In der Stadt Zürich gibt es Zeitzeichen, zum Beispiel Hausnamen-Inschriften und Wandbilder, die einen Bezug zu Anti-Schwarzen-Rassismus und Kolonialismus haben. Sie befinden sich mehrheitlich im Niederdorf und sind Teil der Stadtgeschichte. Sie konfrontieren heute aber Direktbetroffene mit bestehendem Rassismus und können der Gesamtbevölkerung eine unhinterfragte Normalität suggerieren.
Für den Stadtrat ist klar: Rassismus darf nicht toleriert werden. Er will, dass solche rassistischen Zeitzeichen im öffentlichen Raum entfernt, aufgearbeitet oder kontextualisiert werden. Damit folgt er den Empfehlungen einer interdisziplinären Projektgruppe, die Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen städtischen Dienstabteilungen, unter anderem Fachpersonen aus der Denkmalpflege oder Mitarbeitende des Stadtarchivs, vereinte. Der Stadtrat hatte die Projektgruppe im Sommer 2020 beauftragt, eine Auslegeordnung zum Thema zu entwickeln (zum Bericht der Projektgruppe). Anlass dazu waren zahlreiche Schreiben aus der Bevölkerung, die einen Aufruf des «Kollektiv Vo. Da.» unterstützten und forderten, drei Inschriften und ein Wandbild mit Bezug zu Anti-Schwarzen-Rassismus und Kolonialismus im Niederdorf zu entfernen.
Entfernung rassistischer Inschriften bei städtischen Liegenschaften
Der Stadtrat will, dass der Umgang mit rassistischen oder anderen problematischen Zeitzeichen im öffentlichen Raum im Einzelfall sorgfältig geprüft wird. Zeigt die Prüfung bei einem Objekt, dass die rassistische oder diskriminierende Wirkung auch durch eine allfällige Kontextualisierung nicht verhindert werden kann, sollen die entsprechenden Zeitzeichen entfernt werden – wo dies in städtischer Zuständigkeit liegt. So sollen zum Beispiel die Hausnamen-Inschriften, die rassistische Begriffe enthalten, bei zwei Liegenschaften in städtischem Besitz entfernt werden: an der Liegenschaft Niederdorfstrasse 29 und an der städtischen Liegenschaft Neumarkt 13. Weiter soll die Bezeichnung auf einer an der Predigergasse 15 angebrachten Plakette angepasst werden.
Bei Objekten und Liegenschaften in privatem Besitz hat die Stadt keine direkten Eingriffsmöglichkeiten. Es gibt keine Rechtsgrundlagen, um private Hauseigentümerschaften zu einem Handeln zu verpflichten. Die Stadt will aber aktiv auf sie zugehen, um sie zu sensibilisieren und einzuladen, im Sinne des öffentlichen Interesses mit dem städtischen Vorgehen gleichzuziehen. Die damit verbundenen Prozesse können durch die Stadt begleitet und unterstützt werden.
Kontextualisierung und Aufarbeitung weiterer Objekte
Es gibt Objekte, die beispielsweise aufgrund ihrer Grösse, ihres historischen Kontexts oder anderer Interessen nicht entfernt werden können oder sollen oder deren Problematik sich erst vor dem Hintergrund historischen Wissens eröffnet. Solche Objekte erfordern eine Aufarbeitung – also beispielsweise eine sichtbare Kontextualisierung, Umgestaltung oder eine künstlerische Erweiterung. Ein Beispiel dafür sind die Darstellungen in der denkmalgeschützten Aula des städtischen Schulhauses Hirschengraben. Die Darstellungen repräsentieren die im 19. Jahrhundert weit verbreitete exotisierende Zurschaustellung «fremder Völker». Der Stadtrat will nun Massnahmen prüfen, damit die Darstellungen nicht als unhinterfragte Normalität stehen bleiben.
Während die Entfernung der Inschriften im Niederdorf voraussichtlich bald realisiert werden kann, ist bei der Aufarbeitung mit einem längeren Prozess zu rechnen, in den auch wissenschaftliche Expertisen sowie Sichtweisen von Betroffenen einbezogen werden sollen. Auf längere Frist angelegt sind auch weitere Massnahmen, die auf eine aktive Auseinandersetzung mit kolonialen Spuren im Stadtraum und in der Stadtgeschichte zielen, beispielsweise eine Ausstellung zur Thematik im Stadthaus. Der Stadtrat möchte gesamtstädtisch ein koordiniertes Vorgehen im Umgang mit der Stadtgeschichte fördern.