen die Eintrittsgebühren für die Nutzung von Bade- und Sportanlagen erlassen wird.

Die Mehrheit des Gemeinderats empfiehlt, den Gegenvorschlag anzunehmen.»

Standpunkt des Stadtrats

Der Stadtrat lehnt den Gegenvorschlag ab. Das Hauptanliegen ist grösstenteils schon erfüllt, indem die bestehenden sportpolitischen Grundlagen und die Sportförderungspraxis der Stadt schon heute darauf ausgerichtet sind, allen Personen Zugang zu Sport und Bewegung zu verschaffen und die lebenslange sportliche Betätigung der gesamten Bevölkerung zu fördern. Zudem funktioniert das bestehende System der Eintrittspreise und Gebühren seit Jahren sehr gut und ist breit akzeptiert.

Schon zahlreiche kostenlose und vergünstigte Sportangebote vorhanden

Die Stadt bietet schon heute zahlreiche kostenlose und stark subventionierte Sportangebote an. Dies insbesondere für Sportarten, die auch von sportlich Inaktiven ab und zu ausgeübt werden. So gibt es beispielsweise bereits heute fünf Gratisbäder. Zahlreiche Laufstrecken und Garderoben sowie ein grosses Netz von Wanderwegen und Velorouten können ebenfalls gratis genutzt werden. Auch Rasenfelder und Aussenplätze von Sportanlagen stehen der Bevölkerung ausserhalb des Trainingsbetriebs der Sportvereine gratis zur Verfügung. Ein besonderer Fokus bei den Gratisangeboten und der vergünstigten Nutzung liegt dabei auf Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen. So können Jugendgruppen von städtischen Sportvereinen alle von der Stadt betriebenen Sport- und Badeanlagen gebührenfrei nutzen. Und die Benutzung durch alle weiteren Trainingsgruppen städtischer Sportorganisationen ist bis zu gut 90 Prozent subventioniert. In der Stadt wohnhafte Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen können eine KulturLegi beantragen, mit der sie 50 Prozent Rabatt auf Eintritte in die von der Stadt betriebenen Hallen- und Freibäder, Kunsteisbahnen und Tennisanlagen sowie für freiwillige Schulsportkurse erhalten.

Geforderte Massnahmen sind ungeeignet

Die geforderten Massnahmen sind im Hinblick auf ein Hauptanliegen des Gegenvorschlags – die Förderung der sportlichen Aktivität von Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen – ungeeignet. Obwohl es unter den wenigen Personen der Stadtzürcher Bevölkerung, die sich als Nichtsportlerinnen oder -sportler bezeichnen, überdurchschnittlich viele mit tiefem Einkommen gibt, machen gemäss Erhebungen weitaus die meisten davon nicht finanzielle Gründe für ihre sportliche Inaktivität geltend. Vielmehr sind fehlende Zeit, zu hohe Arbeitsbelastung beziehungsweise zu müde für Sport, gesundheitliche Gründe oder mangelnde Lust beziehungsweise fehlender Spass der Grund dafür. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass der Gratiszugang zu den Sport- und Badeanlagen zu einer deutlich erhöhten sportlichen Aktivität von Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen führt. Es würde sich somit um eine ineffiziente Sportförderungsmassnahme handeln. Spezifische Förderungsmassnahmen sind besser geeignet, um dieses Ziel zu erreichen. Zudem hat die Anzahl Nichtsportlerinnen und -sportler in der Stadt seit 2014 um fast zehn Prozent abgenommen. Der Gratiszugang zu den jetzt schon sehr stark genutzten Freibädern könnte unerwünschte Folgen mit sich bringen. Ein solcher Gratiseintritt könnte insbesondere vermehrt auswärtige Personen anziehen, die ansonsten nicht zum Schwimmen ins Bad kommen würden. Dieser Badetourismus könnte die bereits sehr stark ausgelasteten Freibäder überlasten. Es müssten allenfalls Zugangsbeschränkungen eingeführt werden, was ein grosser Nachteil für die Stadtzürcher Badegäste wäre.

Zusätzliche Kosten von jährlich 15 Millionen Franken sind nicht vertretbar

Das neue System führt zu Mindereinnahmen, da die Eintritte für die von der Stadt betriebenen Freibäder ganz und jene für alle anderen von ihr betriebenen Sport- und Badeanlagen teilweise wegfallen. Es entstehen aber auch zusätzliche Kosten. Durch den Gratiseintritt in die Freibäder ist mit deutlich mehr Besuchenden zu rechnen. Damit die Freibäder diese zusätzlichen Gäste bewältigen können, fallen voraussichtlich jährlich zusätzlich rund drei Millionen Franken an Personal- und Sachkosten an. Zudem sind einmalige Investitionskosten von geschätzt rund einer Million Franken notwendig, damit ein neues Eintritts- und Zählsystem installiert werden kann. Weiter müssten die rund 75 000 in der Stadt wohnhaften unter 20-Jährigen, die von den Gebühren für die von der Stadt betriebenen Sport- und Badeanlagen befreit sind, ermittelt werden. Da es keinen Wohnsitzausweis gibt, müsste voraussichtlich eine Registrierungspflicht eingeführt und alle Berechtigten müssten mit einem entsprechenden Ausweis versorgt werden. Dies würde weitere Kosten von geschätzt rund 0,8 Millionen Franken pro Jahr verursachen. Die zusätzlichen Aufwände und die fehlenden Einnahmen aus den Eintritten und Benutzungsgebühren würden die Stadt voraussichtlich insgesamt rund 15 Millionen Franken pro Jahr kosten. Diese Kosten könnten vor dem Hintergrund der aktuellen finanziellen Lage der Stadt aufgrund der mittel- und langfristigen Folgen der Corona-Pandemie nicht einfach ersetzt werden. Folglich müsste ein erheblicher Sparauftrag umgesetzt werden, der die bisherige, erfolgreiche und zielgerichtete Sportförderung massgeblich beeinträchtigen könnte, beispielsweise die Kürzung von Beiträgen an Sportvereine oder die Reduktion des Angebots im freiwilligen Schulsport.

Minderheitsstandpunkt der FDP-, SVP- und GLP-Fraktionen sowie der Parlamentsgruppe EVP

Zürich tut viel für den Sport

Die Stadtzürcher Bevölkerung ist im nationalen Vergleich sportlich überdurchschnittlich aktiv. Mitunter ein Grund dafür ist wohl das breit ausgebaute und niederschwellige Sportangebot. Die Eintrittspreise der rund 300 Sport- und Badeanlagen werden zu über 75 Prozent subventioniert beziehungsweise verbilligt. Ein Einzeleintritt ins Hallenbad City für eine erwachsene Person kostet acht Franken und wird für Sozialhilfeempfangende, Asylbewerbende und Geringverdienende nochmals halbiert. Ausserdem unterhält die Stadt fünf Gratisbäder. Im Rahmen des freiwilligen Schulsports wird den Jugendlichen ein vielfältiges Sportangebot zur Verfügung gestellt. Zahlreiche frei zugängliche Pausenplätze mit Sportinstallationen, Freiräume, wie zum Beispiel grosse Flächen am See- und Limmatufer, Züri-Fit-Anlagen und Vita-Parcours können gratis genutzt werden. Die Sportvereine erhalten von der Stadt für jedes jugendliche Mitglied eine grosszügige Unterstützung.

Unverhältnismässige Forderung

In einer breit angelegten Umfrage zum Sportverhalten der Stadtbevölkerung (Studie «Sport in der Stadt Zürich 2014») wurden die wenigen Zürcherinnen und Zürcher, die sich selbst als unsportlich deklarierten, nach den Gründen ihrer sportlichen Inaktivität gefragt. Gründe wie zum Beispiel fehlende Zeit, mangelnde Lust oder der Gesundheitszustand machten rund 99 Prozent der Antworten aus. Nur gerade 1 Prozent der Nichtsportlerinnen und -sportler machten eine finanzielle Ursache für ihre sportliche Inaktivität geltend. Um diese geringe Zahl an Nichtsportlerinnen und -sportlern eventuell zur Bewegung zu animieren, sollen nun gemäss Gegenvorschlag die Eintrittspreise für «in der Stadt Zürich wohnhafte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 20 Jahre sowie Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen» gratis werden. Dies bewirkt zusammen mit den Einnahmeausfällen und Mehrkosten für den Gratiseintritt in die Freibäder einen jährlichen Verlust von rund 15 Millionen Franken: ein hoher Betrag, der in keinem vernünftigen Verhältnis zum angeblichen Problem steht.

Dichtestress in den Freibädern

Der vom Gegenvorschlag ebenfalls geforderte unentgeltliche Zutritt zu allen Freibädern, selbst für nicht in der Stadt Zürich wohnhafte Leute, wird den Druck auf die bereits randvollen Anlagen noch zusätzlich steigern. Es muss deshalb bezweifelt werden, dass aufgrund des sich abzeichnenden Dichtestresses tatsächlich neue Sportinteressierte in die «Badis» gelockt werden.

Finanzpolitische Verantwortungslosigkeit

Aufgrund der Corona-Krise rechnet der Stadtrat damit, dass in den nächsten Jahren mehrere hundert Millionen Franken in der Staatskasse fehlen werden. Nicht zuletzt in Anbetracht dieser Tatsache ist die Forderung der linken Parteien im Gemeinderat von zusätzlich rund 15 Millionen Franken jährlich wiederkehrenden Ausgaben grobfahrlässig und zeugt von einer finanzpolitischen Verantwortungslosigkeit. Der Stadtrat lehnt diese Vorlage ebenfalls ab.

Antrag

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