Weil der Lärmschutz vom Bund gesetzlich festgeschrieben und die Frist zur Sanierung von lauten Strassen seit vier Jahren abgelaufen ist, hat der Stadtrat im Juli einen Grundsatzentscheid gefällt. In einer dritten Etappe der Strassenlärmsanierung sollen nun auch Strassen verkehrsberuhigt werden, auf denen der öffentliche Verkehr rollt. Denn bei den ersten beiden Etappen waren vor allem kleinere Strassen berücksichtigt worden. Von den 140 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die in Gebäuden mit Überschreitung der Immissionsgrenzwerte leben, wurden damit nur 35 000 entlastet - ein unbefriedigendes Ergebnis. Die dritte Etappe der Sanierung soll nun für das Gros der Lärmgeplagten eine Entlastung bringen.
Zusätzlich 150 Kilometer Strasse mit Tempo 30
Unter Federführung des Sicherheitsdepartements von Stadträtin Karin Rykart wurde in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Departementen (Gesundheits- und Umweltdepartement, Tiefbau- und Entsorgungsdepartement und Departement der Industriellen Betriebe) ein Gesamtkonzept für diese dritte Etappe der Strassenlärmsanierung erarbeitet. Das Konzept enthält einen konkreten Geschwindigkeitsplan. Dieser sieht auf vielen Strassen Zürichs die Einführung von Tempo 30 vor. Zu den bisher 37 Kilometern Strasse, auf denen aus Lärmschutzgründen Tempo 30 eingeführt wurde, sind im Konzept weitere 150 Kilometer mit Tempo 30 vorgesehen. Wenn einmal alle Geschwindigkeitsreduktionen des Konzepts umgesetzt sind, werden rund 48 000 Personen am Tag und 95 000 Personen in der Nacht von einer deutlichen Lärmreduktion profitieren. Auf dem Plan ist für jede Strasse in der Stadt ablesbar, welches Temporegime beabsichtigt ist. Grundsätzlich gilt auf den Hauptachsen in die Stadt hinein und aus der Stadt hinaus weiterhin Tempo 50. Dort, wo die Besiedlung dicht und die Lärmbelastung an einer Strasse gross ist, soll aber Tempo 30 angeordnet werden oder Tempo 30 nachts. Auf Strecken, die für den ÖV besonders wichtig sind, werden von der Strasse unabhängige Fahrbahnen geprüft, was ermöglicht, dass der ÖV schneller fährt als der motorisierte Individualverkehr. Bevor auf einer Strasse eine Temporeduktion angeordnet wird, prüft die Stadt für jede Strecke mit einem Gutachten die Verhältnismässigkeit der Massnahme. Zur Prüfung gehört auch die Frage, ob durch die Geschwindigkeitsreduktion eine Diffusion des Verkehrs von den Transitachsen in die Quartiere stattfindet. Alle bisherigen Prüfungen verneinen dies.
Lebensqualität in der Stadt steigt
Ende November hat das Zürcher Stimmvolk den Kommunalen Richtplan Verkehr angenommen und damit den Entscheid des Stadtrates gestützt: Zürich soll mit der Einführung von Tempo 30 leiser werden. Das wird sich positiv auf die Gesundheit jener auswirken, die an verkehrsreicher Lage wohnen. Zudem wird es mit Tempo 30 weniger Unfälle geben und weniger Verletzte. Tempo 30 verbessert mit anderen Worten die Lebensqualität in der Stadt. Auch für die Stadtentwicklung ist die Lärmreduktion von Bedeutung: An lärmigen Strassen können heute kaum mehr Wohnungen gebaut werden. Die bei mehreren Überbauungen vorliegenden Baubewilligungen wurden jüngst von den Gerichten wieder aufgehoben, weil die Lärmgrenzwerte nicht eingehalten werden können.
Die mit Tempo 30 herbeigeführten Verbesserungen haben einen Preis. Dort, wo der öffentliche Verkehr von einer Temporeduktion tangiert ist und auch nicht auf eine eigene Fahrbahn verlegt werden kann, entstehen Mehrkosten. Der Stadtrat hat, bis zur Klärung der Frage, ob der ZVV für die Mehrkosten aufkommen muss, für die Fahrplanperiode 2022/2023 die erforderliche Überbrückungsfinanzierung sichergestellt.