«Wir sind dauernd gefordert»
Die stillen Helferinnen und Helfer im Hindergrund: Im Stadtspital Waid und Triemli gibt es viele Fachpersonen, die Top-Leistungen erbringen, die von der Öffentlichkeit oft zu wenig wahrgenommen werden. Was wäre ein Spital ohne Laboranalysen – speziell in der Corona-Pandemie! Wir geben allen Biomedizinischen Analytikerinnen eine Stimme.
Wegen der Corona-Pandemie ist die Labormedizin ins Zentrum gerückt. Wie hat sich ihr Alltag verändert?
Wir führen im Institut für Labormedizin sehr viele verschiedene Analysen durch, aber nur eine einzige mehrere hundert Mal am Tag: den PCR-Test für SARS-CoV-2. Zuerst wurden die Proben durch unsere internen Mitarbeitenden analysiert. Doch seit August 2020 haben wir schrittweise ein eigenes Team temporär dafür angestellt. Da parallel dazu die «normalen» Laboranalysen weiterlaufen, zum Teil auf denselben Geräten, müssen wir den Einsatz sehr gut koordinieren.
Zwischendurch erschweren uns die unsichere Verfügbarkeit von Plastikwaren und Reagenzien sowie der Ansturm auf Tests vor den Ferien das Leben. Im letzten Jahr ist aber auch eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fachbereichen im Labor entstanden: Alle helfen mit, die zusätzliche Belastung zu bewältigen. Das finde ich sehr positiv!
Welche verschiedenen Tätigkeiten führen Sie aus?
Ich liebe meinen Beruf. Seit 15 Jahren arbeite ich schon in der Labormedizin am Triemli, durfte mich weiterentwickeln und werde immer wieder aufs Neue herausgefordert. Ich bin heute Gruppenleiterin, Ausbildnerin und Qualitätsmanagement-Beauftragte im Fachbereich Klinische Chemie und Spezialanalytik. Aktuell betreue ich zusammen mit meiner Vorgesetzten auch das Labor im Corona Testcenter auf dem Kasernenareal.
Sie haben mit Schnell- und PCR-Tests zu tun, um das Virus SARS-CoV-2 aufzuspüren. Wie erklären Sie einem Laien die Unterschiede?
Um den Unterschied zu verstehen, muss man wissen, dass ein Virus ein Erbgut hat. Dieses sogenannte Genom ist der Bauplan für das Virus selber, dass aus verschiedenen Protein-Bestandteilen besteht. Gewisse Proteine an der Oberfläche des Virus können wir mit einem Antigen-Test nachweisen, beispielsweise auch mit SARS-CoV-2-Schnelltests. Diese Tests sind sehr spezifisch: ein positives Testresultat ist in der Regel wirklich positiv. Aber es braucht sehr viele Viren in der Probe, um ein sichtbares Resultat zu bekommen. Dies bedeutet, dass bei tiefem Virusbefall der Test falsch negativ sein kann. Diese Tests haben also eine eher tiefe Sensitivität.
Und PCR?
Im Gegensatz dazu weisen wir mit dem PCR-Test direkt das Erbgut des Virus nach. Das funktioniert so, dass man mit hochspezifischen Reagenzien einen kleinen Teil des Virusgenoms millionenfach kopiert und damit sichtbar macht. Hier genügen bereits wenige Viren in der Probe, um sie zuverlässig zu entlarven. Die PCR-Technik erreicht eine Spezifität und Sensitivität von beinahe 100%. Aber Achtung: Wir sagen damit nur aus, dass wir virales Erbgut in einer Probe gefunden haben und nicht, ob der Patient oder die Patientin auch noch ansteckend ist!
Welche Bereiche in der Labormedizin werden von der Bevölkerung unterschätzt?
Wir Biomedizinischen Analytikerinnen und Analytiker (BMA) sind wichtige Mitspieler im Gesundheitswesen, die sehr stark im Hintergrund agieren. Laboranalysen sind nicht nur in der Pandemie essenziell, um Diagnosen zu stellen und Therapien zu überwachen. Hinter jedem Laborresultat steht ein spezialisiertes Team von BMAs und ein ausgeklügeltes Qualitätsmanagement-System, um die Richtigkeit unserer Resultate zu garantieren. Ohne gut ausgebildetes Fachpersonal hätten wir nicht mit der erlebten Flexibilität auf die teilweise täglich ändernden Strategien der Behörden reagieren können. Wir arbeiten im Schichtbetrieb und garantieren unseren Service von Montag bis Sonntag während 24 Stunden. Damit auch um 3 Uhr morgens Notfälle gut diagnostiziert werden können! Es wäre schön, wenn mit dem Internationalen Tag der Biomedizinischen Analytik unsere Leistung zukünftig ein bekannteres Gesicht und mehr Bedeutung bekommen würde. 2021 haben wir diesen Welttag erst kürzlich am 15. April gefeiert.
Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Pandemie besiegt sein wird?
Aufgrund der grossen Belastung, die wir teilweise erlebt haben, hat sich bei uns eine gewisse Ironie eingestellt und wir sprechen manchmal von einer «FUNdemie». Ich bin unglaublich stolz auf das, was wir als Labor im letzten Jahr alles geleistet haben. Dennoch freue ich mich darauf, nach der Pandemie nicht mehr konstant für die verschiedenen Corona-Teams im Einsatzmodus zu sein sowie nicht mehr so viele Dienstpläne schreiben, im Akkord neue Konzepte umsetzen und neues Fachpersonal einstellen zu müssen. Privat kann ich es kaum erwarten, dass mein Sohn irgendwann seine Grosseltern in den Niederlanden und Papua-Neuguinea kennen lernen darf.