Strategie «Stadtraum und Mobilität 2040»
Zürich zählt zu den Städten mit der höchsten Lebensqualität weltweit und ist gleichermassen ein attraktiver Wohn- und Wirtschaftsstandort. Auch bei wachsender Bevölkerung und zunehmender Zahl an Arbeitsplätzen soll dies so bleiben. Dabei spielen der Stadtraum und die Mobilität eine zentrale Rolle. Die neue Strategie «Stadtraum und Mobilität 2040» setzt die Grundlagen für ansprechende öffentliche Räume und eine umweltschonende, effiziente Mobilität in einer lebenswerten und klimaneutralen Stadt.
Viele Ansprüche an Stadtraum und Mobilität
Der Stadtraum muss heute eine Vielzahl unterschiedlicher Bedürfnisse erfüllen: Er soll attraktive Aufenthaltsorte bieten, Freizeit-, Sport- und Erholungsmöglichkeiten schaffen, mit Begrünung zu einem guten Stadtklima beitragen und eine gute Verkehrsinfrastruktur für die Bevölkerung und das Gewerbe bereitstellen. Mit dem Klimawandel, dem kontinuierlichen Bevölkerungswachstum und der zunehmenden Zahl an Arbeitsplätzen steigen die Anforderungen an den begrenzten Stadtraum und die Mobilität weiter an. Die Strategie «Stadtraum und Mobilität 2040» nimmt sich dieser Herausforderungen an und definiert Leitplanken, wie Stadtraum und Mobilität weiterentwickelt werden sollen, damit Zürich lebenswert bleibt und klimaneutral wird.
Das folgende Video erklärt die zentralen Elemente der Strategie:
Lebenswert bleiben. Klimaneutral werden.
Damit Zürich die hohe Lebensqualität der Stadt bewahren und verbessern kann sowie gleichzeitig das Ziel der Klimaneutralität erreicht, dem es sich mit dem Netto-Null-Ziel verpflichtet hat, muss der begrenzte Stadtraum qualitätsvoll nach innen weiterentwickelt werden. Die folgenden sechs Leitsätze beschreiben die Ziele der Strategie für Stadtraum und Mobilität, die für die Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt erreicht werden sollen:
Das tun wir dafür
Um die vielfältigen, wachsenden Ansprüche umzusetzen und die dafür nötigen Flächen freizuspielen, muss der Strassenraum neu aufgeteilt werden. Heute ist der Strassenraum vorrangig dem Autoverkehr zugeschrieben. In einer lebenswerten Stadt soll der Strassenraum jedoch sowohl für die umweltschonende Fortbewegung als auch für Aufenthalt und Begegnung genutzt werden können. Um diese Ziele zu erreichen, verfolgen Politik und Verwaltung bei der Transformation von Stadtraum und Mobilität acht Strategische Ansätze:
Wir
- fördern Quartierzentren und stärken Stadtachsen durch belebte Erdgeschosszonen,
- schaffen sichere Räume zum Verweilen, Spielen und Begegnen sowie für (sozio)kulturelle Nutzungen,
- entlasten Quartiere vom motorisierten Individualverkehr mittels Verkehrslenkung und -steuerung und Tieftemporegime,
- fördern die Attraktivität für den Fuss- und den Veloverkehr sowie den ÖV,
- fördern die Nahversorgung und stellen eine gute Ver- und Entsorgung sicher.
Wir
- erhöhen den Anteil des Fuss- und Veloverkehrs sowie des ÖV und priorisieren die effizienten Verkehrsmittel im Stadtraum,
- bauen die blau-grüne Infrastruktur im und unter dem Stadtraum aus,
- geben geeignete Strassenräume fix oder temporär für gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Nutzungen frei,
- nutzen den Raum effizient durch verträgliche Überlagerung von Nutzungen (Koexistenzprinzip).
Wir
- erfragen aktiv die Bedürfnisse und Anforderungen der Nutzenden sowie von Anwohnenden und Gewerbetreibenden an Räume, die wir temporär oder dauerhaft umgestalten oder umwidmen,
- ermöglichen Veränderung, Aneignung, temporäre Nutzungen und Experimente im Stadtraum,
- kooperieren mit Grundeigentümer*innen für schöne und klimatisch angenehme Stadträume,
- kommunizieren regelmässig und allgemein verständlich über die angestrebten Ziele und Wirkungen der Strategie.
Wir
- schaffen in allen Quartieren vernetzte, zu Fuss erreichbare Freiräume mit hoher Aufenthaltsqualität,
- schöpfen ungenutzte Freiraumpotenziale aus wie z. B. öffentlich zugängliche Dächer oder Innenhöfe,
- machen bisher nicht oder monofunktional genutzte Stadträume für die Allgemeinheit zugänglich und nutzbar wie z. B. Strassen, Parkplätze oder Brachen,
- regen zu Spiel, Sport und Bewegung an.
Wir
- erhöhen den Anteil entsiegelter und begrünter Flächen im Stadtraum (Strassen, Plätze, Fassaden und Dächer),
- gestalten und vernetzen Grünflächen so, dass der hohe Biodiversitätsindex erhalten bleibt,
- pflanzen neue, standortgerechte Bäume,
- schützen und erneuern natürliche Klangräume.
Wir
- denken Stadträume von Fassade zu Fassade und koordinieren die Gestaltung des öffentlichen und des privaten Grunds,
- wertschätzen vorhandene Qualitäten und gestalten Stadträume lesbar und quartiertypisch,
- gestalten und möblieren nachhaltig und hitzemindernd,
- orientieren die Erdgeschosse und Vorzonen an Stadtachsen und in Quartierzentren zum öffentlichen Raum hin,
- fördern die Klang- und Luftqualität.
Wir
- verbessern die Infrastruktur und werben für aktive Mobilität,
- setzen marktwirtschaftliche Instrumente zur Verkehrslenkung ein (Bewirtschaftung),
- sichern und verbessern das Angebot sowie die Betriebsstabilität des ÖV,
- fördern alternative, umweltschonende Antriebsformen,
- reduzieren den MIV und fördern autoarmes und autofreies Wohnen,
- vermeiden graue Energie.
Wir
- betreiben Mobilitäts- und Verkehrsmanagement,
- entwickeln ein innovatives, schweizweit vernetztes City-Logistikkonzept,
- scheiden Raum aus für notwendigen Verkehr für Logistik und Gewerbe, inkl. Anlieferung,
- kooperieren im Metropolitanraum sowie mit Kanton und mit Agglomerationsgemeinden,
- nutzen die Digitalisierung für effiziente Mobilität und bauen die Mobilitätsdienstleistungen aus,
- fördern Sharing-Angebote sowie Multi- und Intermodalität bei ÖV, Fuss- und Veloverkehr sowie motorisiertem Individualverkehr.
Mitwirkung der Bevölkerung
Während der Strategieentwicklung führte das Tiefbauamt 2021 einen breit angelegten Mitwirkungsprozess durch, um die Bedürfnisse der Bevölkerung hinsichtlich Stadtraum und die Mobilität zu ermitteln und in die strategische Ausrichtung einzubeziehen. An einer Online-Befragung nahmen 1200 Personen teil, während aus einer spielerischen Partizipation in mehreren Quartieren 800 Rückmeldungen eingingen. Zusätzlich fanden für Vertreter*innen von Organisationen und Unternehmen Veranstaltungen statt.
Zentrale Anliegen waren der Klimaschutz und die Förderung von umweltschonenden Mobilitätsformen. Die gewünschten Massnahmen umfassten vor allem mehr Grünflächen und Schatten sowie eine Reduzierung des Autoverkehrs in den Quartieren. Die Stadträume sollen zum Verweilen einladen. Zudem wünschte sich die Bevölkerung bei der Gestaltung von Räumen verstärkt mitreden können. Alle Resultate und weitere Informationen finden Sie hier.
Weiterentwicklung bisheriger Strategien
Die Strategie «Stadtraum und Mobilität 2040» baut auf den Strategien «Stadträume Zürich» (2006) und «Stadtverkehr 2025» (2012) auf, entwickelt diese weiter und löst sie ab. Damit werden die Bereiche Stadtraum und Mobilität erstmals gemeinsam in einer ganzheitlichen Strategie vorangetrieben. Stadtraum und Mobilität sind eng verflochten und durch die Verzahnung in einer Strategie können die Wechselwirkungen und Synergien zwischen beiden Bereichen besser genutzt und ausgeschöpft werden.
Da die neue Strategie auf den bisherigen Strategien fusst, beginnt die Stadt bei der Umsetzung nicht bei Null. Die Ziele für Stadtraum und Mobilität sind bereits heute in vielen umgesetzten Projekten sichtbar. Ein Beispiel ist die Heinrichstrasse, die mit zusätzlichen Bäumen, Sitzbänken, mehr Platz für Fuss- und Veloverkehr sowie grosszügig entsiegelten Flächen zukunftsweisend für die quartier- und klimaangepasste Neugestaltung des Strassenraums ist.
Ein weiteres aktuelles Beispiel ist das temporär gestaltete Papierwerd-Areal beim Globusprovisorium. Hier wurden im Mai 2024 Parkplätze aufgehoben, der Boden entsiegelt, provisorische Bäume sowie verschiedene Sitzmöglichkeiten platziert. Dadurch entstand ein neuer Freiraum direkt an der Limmat, der der Bevölkerung zugutekommt.
Die beiden Velovorzugsrouten in der Basler- und Bullingerstrasse sowie der Mühlebach- und Zollikerstrasse sind ein Vorzeigebeispiel für umweltschonende Mobilität. Schrittweise soll mit breiten Velostreifen, Tempo 30 und Vortrittsberechtigung ein sicheres Netz von Velovorzugsrouten mit einer Gesamtlänge von über 130 km entstehen.
Weitere Informationen
Downloads
Der Flyer bietet eine kompakte Übersicht der Strategie. Die Kurzfassung wendet sich an ein interessiertes Publikum, das sich vertieft in die Strategie einlesen möchte, während sich die Langfassung an das Fachpublikum richtet. Im Massnahmenband werden alle Massnahmen detailliert offengelegt.
Fragen und Antworten
Wichtige Grundlagen und Vorgaben – planerisch und gesetzlich – sind etwa die regionale und kommunale Richtplanung, das Netto-Null-Ziel der Stadt oder beispielsweise die Lärmschutzverordnung. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Grundlagen wie zum Beispiel die Fachplanung Hitzeminderung.
Auch die Entscheide der Bevölkerung verpflichten die Stadt zu den Zielen der neuen Strategie:
Städteinitiative 2011 (Volksinitiative «Zur Förderung des ÖV, Fuss- und Veloverkehrs in der Stadt Zürich»): 52,4 % Ja-Stimmen, Entscheid in Stichfrage gegen Gegenvorschlag 50,6 % Ja-Stimmen
Initiative «Sichere Velorouten für Zürich» 2020: 70,5 % Ja-Stimmen
Velotunnel 2021: 74,1 % Ja-Stimmen
Kommunaler Richtplan Verkehr 2021: 57,4 % Ja-Stimmen
Kommunaler Richtplan SLÖBA 2021: 61,2 % Ja-Stimmen
Klimaschutzziel Netto-Null 2040 2022: 74,9 % Ja-Stimmen
Direkter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Stadtgrün» 2023: 68,3 % Ja-Stimmen
Unter Stadtraum versteht man den Raum von Fassade zu Fassade. Details und eine Abbildung dazu sind in der Langfassung der Strategie im Kapitel 2.4.2 aufgeführt.
Innenentwicklung bezieht sich auf die Entwicklung und Verbesserung bereits bestehender städtischer Flächen und Strukturen innerhalb der Stadt, anstatt neue Flächen am Stadtrand zu erschliessen. Qualitätsvolle Innenentwicklung bedeutet, die vorhandenen städtischen Räume so zu gestalten, dass sie attraktiv, vielseitig nutzbar und für alle Menschen auch bei einer hohen baulichen Dichte Lebensqualität bieten.
Der Zeithorizont der Strategie ist durch das Netto-Null-Ziel vorgegeben, das bis 2040 erreicht werden soll. Die Massnahmen der Strategie im Bereich Mobilität sind darauf abgestimmt und tragen zur Erreichung dieses Ziels bei. Stadtentwicklung ist jedoch ein kontinuierlicher Prozess, der sich fortlaufend an gesellschaftliche und umweltbezogene Änderungen anpassen muss. Der Klimawandel stellt beispielsweise eine langfristige Herausforderung dar, die auch über 2040 hinaus relevant sein wird. Mit einem Standbericht alle 5 Jahre wird geprüft, ob die Umsetzung auf Kurs ist. Sollte es hier Anpassungsbedarf geben, werden die Massnahmen entsprechend geändert und ergänzen.
Um zu prüfen, ob die Stadt mit den Massnahmen auf Zielkurs ist, werden Erfolgsmessungen durchgeführt. Über Befragungen und Berechnungen werden sieben Wirkungsziele erhoben: die Zufriedenheit der Bevölkerung und des Gewerbes mit den Stadträumen und der Verkehrssituation, die Entwicklung vom Modalsplit, also des Anteils verschiedener Verkehrsmittel am gesamten Personenverkehr, die Länge der durchschnittlichen zurückgelegten Wegdistanzen der Stadtbevölkerung pro Tag, die Baumkronenfläche und die ausgestossenen Treibhausgase im Mobilitätssektor.
Ausserdem wird der Umsetzungsstand der einzelnen Massnahmen geprüft. Ein Dashboard gibt darüber laufend einen Überblick. Alle 2,5 Jahre werden zudem ein Zwischen- und alle 5 Jahre ein Standbericht veröffentlicht.
Durch die laufende Prüfung der Umsetzung der Massnahmen können diese bei Bedarf angepasst oder ergänzt werden, um die angestrebten Ziele zu erreichen.
Der private motorisierte Individualverkehr soll durch Vermeidung und Verlagerung reduziert werden. Einerseits durch ein verändertes Mobilitätsverhalten wie den Umstieg auf den umweltschonenden Fuss-, Velo- und den öffentlichen Verkehr oder eine bessere Nahversorgung, sodass man alles zum Leben Nötige in Gehdistanz erreichen kann. Andererseits soll der verbleibende private Autoverkehr auf die Nordumfahrung verlegt werden, um die Quartiere vom Durchgangsverkehr zu entlasten.
Diese Reduktion des privaten Motorverkehrs stellt keinen Verzicht dar, sondern einen Gewinn für alle. Sie fördert nicht nur eine umweltschonende Mobilität, sondern schafft auch mehr lebenswerte Stadträume und trägt aktiv zur Verbesserung des Stadtklimas bei. Zudem profitieren private Autofahrer*innen und das Gewerbe, die auf das Auto angewiesen sind, von einem reibungsloseren Verkehr bei geringerem Verkehrsaufkommen, wenn nur diejenigen Personen mit dem Auto unterwegs sind, für die es notwendig ist.
Die Strategie sieht vor, den für das Gewerbe benötigten Raum für Logistik und Anlieferung zu verbessern. Dadurch werden Lieferungen einfacher und zuverlässiger, wovon besonders lokale Geschäfte und Dienstleister profitieren. Ausserdem kommt das Gewerbe schneller voran und findet leichter Parkplätze, wenn nur noch der notwendige Autoverkehr durch Zürich rollt. Dies spart Zeit und erhöht die Effizienz ihrer Arbeit.
Kontakt
Verkehr + Stadtraum
Telefon: +41 44 412 27 22