Tiefste Zufriedenheit mit dem Wohnungsangebot seit Erhebungsbeginn
Zum ersten Mal seit Beginn der Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich wird das Thema Wohnen neben dem Thema Verkehr als grösstes Problem genannt. Der Anteil der Zufriedenen mit dem Wohnungsangebot lag 1999 noch bei 72 Prozent. 25 Jahre später beträgt dieser Anteil nur noch 19 Prozent. Gruppenunterschiede liegen beim Alter (Ältere sind zufriedener), der Zufriedenheit mit der eigenen Wohnung und bei den Umzugsabsichten vor, nur geringe dagegen beim Einkommen und keine bei der aktuellen Miete. (21. Mai 2024 – Aysel Tellenbach)
Die Stadtzürcher Bevölkerung nannte zum ersten Mal seit Beginn der Bevölkerungsbefragung das Thema Wohnraum neben dem Thema Verkehr als grösstes Problem der Stadt Zürich (Medienmitteilung Dezember 2023). Die Zufriedenheit mit dem Wohnungsangebot hat den tiefsten Wert seit 1999 erreicht. Betrifft diese tiefe Zufriedenheit alle Bevölkerungsgruppen gleichermassen, oder gibt es Personen, die zufriedener sind als andere? In diesem Webartikel wird diese Frage mit den Daten der Bevölkerungsbefragung 2023 eingehender beleuchtet.
Die Zufriedenheit der Zürcher*innen mit dem Wohnungsangebot (Notenskala 4 bis 6) ist in den letzten 25 Jahren von knapp 72 Prozent auf 19 Prozent gesunken. In den Jahren 2005 und 2007 lag die Zufriedenheit über 50 Prozent. Seither ist sie fast stetig gesunken.
In den nächsten Abschnitten wird untersucht, ob es Unterschiede bei der Zufriedenheit mit dem Wohnungsangebot zwischen verschiedenen Personengruppen gibt. Dazu wird die Zufriedenheit der Zürcher*innen mit dem Wohnungsangebot nach verschiedenen Merkmalen gruppiert. Anhand der Konfidenzintervalle wird dann entschieden, ob Unterschiede vorliegen. Wenn sich die Konfidenzintervalle der betrachteten Teilgruppen nicht überschneiden, wird von bestehenden Gruppenunterschieden gesprochen.
Alter und Herkunft: tiefste Zufriedenheit bei Schweizer*innen unter 60 Jahren
Jüngere Schweizer*innen (18- bis 29-Jährige: 14 %, 30- bis 59-Jährige: 15 %) geben im Vergleich zu gleichaltrigen Ausländer*innen (24 % respektive 23 %) eine tiefere Zufriedenheit mit dem Wohnungsangebot an. In diesen beiden Altersgruppen macht die Herkunft einen Unterschied von etwa 10 Prozentpunkten aus. Bei den Befragten der höchsten Altersgruppe (60-Jährige und Ältere) gibt es keine Unterschiede nach Herkunft. Ausländer*innen ab 60 Jahren (31 %) weisen den höchsten Anteil an Zufriedenheit mit dem Wohnungsangebot auf und unterscheiden sich damit deutlich gegenüber den jüngeren Schweizer*innen.
Alter und Einkommen: Einkommen spielt nur eine geringe Rolle
Die tiefste Zufriedenheit ist bei den 30- bis 59-Jährigen (15 %) mit mittlerem Einkommen (60 000 bis 119 000 CHF) zu beobachten. Diese Altersgruppe unterscheidet sich gegenüber den Gleichaltrigen der tiefsten Einkommensklasse (unter 60 000 CHF: 23 %). Bei den Jüngsten (18- bis 29-Jährige) und Ältesten (60 und Ältere) liegen keine Einkommensunterschiede vor. Im Vergleich verzeichnen die Jüngsten in den drei Einkommensklassen mit 16 bis 17 Prozent eine tiefere und die Ältesten mit 23 bis 29 Prozent eine höhere Zufriedenheit mit dem Wohnungsangebot. Zürcher*innen ab 60 Jahren, die über das höchste Haushaltseinkommen (über 119 000 CHF) verfügen, zeigen die höchste Zufriedenheit (29 %) mit dem Wohnungsangebot.
Geschlecht und Herkunft: höchste Zufriedenheit bei ausländischen Frauen
Bei Ausländerinnen liegt die höchste (29 %) und bei Schweizerinnen und Schweizern die tiefste Zufriedenheit (jeweils 17 %) vor. Zwischen Ausländerinnen (29 %) und Ausländern (20 %) besteht ein Geschlechterunterschied bei der Zufriedenheit mit dem Wohnungsangebot, bei Personen mit Schweizer Pass dagegen nicht.
Wohnungsmiete spielt keine Rolle, Zufriedenheit mit der Wohnung oder Umzugsabsicht hingegen schon
Wie hoch die aktuelle Wohnungsmiete ist, macht für die Zufriedenheit mit dem Wohnungsangebot in der Stadt Zürich keinen Unterschied. Alle vier Mietzinsgruppen zeigen tiefe Zufriedenheitswerte zwischen 16 und 21 Prozent und unterscheiden sich untereinander nicht. Bei der individuellen Wohnungssituation sieht es dagegen anders aus: Personen, die sehr zufrieden mit der eigenen Wohnung sind, bewerten das Wohnungsangebot positiver (27 %) als solche, die ihrer Wohnung eine ungenügende Note vergeben (6 %). Ähnlich verhält es sich mit den Umzugsabsichten: Personen ohne eine konkrete Umzugsabsicht in den nächsten zwei Jahren sind zufriedener mit dem Wohnungsangebot in der Stadt Zürich (22 %) als diejenigen, die eine Umzugsabsicht angegeben haben (13 %). Damit liegen sie um 9 Prozentpunkte höher als Befragte mit Umzugsabsicht.
Ältere zufriedener mit aktueller Wohnung als Jüngere
Fast die Hälfte (47 %) der ab 60-Jährigen ist mit der eigenen Wohnung sehr zufrieden. Dagegen ist die Wohnungszufriedenheit der Jüngsten (18- bis 29-Jährige) mit knapp einem Viertel (24 %) nur halb so hoch. Bezüglich der Umzugsabsichten verhält es sich umgekehrt. Fast jede zweite 18- bis 29- jährige Person (45 %) gibt an, konkrete Umzugsabsichten in den nächsten zwei Jahren zu haben. Im Vergleich dazu hat nur jede zehnte Person ab 60 Jahren (12 %) eine konkrete Umzugsabsicht. Nicht jede Person, die mit der aktuellen Wohnung unzufrieden ist, hat konkrete Umzugsabsichten, und nicht jede Person mit Umzugsabsicht ist unzufrieden mit der jetzigen Wohnung, doch mit steigendem Alter sinkt die Umzugsabsicht und steigt die Zufriedenheit mit der aktuellen Wohnung.
Webartikel Zürcher*innen sind zufrieden mit dem ÖV, nicht aber mit dem Velo- und Autoverkehr
Hauptbericht Bevölkerungsbefragung 2023
Quartierberichte Bevölkerungsbefragung 2023
Weitere Auswertungen der Bevölkerungsbefragung
OGD-Daten der Bevölkerungsbefragung
Glossar & Infos zur Methode
Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich
Seit 1999 werden mit der Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich alle zwei Jahre (mit Ausnahme des Jahres 2017) die Bedürfnisse und Anliegen der Stadtbevölkerung erhoben. Bis zum Erhebungsjahr 2015 wurde die Bevölkerungsbefragung mittels telefonischen Interviews (Computer Assisted Telephone Interviews (CATI)) durchgeführt. Seit 2019 wird die Bevölkerungsbefragung im Mixed-Mode Online/Papier durchgeführt.
Gruppenunterschiede
In diesem Webartikel werden einerseits Gruppenunterschiede durch Einfachkreuzungen wie beispielsweise Zufriedenheit mit dem Wohnungsangebot nach Wohnungsmiete betrachtet. Andererseits werden Mehrfachkreuzungen wie zum Beispiel Zufriedenheit mit dem Wohnungsangebot nach Geschlecht und Herkunft dargestellt. Dazu werden Konfidenzintervalle berechnet. Wenn sich die Konfidenzintervalle der betrachteten Teilgruppen nicht überschneiden, wird von bestehenden Gruppenunterschieden gesprochen.
Konfidenzintervall
Bei Befragungen von Stichproben (aus einer Grundgesamtheit) resultieren statistisch bedingte Unsicherheiten. Diese werden in der Bevölkerungsbefragung berechnet und in den Grafiken als «Whisker» dargestellt. Dazu wird jeweils das 95-Prozent-Konfidenzintervall verwendet. Die Unsicherheiten der Auswertungen werden mit Konfidenzintervallen abgeschätzt. Das 95-Prozent-Konfidenzintervall bezeichnet den Bereich, der bei unendlicher Wiederholung eines Zufallsexperiments mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent den wahren Wert der Grundgesamtheit einschliesst. Das Konfidenzintervall wird auch als Vertrauensintervall oder Erwartungsbereich bezeichnet.