Das Ende der Jahrbuch-Ära
Wir haben’s getan. Dieses Jahr wird kein Statistisches Jahrbuch der Stadt Zürich mehr erscheinen. Doch wie kam es dazu? (17.07.2018)
Eigentlich wollen wir gar kein Jahrbuch mehr drucken lassen.
Fast zwanzig Jahre ist es her, seit Dr. Walter Stanek das Vorwort zum Statistischen Jahrbuch 2000 mit diesen Worten einleitete. Nun haben wir sie in die Tat umgesetzt – die über hundert Jahre alte Reihe wird abgelöst.
Was also ist passiert? Technischer Fortschritt. Doch es geht längst nicht mehr nur um das digitale Speichern und Bereitstellen unserer Daten. Den Schritt haben wir spätestens Ende der 1990er-Jahre mit unserem Webauftritt eingeläutet.
Und wir haben uns auch nicht dem schieren Zwang gebeugt, jede technische Entwicklung um ihrer selbst willen mitzumachen. Vielmehr schafft die digitale Transformation neue Bedürfnisse und Herausforderungen, denen wir uns als Dienstleistungsunternehmen stellen wollen.
Datengetriebene Entscheidungen sind in immer mehr Lebensbereichen möglich und bereits heute Realität – und somit für immer mehr Menschen essenzieller Bestandteil ihrer Arbeit. Mit der digitalen Transformation haben sich letztlich auch Arbeitsweisen verändert, und mit ihnen die Bezugsweise von Daten.
Letzten Endes steht also immer die Nutzung der Daten im Vordergrund. Heute sind es Schlagworte wie Datenjournalismus, APIs und Big Data, welche ein gedrucktes Jahrbuch antiquiert erscheinen lassen. In Anbetracht aktueller Kundenbedürfnisse ist es das auch.
Die Daten, auf die sich das Jahrbuch stützte, verschwinden natürlich nicht. Im Gegenteil: Eine solide Datenbasis, welche bisher und künftig veröffentlichte Daten vereint, ist Grundvoraussetzung für alles, was kommt. Deshalb digitalisieren wir im Moment unsere Arbeiten der letzten 125 Jahre. Das Resultat hilft auch uns. Den Mitarbeitenden von Statistik Stadt Zürich lagen historische Daten oft nur in einer Form vor, die die Weiterverarbeitung stark einschränkte: alte Jahrbuchtabellen, eingescannt als PDF oder bestenfalls in Excel-Form. Damit ist nun Schluss.
Und was kommt jetzt? Eine ganze Reihe neuer Produkte. Produkte, die spezifisch auf einzelne Bedürfnisse und Zielgruppen zugeschnitten sind. Unsere Kundschaft umfasst die Verwaltung, die Politik, Medienschaffende, private Unternehmen und natürlich auch Privatpersonen. Innerhalb dieser Gruppen gibt es ebenfalls grosse Unterschiede: Die einen bringen ausgeprägtes Knowhow mit, analysieren beispielsweise grosse Verkehrsstatistiken zur Raumplanung; andere möchten einfach nur wissen, wie viele Arbeitslose es in der Stadt gibt. Der Breite an Anforderungen, aber auch dem unterschiedlichen Knowhow und Statistikverständnis kann ein einzelnes Produkt nie gerecht werden.
Linked Data
Den direkten Zugriff auf unsere publizierten Daten ermöglichen wir künftig über Linked Data. Hierbei handelt es sich um eine Methode, strukturierte Daten so zu veröffentlichen, dass sie sich miteinander verknüpfen lassen. Mit Linked Data haben wir neu eine zukunftssichere digitale Schnittstelle, die unsere eigenen Daten mit fremden verknüpfbar macht. So können alle, egal ob Mensch oder Maschine, direkt auf unsere Daten zugreifen. Dabei erhalten sie nicht nur eine nackte Zahl, sondern auf Wunsch alle dazugehörigen Metadaten. Jede Zahl erhält also den notwendigen Kontext, um auch verstanden zu werden. Dies ist etwas, was unser bisheriges Jahrbuch gesprengt hätte. Mehr zum Thema Linked Data lesen Sie im nächsten Beitrag des SSZ-Magazins.
Die Schnittstelle macht möglich, was ein Buch nie konnte: Unsere Daten lassen sich direkt durch Dritte einbinden und weiterverarbeiten. Jede Aktualisierung landet sofort in den Systemen unserer Kundschaft.
Doch nicht jede Person bringt das notwendige Knowhow mit, um Abfragen an eine Schnittstelle zu senden. Viele verlassen sich auf unsere Kompetenz! Wir wissen, welche Daten gerade wichtig sind; welche Visualisierung für ein Thema die beste ist; welche der vielen Metainformationen in einem bestimmten Fall relevant sind. Diese Expertise möchten wir Ihnen ebenfalls zur Verfügung stellen.
Statistisches Informationsportal
Das «Statistische Informationsportal» wird deshalb ein weiterer Zugriff auf unseren Datenbestand werden. Wir feilen mit Hochdruck an einer Lösung, deren Fokus auf einer intuitiven Bedienung liegt.
Im Zentrum des «Statistischen Informationsportals» wird eine Suchfunktion stehen, die Sie bei Ihrer Fragestellung unterstützt und Ihnen mit jedem Tastendruck zeigt, welche Möglichkeiten in unserer Datenwelt offenstehen. So werden Sie rasch und ohne Umwege den benötigten Datensatz finden.
Ist der passende Datensatz gefunden, soll Sie unser Portal mit interaktiven Visualisierungen und Tabellen unterstützen: Sie werden nur sehen, was im Kontext Ihrer Fragestellung relevant ist. Jederzeit werden Sie jedoch die Möglichkeit haben, den Datensatz bei Bedarf zu erweitern – sei es bezüglich Zeit, Raum oder zusätzlicher Variablen. Jeder einzelne Datensatz wird Ihnen auch als Download zur Verfügung stehen – und dies nicht nur als Tabelle, sondern auch als Visualisierung.
Eine neue Webseite und eine Linked-Data-Schnittstelle sollen also eine seit hundert Jahren bestehende und bewährte Buchreihe ersetzen? Aus unserer Sicht definitiv. Ja, wir gehen noch einen Schritt weiter und ersetzen damit das Datenangebot auf unserem jetzigen Webauftritt und unsere App. Wir werden die Linked-Data-Schnittstelle künftig auch nutzen, um Visualisierungen in unseren digitalen Publikationen zu erstellen und unsere Daten direkt auf andere Plattformen wie Wikipedia zu bringen. Davon erhoffen wir uns, dass auch Medienschaffende unsere Daten noch besser und direkter einbinden können. Nur so können wir – aber auch Dritte – in jedem Produkt bestmöglich auf Kundenbedürfnisse eingehen und die Daten optimal aufbereiten. So konsumieren Sie in Zukunft unsere Daten dort, wo sie Ihnen am meisten helfen. In der Form, die Sie am besten verstehen.
Den äusseren Anlass zur Herausgabe eines statistischen Jahrbuchs für die Stadt Zürich gab der Wunsch, das unhandliche [...] Format [...] abzuändern.
So das Vorwort zur ersten Ausgabe unseres Jahrbuchs, die 1906 die unhandlichen Tabellen im städtischen Amtsblatt ersetzte. Und jetzt, 2018, wird es erneut Zeit, ein aus heutiger Sicht unhandliches Format abzuändern. Nicht unseretwegen. Sondern für Sie.