Mathematik im Kita-Alltag erlebbar machen
Die Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Phänomenen ist für kleine Kinder wertvoll. Im Alltag der stadteigenen Kitas werden diese anhand von mathematischen Grundstrukturen und Ausprobieren für die Kinder erfahrbar gemacht. So, dass die Kinder spielerisch mit den Themen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, kurz MINT, in Berührung kommen und hoffentlich noch lange daran Freude haben.
Text: Franziska Colpi, Fachfrau Betreuung EFZ und Verantwortliche MINT-Bildungsbereiche im Kinderhaus Artergut
Im Kinderhaus Artergut arbeitet das pädagogische Fachpersonal wie auch in anderen städtischen Kitas mit dem Konzept der offenen Türen. Das heisst, die Kinder dürfen innerhalb einer bestimmten Zeit am Morgen oder Nachmittag selbständig in verschieden eingerichteten Räumen ausserhalb ihrer Stamm-Gruppenräume ihren Interessen nachgehen. Die Räume decken verschiedene Bildungsbereiche sowie unterschiedliche Entwicklungsstufen und Interessen der Kinder ab.
Ein Raum wird mit dem Begriff MINT bezeichnet. Nein, dies steht nicht für die Wandfarbe der Räume, sondern ist die Abkürzung für «Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik». Wie kann MINT verstanden werden, wenn von Kindern im Alter von ca. eineinhalb Jahren bis Kindergarteneintritt gesprochen wird?
Während des Morgenrituals besprechen die Erzieher*innen mit den Kindern, welche Bildungsbereiche geöffnet werden. Werden die Begriffe «Bohnenlabor» oder «Sandlabor» genannt, melden sich sofort Kinder, die in diesen Bereich gehen und forschen möchten. Das Bohnenlabor besteht aus vielen Elementen, denen die Kinder auch in ihrem Alltag zu Hause begegnen. Sogar eine Salatschleuder ist vorhanden, womit die Kinder mit der Fliehkraft experimentieren können. Sofort füllen die Kinder verschieden grosse Gefässe mit Bohnen, die einen von Hand, andere nutzen dazu Werkzeuge wie Löffel und Schöpfkellen.
Die Kinder gehen damit Fragen wie dieser nach: «Wieviel Platz gibt es im Gefäss und was passiert, wenn ich den Inhalt in ein kleineres umfülle?»
Die Kinder sind ins Entdecken vertieft. Ein Kind füllt Bohnen in eine der Waagschalen und beobachtet, was dabei geschieht. Rasch kommt ein anderes Kind dazu und tritt mit ihm in den Austausch.
Teilweise versuchen sich die Kinder mit Worten zu erklären, was passiert ist, oder sie wiederholen den Vorgang, um auf diesem Weg Einsichten zu gewinnen. Ältere Kinder, die sich bereits eine erste Vorstellung von Mengen oder vom Zählen angeeignet haben, geben ihr erworbenes Wissen gern weiter. Es sind erste, wertvolle Begegnungen mit mathematischen Grundstrukturen.
Für die Erzieher*innen ist es wichtig, immer wieder mit den Kindern in den Austausch zu treten, ihre Spielhandlungen verbal zu begleiten und gemeinsam nach Erklärungen zu suchen.
Was passiert? Was nehmen wir wahr? Können wir uns all die Phänomene und Strukturen erklären? Die Freude am Ausprobieren soll im Kita-Alter dabei im Vordergrund stehen.
Handlungen sind wichtig für Einsichten, d.h. Handeln und Verstehen gehen Hand in Hand. Kinder lernen durch taktile Erfahrungen: Etwas anfassen, physisch greifen können ist essentiell, um einen ganzheitlichen Verarbeitungsprozess im Gehirn anzuregen. Bohnen oder auch Sand werden in der Kita als geeignete Materialien erlebt, die Kinder reagieren mit Freude und Interesse darauf, und genau dies möchten die stadteigenen Kitas bei ihnen wecken. Dabei können wir nicht klar sagen, ob es nun die glatte Oberfläche der Bohnen, ihre Farbe oder Form ist, die den Anreiz schaffen, mit ihnen zu experimentieren. Besonders wichtig im Bereich Mathematik ist, dass Fachpersonen sich von der oft starren Vorstellung des Begriffs lösen.
Mathematik ist überall, immer wieder begegnen wir Mathematik im Alltag.
Rasch lernen Kinder andern mit Handzeichen zu vermitteln, wie alt sie sind. Das gemeinsame Tischdecken gibt Aufschluss darüber, was eine kleinere oder grössere Menge ist, oder die Kinder erkennen symmetrische Muster an einem schön gedeckten Tisch. Die Wichtigkeit, bei Kindern wesentliche mathematische Basiskompetenzen zu fördern, die sie in der Regel schon im Vorschulalter erwerben und die sie auf einen erfolgreichen Start in die Welt der Mathematik vorbereiten, ist wissenschaftlich erforscht.
Das Umfeld des Kindes zu Hause bietet ebenfalls unendlich viele spannende Möglichkeiten gemeinsam dem Thema Mathematik zu begegnen. Sei dies mit Sortieren von Knöpfen, im Spiel mit unterschiedlich grossen Aufbewahrungsbehältern, beim Raten von Tramnummern auf dem Kita-Weg, beim Füllen von Gläsern am Tisch oder beim selbständigen Schöpfen. Körpergrösse messen und untereinander Vergleiche ziehen, sich tanzend im Raum bewegen und dabei ein Gefühl für Dimensionen entwickeln – all dies und noch vieles mehr steht für das «M» in MINT.