Wandel der Pendlermobilität: mehr Zupendelnde, mehr ÖV
Fast zwei Drittel der Menschen, die in Zürich arbeiten, pendeln heute von ausserhalb der Stadt zur Arbeit. Vor 50 Jahren war es genau umgekehrt: In den 1970er-Jahren wohnten mehr als zwei Drittel der Beschäftigten in der Stadt. Die für den Pendelweg eingesetzten Transportmittel haben sich ebenfalls stark verändert: Menschen, die innerhalb der Stadt pendeln, verwenden heute häufiger Tram, Bus und Velo als früher. (16. Juni 2022 – Aline Metzler)
Von den knapp 320 000 Pendelnden, die im Jahr 2020 in Zürich arbeiten, sind knapp zwei Drittel (62 %) sogenannte Zupendelnde. Diese pendeln mit anderen Worten von ihrem Wohnort ausserhalb der Stadt Zürich an ihren Arbeitsort in der Stadt. Die übrigen Personen, die in der Stadt arbeiten (38 %), haben auch ihren Wohnsitz da; sie werden Binnenpendelnde genannt. Weitere rund 52 000 Personen sind Wegpendelnde, sie wohnen also in der Stadt Zürich und pendeln für die Arbeit an einen anderen Ort.
Dies sah vor einigen Jahrzehnten noch ganz anders aus: Im Jahr 1970 bestand die Mehrheit der rund 290 000 Arbeitnehmenden in der Stadt Zürich – rund 69 Prozent – aus Binnenpendelnden. Bis ins Jahr 2000 sank deren Anzahl in der Stadt Zürich kontinuierlich. Dieser Wandel der Pendelstruktur ging einher mit dem allgemeinen Bevölkerungsrückgang in der Stadt Zürich. Daher überrascht es nicht, dass in der gleichen Periode auch die Zahl der Zupendelnden anstieg. Während 1970 erst rund 90 000 Zupendelnde in der Stadt Zürich arbeiteten, verdoppelte sich deren Anzahl bis 2000. Heute zählt die Stadt Zürich etwa 200 000 Zupendelnde. Ähnlich wie die Binnenpendelnden haben auch die Wegpendelnden von 1970 bis 2017 konstant zugenommen. In den letzten Jahren gab es wieder leicht weniger Wegpendelnde.
Grossteil der Zupendelnden aus Nachbarorten von Zürich
Ein Grossteil der zupendelnden Personen in Zürich kommt aus dem Kanton Zürich selbst (67 %), gefolgt von den Kantonen Aargau (13 %), Schwyz (3 %) und St. Gallen (3 %). In den meisten Fällen legen die Zupendelnden keinen weiten Arbeitsweg zurück. Wer von ausserhalb in die Stadt zur Arbeit pendelt, kommt häufig aus den direkt anliegenden Bezirken, insbesondere aus den Bezirken Horgen (10 %), Bülach (10 %), Uster (9 %) und Meilen (8 %). Etwa jede 17. Person kommt aus dem Bezirk Winterthur. Bei den Wegpendelnden sieht es ähnlich aus: Rund 68 Prozent haben ihren Arbeitsort im Kanton Zürich, weitere 10 Prozent im Kanton Aargau und 4 Prozent im Kanton Zug. Jede 25. Person pendelt in den Kanton Bern.
Bei den Binnenpendelnden fällt auf, dass im Schnitt fast jede zehnte Person im gleichen Quartier arbeitet und wohnt. Ansonsten sind bei den Binnenpendelnden die Quartiere im Kreis 1 (15 %) besonders beliebt, gefolgt von den Quartieren Enge (7 %), Altstetten (7 %) und Escher Wyss (7 %).
Witikon pendelt am längsten
Es gibt je nach Pendeltyp grosse Unterschiede in der Pendelzeit. Binnenpendelnde erreichen ihren Arbeitsort am schnellsten: Sie brauchen dafür im Schnitt gerade einmal 29 Minuten. Die Pendelzeit der Wegpendelnden beträgt 46 Minuten. Die Zupendelnden benötigen am meisten Zeit, um zu ihrem Arbeitsort zu gelangen: Sie müssen rund 47 Minuten pro Arbeitsweg in Kauf nehmen. Bei den Binnenpendelnden ist der durchschnittliche Arbeitsweg im Quartier Werd (17 min) und im Kreis 1 (19 min) am kürzesten. Am längsten hingegen müssen Personen aus den Quartieren Witikon (34 min), Wollishofen (33 min), Hirzenbach (33 min) und Affoltern (33 min) pendeln.
Das Auto wird immer weniger beliebt
Bei Zupendelnden war das Auto lange das Haupttransportmittel zur Arbeit. 1970 nutzten es 44 Prozent der Personen als Pendelmittel, 1980 sogar mehr als die Hälfte aller Zupendelnden. Seit den 1980er-Jahren sinkt jedoch die Beliebtheit des Autos als Haupttransportmittel – zugunsten der Bahn, die ab den 1990er-Jahren als Hauptverkehrsmittel dominiert. Im Jahr 2020 nutzt noch etwas mehr als jede vierte Person das Auto, um in die Stadt zur Arbeit zu gelangen. Analog zu den Zupendelnden ist auch bei den Wegpendelnden die Nutzung des Autos stark gesunken. Bei den Binnenpendelnden hat sich die Autofahrt zur Arbeit zwischen 1970 und 2020 sogar gedrittelt.
Das Hauptverkehrsmittel der Binnenpendelnden sind die Zürcher Trams und Busse. Etwa die Hälfte der Personen benutzen sie, um zur Arbeit zu gelangen (50 %), gefolgt vom Velo (20 %). 12 % der Binnenpendelnden gehen zu Fuss zur Arbeit. Insbesondere das Velo hat in den letzten Jahren enorm an Beliebtheit gewonnen. Die Anzahl Personen, die mit dem Velo zur Arbeit fahren, hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. 2020 benutzt mehr als jede fünfte Person in der Stadt das Velo, um arbeiten zu gehen.
Wie die Grafik 4 zeigt, lassen sich im Jahr 2020 auch Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die verwendeten Transportmittel der Pendelnden erkennen. So ist die Bahn – das Haupttransportmittel der meisten Zu- und Wegpendelnden – wieder weniger beliebt geworden. Dies entspricht nicht dem Trend der vorangegangenen Jahre. Dafür wurde das Auto wieder leicht beliebter. Noch stärker sind die Pandemie-Effekte bei den Binnenpendelnden zu beobachten: Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wie Tram, Bus oder Bahn ist um über fünf Prozentpunkte gesunken. Gleichzeitig benützen deutlich mehr Personen das Velo oder gehen zu Fuss.
Glossar
Die Analyse beruht auf den Daten der Strukturerhebung. Es werden nur Personen, welche in der Schweiz wohnen befragt. Zu den Pendelnden zählen Personen mit fixem Arbeitsplatz ausserhalb ihres Wohngebäudes.
Es wird das Pendelverhalten aus der Perspektive der Stadt Zürich betrachtet: Menschen, die innerhalb der Stadtgrenze wohnen und arbeiten, werden als Binnenpendelnde bezeichnet. Personen, die ausserhalb der Stadt wohnen, aber in Zürich arbeiten, sind sogenannte Zupendelnde. Wegpendelnde wohnen in der Stadt Zürich und arbeiten ausserhalb.
Daten
Strukturerhebung (Bundesamt für Statistik, Jahre 2010 bis 2020)
Volkszählung (Bundesamt für Statistik, Jahre 1970 bis 2000)