«Ja, ich will!» Wer wählt welchen Namen bei der Heirat?
21. Januar 2016 - Tina Schmid
Namen sind Teil der persönlichen Identität. Dies zeigt sich etwa darin, dass die meisten Menschen ihren Namen mögen und sich unbewusst zu allem hingezogen fühlen, was sie an ihren Namen erinnert. Bei der Heirat entscheiden sich trotzdem viele Frauen, den Nachnamen des Partners anzunehmen. Dies liegt auch an der Gesetzgebung: Bis im Jahr 2012 ging das Namensrecht vom Vorrang des Mannes aus. Das Führen eines gemeinsamen Familiennamens war zwingend; der Nachname des Ehemannes erhielt automatisch den Status des Familiennamens.
Seit Inkrafttreten des neuen Namensrechts Anfang 2013 können Frauen und Männer frei wählen, ob sie bei der Heirat ihren eignen Namen behalten. Die Wahl eines Familiennamens ist freiwillig.
Die vorliegende Publikation untersucht, wie sich die beschriebene Gesetzesänderung auf die Namenswahl bei der Heirat ausgewirkt hat und welche demographischen Merkmale mit der Namenswahl zusammenhängen.
1980 bis 2012: Frauen nehmen Namen des Mannes immer weniger an
Grafik 1 zeigt die 2014 in Zürich lebenden Ehepaare nach Heiratsjahr und Namenswahl: Tragen die Paare einen gemeinsamen oder unterschiedliche Nachnamen oder führt ein Ehepartner einen Doppelnamen?
Der Anteil der Ehepaare, die einen gemeinsamen Nachnamen führen, ist zwischen 1980 und 2012 – dem Jahr vor der Änderung des Namensrechts – deutlich gesunken. Knapp die Hälfte (48,2 %) der Paare, die sich 2012 das Ja-Wort gaben, entschieden sich für einen gemeinsamen Nachnamen. Bei Paaren mit Heiratsjahr 1980 ist es die grosse Mehrheit (91,0 %).
1987 bis 2002: Doppelnamen im Trend
Zwischen 1980 und 2012 haben zunehmend mehr Frauen einen Doppelnamen gewählt. Dazu zählen einerseits Namen, die sich aus den Familiennamen und dem mit Bindestrich angehängten Ledignamen der Frau zusammensetzen (z. B. Widmer-Schlumpf). Diese Form des Doppelnamens war bis 1987 gewohnheitsrechtlich zulässig, im Gesetz jedoch nicht schriftlich geregelt. Mit der Einführung des neuen Eherechtes im Jahr 1988 wurde andererseits der Doppelname ohne Bindestrich eingeführt, bei dem der Ledigname der Frau dem Familiennamen ohne Bindestrich vorangestellt wird (z. B. Bruderer Wyss). Die zum selben Zeitpunkt eingeführte Wahl des Nachnamens der Frau als Familienname (auf Gesuch) ermöglichte auch Männern das Tragen eines Doppelnamens. Die Gesetzesänderung ist in der Grafik 1 mit einer vertikalen Linie gekennzeichnet. Die Grafik verdeutlicht: Der Anteil der Frauen mit Doppelnamen stieg zwischen 1987 und 1988 sprunghaft von 8,2 auf 16,3 Prozent. Bis 2002 erhöhte er sich weiter bis auf über 27,5 Prozent, danach sank er wieder. 2012 wählte noch gut eine von fünf Frauen (20,8 %) einen Doppelnamen.
Auch Männer, die im ersten Jahr nach der Einführung des neuen Eherechts (1988) geheiratet haben, führen häufiger Doppelnamen (1987: 1,6 %, 1988: 2,6 %). Der Effekt war jedoch nicht von Dauer; in den darauffolgenden Jahren lagen die Anteile mit wenigen Ausnahmen unter 2 Prozent. Erst ab dem Heiratsjahr 2000 lagen die Anteile stabil über 2 Prozent, seit 2003 über 3 Prozent.
Unterschiedliche Nachnamen vor 2013 – wie ist das möglich?
Grafik 1 zeigt auch, dass der Anteil der Paare mit unterschiedlichen Namen seit 1980 kontinuierlich zugenommen hat (1980: 3,8 %, 2012: 27,4 %). Bis 2013 liess das Namensrecht keine unterschiedlichen Nachnamen der Eheleute zu. Wie also ist dieser Befund erklärbar? Erstens können Eheleute mit ausländischer Herkunft ihre Nachnamen auf der Grundlage des Namensrechts des ausländischen Ehepartners wählen. Diese Regelung wurde seit 1980 offensichtlich immer öfter für die Wahl unterschiedlicher Nachnamen genutzt. Zweitens hatten Eheleute ab 2013 die Möglichkeit, ihren Nachnamen rückwirkend dem neuen Namensrecht anzupassen – Doppelnamen konnten somit durch den Ledignamen ersetzt werden.
Neues Namensrecht 2013: Anstieg unterschiedlicher und gleicher Nachnamen
Mit der Einführung des neuen Namensrechts 2013 ist die Wahl eines Doppelnamens nach Schweizer Recht nicht mehr möglich. Die neue Gesetzgebung geht davon aus, dass Mann und Frau bei der Heirat grundsätzlich ihre eigenen Namen behalten. Sie können einen gemeinsamen Familiennamen tragen, wenn sie dies wollen, müssen aber nicht. Auch diese Gesetzesänderung ist in der Grafik 1 mit einer vertikalen Linie eingezeichnet.
Mit der Gesetzesänderung ist der Anteil der Ehepaare mit unterschiedlichen Namen deutlich von 27,4 auf 41,7 Prozent gestiegen. Gleichzeitig hat der Anteil der Paare, die denselben Nachnamen wählen, von 48,2 auf 54,1 Prozent im Jahr 2013 bzw. 54,4 Prozent im Jahr 2014 zugenommen. Dies muss nicht zwingend der Name des Mannes sein. Knapp 7 Prozent der Paare mit gleichem Nachnamen tragen gemeinsam den Ledignamen der Frau.
Junge Frauen nehmen Namen des Ehemannes am häufigsten an
Knapp die Hälfte der Frauen, die 2013 oder 2014 heirateten, haben den Nachnamen ihres Mannes angenommen (49,5 %). Grafik 2 zeigt die Namenswahl nach Alter von Braut und Bräutigam. Je jünger die Brautleute sind, desto eher nimmt die Frau den Namen des Mannes an. Sind Mann und Frau zwischen 18 und 24 Jahren alt, nehmen 70,1 Prozent der Frauen den Nachnamen ihres Ehemannes an. Von den Ehepaaren, bei denen Mann und Frau bei der Heirat zwischen 30 und 34 Jahre alt sind, entscheiden sich 52,0 Prozent für den Namen des Mannes, 39,4 Prozent behalten ihre eigenen Nachnamen. 3,4 Prozent wählen dagegen den Namen der Frau als gemeinsamen Familiennamen. Am häufigsten behalten Männer und Frauen, die bei der Eheschliessung über 45 Jahre alt sind, ihren Namen (64,0 %). Nur gut ein Viertel dieser Ehefrauen nimmt den Namen des Mannes an (27,6 %).
Dass Paare mit zunehmendem Alter öfter ihre eigenen Namen behalten, dürfte einerseits an der zunehmenden Identifikation mit dem Geburtsnamen über den Lebensverlauf liegen. Andrerseits sind Paare, die im mittleren Alter heiraten, oft besser gebildet als junge Ehepaare – und gut gebildete Frauen tendieren bei der Heirat eher dazu, ihren Ledignamen zu behalten (Noack und Wiik 2008, Noordewier et al. 2010). Nicht vom Alter abhängig scheint die Annahme des Nachnamens der Frau durch den Mann zu sein.
Ausländer nehmen häufiger den Nachnamen ihrer Schweizer Ehefrau an
Lediglich 3,7 Prozent der Männer übernehmen den Nachnamen der Frau. Deutlich höher ist dieser Anteil mit 7,8 Prozent bei ausländischen Männern, die eine Schweizerin heiraten. Männer aus den Balkanstaaten nehmen den Namen ihrer Schweizer Ehefrauen am häufigsten an (12,3 %, Grafik 3). Auch Männer aus Asien/Ozeanien (12,2 %), Amerika (9,2 %) und Afrika (6,3 %) nehmen überdurchschnittlich oft den Namen ihrer Schweizer Ehefrau an. Die Namenswahl auf dem Standesamt scheint somit auch von der gesellschaftlichen Bewertung der Nachnamen geprägt zu sein – schliesslich ist bekannt, dass Personen mit ausländisch klingenden Nachnamen bei der Stellen- oder Wohnungssuche benachteiligt sind (z. B. Fibbi et al. 2006). Der Effekt zeigt sich auch bei Frauen aus spezifischen Herkunftsregionen (Grafik 4). So nehmen Frauen aus dem Balkan, die einen Schweizer heiraten, ebenfalls überdurchschnittlich oft den Nachnamen ihres Ehemannes an (75,3 %). Dies gilt auch für Frauen aus Osteuropa (75,4 %) und Afrika (65,2 %).
Namensrecht
Das Namensrecht hat in der hier betrachteten Zeitperiode von 1980 bis 2012 zwei grosse Änderungen erfahren. Zwischen 1980 und 1987 musste die Ehefrau zwingend den Nachnamen des Ehemannes annehmen. Es war jedoch gewohnheitsrechtlich zulässig, den Ledignamen der Ehefrau mit Bindestrich anzuhängen. Mit der Einführung des neuen Eherechts 1988 änderte auch das Namensrecht. Zwar galt noch immer der Vorrang des Mannes sowie ein Zwang zum gemeinsamen Familiennamen. Frauen und Männer konnten nun aber offiziell einen Doppelnamen tragen, indem sie ihren Ledignamen dem Familiennamen voranstellten. Auf Gesuch hin konnte der Name der Frau als Familienname gewählt werden. Mit der Einführung des neuen Namensrechts im Jahr 2013 wurde die vollständige Gleichstellung der Eheleute realisiert. Frauen und Männer können heute frei wählen, ob sie bei der Heirat ihre eigenen Namen behalten. Die Wahl einer der beiden Nachnamen als Familienname ist freiwillig. Doppelnamen gibt es keine mehr.
Paare, von denen mindestens ein Partner aus dem Ausland stammt, können ihren Nachnamen seit jeher auch auf der Grundlage des Namensrechts des Herkunftslandes des ausländischen Partners fällen.
Daten
Die Auswertungen basieren auf dem Bevölkerungsregister 2013 und 2014 der Stadt Zürich. In die Auswertung flossen Ehepaare ein, die Ende 2013 oder 2014 in einem gemeinsamen Haushalt in der Stadt Zürich gelebt haben und zwischen 1980 und 2014 geheiratet haben.
Ländereinteilung
Mittel-, Nord- und Westeuropa: Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden, Belgien, Frankreich, Grossbritannien, Irland, Luxemburg, Monaco, Niederlande, Deutschland, Liechtenstein, Polen, Schweiz, Slowakei, Tschechische Republik, Ungarn, Österreich
Osteuropa: Belarus, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Moldawien, Rumänien, Russland, Ukraine
Südeuropa: Griechenland, Italien, Malta, Türkei, Zypern
Balkanstaaten: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Slowenien
Literaturquellen
Fibbi, R., Lerch, M., & Wanner, P. (2006). Unemployment and discrimination against youth of immigrant origin in Switzerland: when the name makes the difference. Journal of International Migration and Integration/Revue de l'integration et de la migration internationale, 7(3), 351-366.
Noack, T., & Wiik, K. A. (2008). Women’s choice of surname upon marriage in Norway. Journal of Marriage and Family, 70(2), 507-518.
Noordewier, M. K., Horen, F. V., Ruys, K. I., & Stapel, D. A. (2010). What's in a Name? 361.708 Euros: The Effects of Marital Name Change. Basic and Applied Social Psychology, 32(1), 17-25.