Das 2007 eröffnete Stadion Letzigrund in Zürich-Altstetten hat gleich vier Aufgaben zu erfüllen: Trainings- und Austragungsort für den Breitensport, Schauplatz von Sportevents wie «Weltklasse Zürich», Konzertbühne und – verknüpft mit dem Schicksal des Projekts Hardtum – nationale und internationale Fussballspiele. Auf dieses komplexes Raumprogramm reagierten die Architekt*innen mit Einfachheit. Schlicht und nur sieben Meter hoch erhebt sich das radiale Bauwerk knapp über Strassenniveau. Im Innern hat das Stadion eine überraschende Tiefe. Durch seine extrem offene Struktur geniessen Athlet*innen und Fussballer*innen sowie das Publikum ungeahnte Ausblicke auf die Stadt.
Als 1925 das erste Stadion im Letzigrund eröffnet wurde, lag es noch ausserhalb der Stadt auf der grünen Wiese, in Sichtweite des Arbeiterquartiers Aussersihl. Heute ist es längst Teil der Stadt und von Wohnsiedlungen und Gewerbearealen umgeben. Das Gebiet Letzi rund um das Stadion ist eine Art Übergangszone zwischen den Quartieren Aussersihl und Altstetten. Das Stadion Letzigrund bildet einen wichtigen Identifikationspunkt für das Quartier und die Stadt.
Das neue Stadion bringt trotz seiner Grösse die vielfältigen Nutzungen wie internationale und nationale Fussballspiele, Leichtathletik-Meetings und Konzertveranstaltungen in Einklang, ohne überdimensioniert zu wirken. Es bietet bei Open-Air-Konzerten Platz für rund 50 000 Zuschauende und ist ausgelegt auf rund 25 000 Zuschauende bei Fussballspielen oder Leichtathletik-Meetings. Hinter den Kulissen gibt es zahlreiche Infrastrukturen für die Nutzung durch den Breitensport.
Architektonisch ist das Letzigrund anders als die meisten Grossstadien kein hoher, geschlossener Monolith. Dem Prinzip Öffentlichkeit wurde viel mehr Wert beigemessen. Das rundumlaufende Tribünendach wirkt leicht, zurückhaltend und elegant. Hinter der einfachen und eindrücklichen Form verbirgt sich jedoch ein hoch komplexer Entwurf. Das Gleichgewicht zwischen Masse und Leere entsteht aus einem fein austarierten Kompromiss zwischen Ästhetik und Statik. Die durch die gewählten Materialien und Farben erzeugte warme Atmosphäre inspiriert sich an den benachbarten Schlachthof und Siedlung Hardau. Die Scheinwerfermasten verlängern die Geometrie der Stützen und ragen «wie die Stempel einer Blume» (Zitat: Architekt Eraldo Consolascio) in die Höhe. Das Stadion Letzigrund war bei seiner Eröffnung Zürichs populärster Neubau seit vielen Jahren. Seine klar und leicht wirkende Architektur überzeugt: schon lange vor der Fertigstellung schloss die Bevölkerung das neue Stadion ins Herz.
Zum Entscheid für einen Ersatzneubau kam es im Sommer 2004. Den Verantwortlichen wurde klar, dass das «Stadion Zürich» auf dem Hardturm-Areal nicht mehr rechtzeitig zur EURO 2008 fertig werden konnte, selbst wenn der letzte Gerichtsentscheid positiv ausfallen würde. Enttäuschung und Zorn machte sich breit bei allen, die sich auf die Spiele gefreut hatten. In dieser aussichtslos erscheinenden Situation brachten die politisch Verantwortlichen eine ebenso mutige wie elegante Lösung in die Diskussion ein: die vorzeitige Erstellung des Stadion Letzigrund für die EURO 2008 und die bauliche Anpassung des Projekts an die besonderen Anforderungen der Europameisterschaft. Dass der Bau innert kürzester Zeit beschlossen, geplant und realisiert wurde, machte die verloren geglaubte Teilnahme an der EURO 2008 möglich. Es gab dem Zürcher Stadionstreit eine unerwartete, positive Wende: das Wunder von Zürich.
- Bauherrschaft Stadt Zürich
- Eigentümervertretung Immobilien Stadt Zürich
- Bauherrenvertretung Amt für Hochbauten
- Nutzende Stadt Zürich, Sportamt
- Totalunternehmung Implenia Generalunternehmung AG, Dietlikon
- Architektur Bétrix & Consolascio Architekten, Zürich;
Frei & Ehrensperger Architekten, Zürich - Bauingenieurwesen Walt + Galmarini AG, Zürich
- Auszeichnungen Schweizer Stahlbaupreis Prix Acier 2007 und European Steel Design Award 2009
- Erstellungskosten CHF 110 Mio.
- Bauzeit 2005 – 2007