Selbsterfahrung Alter – ein Weg zu mehr Empathie
Um erfolgreich mit anderen zu kommunizieren, um Empathie zu empfinden, ist es nützlich, die Welt aus dem Blickwinkel dieser Menschen zu betrachten. Das ist seit langem bekannt. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer einfach. Vor allem, wenn diese Menschen sich in einer Lebensphase befinden, die man selbst noch nie erlebt hat, z. B. hohes Alter. Dies ist einer der Gründe, warum die Methode der Alterssimulation erfunden wurde.
Zeitreise ins Alter
Alterssimulation lässt verschiedene Einschränkungen des Alters am eigenen Körper spüren, z. B. Einschränkungen des Sehens und Hörens, das Erlebnis geringer werdender Kraft und Ausdauer. Seit über 30 Jahren wird diese Methode in der Aus- und Weiterbildung von Pflegefachpersonen, Ärzten und freiwilligen Betreuungspersonen eingesetzt. Alterssimulation ist eine Methode des erfahrungsbasierten Lernens nach John Dewey.
Effektives Lernen = Aktive Auseinandersetzung mit konkreten Erlebnissen
Dewey (1859 – 1952) war ein US-amerikanischer Philosoph und Pädagoge. Er vertrat die Auffassung, dass eine aktive Auseinandersetzung mit konkreten Erlebnissen zu einem besseren Lernergebnis führt. Wissen könne nicht objektiv vermittelt werden, sondern solle von jedem Einzelnen durch Selbsterfahrung individuell erarbeitet werden.
Genau darum geht es, wenn Teilnehmende mit einem Altersanzug in die Welt betagter Personen eintauchen. Sie können dabei Erfahrungen sammeln aus einer ihnen noch unbekannten Welt, die für viele betagte Menschen aber Realität ist. Sie können erleben, wie Alltagsaktivitäten, z.B. das Zuknöpfen einer Bluse zu Herausforderungen werden. Sie spüren die Frustration, wenn das Aufstehen aus einem Sessel mühsam wird. Und sie erleben, wie Altersschwerhörigkeit Gefühle der Isolation auslösen kann.
Der Erfolg der Alterssimulation ist empirisch belegt
Eine aktuelle Auswertung von 17 wissenschaftlichen Untersuchungen zur Methode der Alterssimulation kam zu folgendem Ergebnis: Die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer*innen bezeichnete die Selbsterfahrung des Alters als sehr nützlich und äusserte, dass es ihren Blickwinkel auf ältere Menschen verändert habe. Teilnehmer*innen-Stimmen von SGZ-Workshops bestätigen dieses Ergebnis.
Teilnehmer*innen-Stimmen
- «Alles wird schwieriger, mühsamer, man fühlt sich schwerfällig und unsicher. Jetzt habe ich noch mehr Verständnis dafür.»
- «Ich werde mich in Zukunft weniger über Bewohner*innen aufregen.»
- «Jetzt kann ich mir gut vorstellen, warum sich einige ältere Bewohner*innen in ihre Räume zurückziehen oder auch in ihre Welt: Sie fühlen sich aufgrund ihrer körperlichen Einschränkungen isoliert bzw. erschöpft und das wiegt stärker als ein Interesse, am Geschehen um einen herum aktiv teilzunehmen.»
- «Ich werde jetzt mit Sicherheit mehr Verständnis und Geduld für Ältere aufbringen, die sich unsicher fühlen, langsamer agieren oder aus Sicht Jüngerer ungeschickt handeln.»
Dr. rer.oec. Gundolf Meyer-Hentschel, Swiss Age Explorer Institute GmbH