JSOZ: Interview mit David Bruchez-Lalli

«Es ist die schönste Aufgabe, die ich mir vorstellen kann»

Was motiviert Sie persönlich an der Arbeit mit jungen, talentierten Musiker*innen, die noch in der Ausbildung stehen?

Mich begeistert ihre Flexibilität, ihr Wille und ihre Kraft, über sich hinauszuwachsen, sowie die Leidenschaft, mit der sie musizieren. Durch ihre Energie erlebe ich die Werke, die wir spielen, immer wieder aufs Neue, als würde ich sie zum ersten Mal hören. Besonders erfüllt es mich, wenn ich ihnen die Angst vor schwierigen Passagen nehmen kann.

Das JSOZ ist bekannt für seine internationalen Tourneen und Austauschprojekte. Welche Bedeutung hat der kulturelle Austausch für die musikalische Entwicklung des Orchesters?

Die gemeinsamen Reisen bieten den Jugendlichen die einzigartige Gelegenheit, in die Musik, die sie aufführen, tiefer einzutauchen und sich dabei untereinander besser kennenzulernen. Während der langen Fahrten entstehen oft Freundschaften, die ein Leben lang halten. Sie lernen, sich gegenseitig zu unterstützen und sich über gemeinsame Erfolge zu freuen. Für viele ist es die erste Reise in ein fremdes Land, und für die Jüngeren ist es oft eine längere Zeit fern von der Familie. Neben der Musik bleibt auch Raum, die Kultur der besuchten Orte durch geführte Touren zu entdecken, sowie für Erholung und Spass. Diese Erlebnisse sind nicht nur musikalisch, sondern auch persönlich sehr bereichernd.

Drei Mal pro Saison tritt das JSOZ in der Tonhalle Zürich auf, und die Konzerte sind oft ausverkauft. Wie bereitet sich das Orchester auf diese bedeutenden Auftritte vor, und was sind Ihre Ziele für diese Konzerte?

Die Vorbereitung beginnt rund drei Monate vor der Tournee, wenn die Musiker*innen die Noten zur individuellen Vorbereitung erhalten – manchmal auch ergänzende Hilfsmittel wie MIDI-Dateien, z.B. bei komplexen Werken wie Frank Martins «Concerto». Etwa einen Monat vor der Tour starten getrennte Proben für Bläser und Streicher. Zwei bis drei Wochen vor dem ersten Konzert beginnen die gemeinsamen Tutti-Proben, die insgesamt 10 bis 12 Sitzungen umfassen. Erfahrene Musiker aus der Tonhalle übernehmen die Leitung von Registerproben, und gelegentlich wird das Hauptwerk als Ganzes durchgespielt. Die Vorbereitung auf das Weihnachtskonzert umfasst zwei Proben und eine Generalprobe in der Tonhalle. Das Frühlingsprojekt ähnelt in seiner Struktur dem Herbstprojekt, fällt aber oft in die Skiferien.

Welche besonderen Herausforderungen bringt die Arbeit mit einem Jugendorchester mit sich, und wie gehen Sie als Dirigent damit um?

Für viele der jungen Musiker*innen ist es die erste Erfahrung in einem Sinfonieorchester. Sie müssen lernen, wie Instrumente unterschiedlicher Familien zusammen klingen und harmonieren, um ein ausgewogenes Ganzes zu bilden. Man kann es mit einem Chor vergleichen, bei dem alle Instrumentalisten den gleichen «Text» singen müssen – mit klaren «Vokalen» und «Konsonanten». Dieser Lernprozess braucht mehr Zeit als bei Profis. Sobald sie jedoch verstanden haben, dass der Notentext wie ein gesprochener Text ist, kann das Orchester beginnen, eine eigene Interpretation zu entwickeln.

Was bedeutet es für Sie persönlich, Teil der Schweizer Kulturlandschaft zu sein und durch das JSOZ aktiv zur Förderung des musikalischen Nachwuchses beizutragen?

Es ist die schönste Aufgabe, die ich mir vorstellen kann. Ein Orchester ist ein Spiegelbild der Gesellschaft – man muss zuhören, aber auch seine eigene Stimme kraftvoll und begeistert einbringen. Musik lebt von Spannung und Entspannung, genau wie das Leben. Indem wir Musik fördern, tragen wir zur Entwicklung und zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft bei.