Vom Bauprojekt zur Baustatistik: So funktioniert unser Gebäude- und Wohnungsregister
Zürich ist die einzige Stadt der Schweiz, die ein vom Bundesamt für Statistik (BFS) anerkanntes Register über Gebäude und Wohnungen führt. In diesem Beitrag erklären wir Ihnen, wie die Gebäude- und Wohnungsdaten erhoben werden, bei Statistik Stadt Zürich ins System gelangen und verarbeitet werden.
Woher weiss man, wie viele Wohnungen und Gebäude es in der Stadt gibt und wem diese gehören, wie viele Wohnungen im letzten Jahr leer standen oder wie viele Häuser sich gerade im Bau befinden? All diese Informationen werden im Gebäude- und Wohnungsregister der Stadt Zürich (GWZ) hinterlegt und laufend gepflegt. Doch vom Zeitpunkt der Baueingabe bis zur öffentlichen Baustatistik ist es ein langer Weg.
Was ist das GWZ?
Statistik Stadt Zürich (SSZ) führt gemäss Art. 7 Bst. d des Stadtratsbeschlusses über die Departementsgliederung und -aufgaben (STRB DGA) das Gebäude- und Wohnungsregister der Stadt Zürich (GWZ). Dieses bildet die Datenbasis für die gesetzlich vorgesehenen Datenlieferungen zuhanden des Bundesamtes für Statistik (BFS), welches das eidgenössische Gebäude- und Wohnungsregister (GWR) führt.
Das GWZ ist ein stadtinternes Instrument zur Unterstützung der Stadtverwaltung bei der Gewinnung wichtiger Steuerungsinformationen zur Bautätigkeit. Nebst SSZ nutzen auch andere Dienstabteilungen wie das Bevölkerungsamt (BVA), das Amt für Städtebau (AfS) oder Schutz und Rettung (SRZ) die Daten aus dem GWZ. Für die Öffentlichkeit sichtbar sind die GWZ-Daten etwa im 3D-Stadtmodell der Stadt Zürich.
Im Jahr 2021 wurde in der Stadt Zürich das in die Jahre gekommene «GWZ 1.0» durch das «GWZ 2.0» abgelöst. Die neue Version hat nicht nur eine verbesserte Datenqualität, sondern ist auch im Unterhalt deutlich weniger aufwändig. Zudem entspricht sie den neuen Vorschriften des BFS mit höheren Qualitätsanforderungen und zusätzlichen Informationen zu Energieträgern und Energiebezugsfläche.
1. Vom Baugesuch ins GWZ
Am Anfang jedes Neubauprojektes steht die Baueingabe der Bauherrschaft oder der Architekt*innen beim Amt für Baubewilligungen der Stadt Zürich (AfB). Wird die Baubewilligung erteilt, meldet uns dies das AfB automatisch und schickt die betreffenden Informationen aus dem Baugesuch elektronisch. Unser Datenmanagement-Team prüft diese Meldungen täglich und pflegt die Informationen in das GWZ ein.
Zum Zeitpunkt der Baubewilligung befinden sich aber noch relativ wenig Informationen in unserer Datenbank. Gemeldet werden neben der Adresse des Gebäudes und einer Schätzung des Rauminhalts lediglich das Datum der Baueingabe, das Datum der Baubewilligung sowie die Anzahl Wohnungen pro Gebäude. Angaben zu den Baukosten, zur Baudauer und zur Art der geplanten Arbeiten müssen bei der Bauherrschaft eingeholt werden.
Früher wurden die Baugesuche ausschliesslich von Hand eingereicht, weshalb wir nach der Erteilung der Baubewilligung jeweils einen Erhebungsbogen an die Projektverfasser*innen schicken mussten. Seit dem 5. Oktober 2020 können Baugesuche nun auch in elektronischer Form über die Plattform «eBaugesucheZH» eingereicht werden. Erfolgt die Eingabe auf digitalem Weg, können wir die Angaben aus dem Gesuch übernehmen. Im letzten Jahr wurden bereits rund die Hälfte aller Baugesuche online eingereicht, Tendenz steigend. Der neue Prozess ist für uns mit weniger Aufwand verbunden, und die Gesuchsteller*innen werden entlastet, weil sie keine separaten Erhebungsbogen ausfüllen müssen.
Handelt es sich beim Bauprojekt um ein neues Gebäude, gelangt das Baugesuch nach der Einreichung zur Amtlichen Vermessung (AV), wo dem betroffenen Gebäude eine Adresse und eine eindeutige eidgenössische Gebäudeidentifikation (EGID) zugeteilt werden. Die Identifikationsnummer bleibt bei einem Wechsel der Eigentümerschaft, bei Umbauten oder Umnutzungen selbst dann unverändert, wenn die Baubewilligung nicht erteilt werden sollte. Wir vergeben später bei jeder neuen Wohnung eine amtliche Wohnungsnummer (aWN), mit der sich Wohnungen in einem Gebäude eindeutig identifizieren lassen.
Mit anderen Worten: Das GWZ dient als Datenbank für die Erfassung von Gebäuden, Wohnungen und Bauprojekten. Der Hauptzweck der Registerführung ist die statistische Auswertung dieser Daten.
2. Arbeiten im GWZ
Sind die Daten aus dem Baugesuch einmal im GWZ hinterlegt, müssen sie laufend gepflegt werden. Damit das Register jeweils auf dem neuesten Stand ist, werden die Gebäude- und Wohnungsdaten täglich aktualisiert. Dies ist z.B. bei einem Umbaugesuch der Fall: Angenommen, jemand möchte zwei Wohnungen zu einer einzigen zusammenlegen. In einem solchen Fall wird diese Information nach der Erteilung der Baubewilligung im GWZ nachgeführt, sodass es nun in der Stadt Zürich eine Wohnung weniger gibt. Dasselbe passiert auch im Falle einer Umnutzung, wenn also eine Wohnung zweckentfremdet und neu beispielsweise als Zahnarztpraxis genutzt wird.
Ein wichtiger Teil der Arbeit unseres Datenmanagement-Teams besteht zudem darin, Handänderungen zu erfassen. Wir erhalten von den städtischen Notariaten laufend elektronische Handänderungsanzeigen aus dem Grundbuch. An diesen Anzeigen interessieren uns hauptsächlich die Preise von Grundstücks- und Wohnungsverkäufen. Durch die Aufnahme der Handänderungen ins Register und der manuellen Kategorisierung der Erwerbenden können wir einerseits ableiten, welche Eigentumsgruppen in der Stadt Zürich über wie viel Grundbesitz verfügen, und andererseits die Preisentwicklung des städtischen Liegenschaftenhandels auswerten. So kann in unserer neu entwickelten Applikation LIMA der Preisverlauf von Liegenschaftspreisen seit 2009 auf Stufe Quartier und Kreis sowie für die ganze Stadt nach Zonenart abgefragt werden.
Richtig interessant sind die GWZ-Daten dann, wenn die Kennzahlen zu den Wohnungen und Gebäuden in unserem Data-Warehouse mit denjenigen des Bevölkerungsregisters – also mit den Informationen zu den Personen – verknüpft werden. Dies ermöglicht beispielsweise Analysen zur Durchmischung in einer Wohnsiedlung hinsichtlich Alter, Nationalität, Geburtsort oder Herkunft. Ebenfalls kann die durchschnittliche Wohnungsbelegung und der Wohnflächenkonsum pro Kopf berechnet oder die Wohnungsnutzung eruiert werden.
Die Verknüpfung der Bewohner*innen mit den Wohnungen dient jedoch nicht nur statistischen Zwecken: Die Serafe AG (zuständig für die Erhebung der Radio- und Fernsehgebühren) verschickt ihre Rechnungen auf dieser Datengrundlage. Ist eine Person einer falschen Wohnung zugewiesen, führt dies zu einer falschen Rechnung. Bei uns landen diejenigen Fälle, bei denen der Wohnungsbestand fehlerhaft ist. In einem solchen Fall ermitteln wir bei der Eigentümerschaft der betroffenen Liegenschaft den korrekten Wohnungsbestand, und das BVA weist die falsch zugeteilte Person der richtigen Wohnung zu. Die Personenzuweisung ist aber nicht bloss für unser Tagesgeschäft wichtig, auch für einige unserer Projekte ist sie zentral: Die Verknüpfung des GWZ mit dem Bevölkerungsregister bildet z.B. die Erhebungsbasis für die Leerwohnungszählung.
Was ist die Leerwohnungszählung?
Eine wichtige Erhebung von Statistik Stadt Zürich (SSZ), welche auf der Datengrundlage der Verknüpfung des Gebäude- und Wohnungsregisters (GWZ) mit dem Personenregister beruht, ist die Leerwohnungszählung (mehr dazu hier). Dabei wird schweizweit jeweils zum gleichen Zeitpunkt (1. Juni) eine Erhebung durchgeführt, um die Anzahl leerstehender Wohnungen auszuweisen. Wenn sich eine Person neu in der Stadt Zürich anmeldet, werden ihre Angaben im System des Kreisbüros mit der korrekten Adresse und Wohnung hinterlegt. Die Wohnung verfügt über eine eindeutige amtliche Wohnungsnummer (aWN). Zieht diese Person innerhalb der Stadt um, wird die Mutation durch das Kreisbüro vorgenommen und die neue Adresse samt Wohnung zugewiesen. Die Information fliesst automatisch ins GWZ. Dank der Schnittstelle zwischen GWZ und Personenregister wird ersichtlich, ob in einer Wohnung auch Personen angemeldet sind. Da An- und Abmeldungen bei Umzügen oft verzögert erfolgen und Kurzaufenthalter*innen – also Personen, die sich weniger als vier Monate in der Wohnung aufhalten – gar nicht erst angemeldet werden, ist die Datengrundlage aus den beiden Registern durch eine Erhebung zu ergänzen.
Aktuelle Daten zu den leerstehenden Wohnungen finden Sie hier.
3. Vom GWZ an die Öffentlichkeit
Ihnen als Endnutzer*innen stellen wir aggregierte statistische Auswertungen zur Verfügung. Die Berechnungen für diese Statistiken programmieren wir jeweils nicht jedes Mal neu. Vielmehr nutzen wir ein eigens entwickeltes automatisiertes Framework. «Automatisiert» bedeutet in diesem Fall, dass die Baustatistiken monatlich, quartalsweise oder jährlich automatisch auf den neusten Stand gebracht werden (siehe z.B. untenstehende Grafik zum Wohnungsbau). Zusätzlich publizieren und aktualisieren wir rund 47 Datensätze in unserem Open-Data-Portal. Viel Spass beim Stöbern in unserem grossen Datenschatz!