Entwicklung des sozialen Status nach Quartier
9.3.2017 - Andrea Büchi
Der soziale Status einer Person umschreibt deren soziale Position in einer Gesellschaft. Die vorliegende Analyse definiert den sozialen Status als eine Kombination aus Bildung (höchster Ausbildungsabschluss) und Haushaltseinkommen (brutto, jährlich), wobei diese beiden Statusvariablen auf Selbstdeklaration der Befragten der Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich basieren. Das Bruttohaushaltseinkommen wurde dabei in sieben vorgegebenen Einkommensklassen erhoben.
Nachfolgend wird die Entwicklung des sozialen Status in der Gesamtstadt mit jener in einzelnen Quartieren bzw. Gebietseinheiten der Stadt zu vier Messzeitpunkten verglichen. Die Bevölkerungsbefragung wurde in den ungeraden Jahren durchgeführt. Zugunsten einer ausreichenden Stichprobengrösse wurden die Daten von jeweils zwei aufeinanderfolgenden Befragungen zusammengefasst. Deshalb wird als Messzeitpunkt jeweils eine doppelte Jahreszahl angegeben (z. B. 2001/03). Um es vorwegzunehmen: Nicht in allen Quartieren verlief die Entwicklung so linear, wie es die gesamtstädtischen Veränderungen vermuten liessen. Dabei können grob fünf Gruppen von Quartieren und das Gebiet Werd/Langstrasse mit einer speziellen Entwicklung unterschieden werden.
1. Gesamtstädtische Entwicklung
Mit einem Anteil von 49 Prozent weist zum Messzeitpunkt 2013/2015 rund die Hälfte der Befragten in der Stadt Zürich einen hohen sozialen Status aus. 27 Prozent der Befragten haben einen mittleren, 24 Prozent einen tiefen sozialen Status. Dieses Verhältnis hat sich seit dem ersten Messzeitpunkt 2001/2003 markant verändert: Damals hatte je rund ein Drittel der Befragten in der Stadt Zürich einen hohen, mittleren oder tiefen sozialen Status. Der prozentuale Anteil an Befragten mit einem hohen sozialen Status hat damit über eine Zeitspanne von zwölf Jahren um rund die Hälfte zugenommen. Gleichzeitig hat der Anteil an Befragten mit einem tiefen sozialen Status abgenommen. Und auch der Anteil der Befragten mit einem mittleren sozialen Status ist über den betrachteten Zeitraum kleiner geworden. Alle drei Status-Entwicklungen verliefen stetig.
2. Entwicklungen nach Quartier
2.1 Quartiere mit ähnlicher Entwicklung wie die Gesamtstadt
Die Entwicklung des sozialen Status in den Quartieren Oerlikon und Altwiedikon ist jener der Gesamtstadt am ähnlichsten: Auch hier machten die Anteile an Befragten mit einem hohen, mittleren oder tiefen sozialen Status 2001/03 je rund einen Drittel aus. Der Anteil an Personen mit einem hohen sozialen Status hat seit damals stetig zugenommen, während die Anteile an Befragten mit einem mittleren oder tiefen sozialen Status abgenommen haben.
Ebenfalls eine ähnliche Gesamtentwicklung wie in der Gesamtstadt zeigt sich in den Quartieren Kreis 1/Enge, Unterstrass, Höngg und Wipkingen (Information zur Zusammenfassung von Quartieren siehe Textkasten am Schluss). Allerdings unterscheidet sich in diesen Quartieren die Ausgangslage: Bereits 2001/03 waren die Anteile an Befragten mit einem tiefen, mittleren oder hohen sozialen Status weniger ausgeglichen, während der Anteil an Befragten mit einem hohen sozialen Status überall am höchsten war. Im Zeitverlauf nahm der Anteil an Befragten mit einem hohen sozialen Status weiter zu. Insbesondere in Kreis1/Enge, Höngg und Wipkingen wuchs er seit 2009/11 deutlich (in Kreis 1/Enge wurde bereits zwischen 2001/03 und 2005/07 ein starker Anstieg verzeichnet). Am massivsten ist der Statusanstieg in Kreis 1/Enge: Zum Messzeitpunkt 2013/15 ist der Anteil an Befragten mit einem hohen sozialen Status dort einer der höchsten (neben Oberstrass und Fluntern), und der Anteil an Befragten mit einem tiefen sozialen Status im Quartiervergleich einer der geringsten (zusammen mit Oberstrass und Fluntern).
2.2 Quartiere mit stagnierendem Anteil beim hohen sozialen Status
Auch in Wollishofen/Leimbach, Kreis 8, Kreis 5 und in Witikon nahm der Anteil an Personen mit einem hohen sozialen Status bis 2009/11 zu, blieb danach aber konstant bzw. nahm in Witikon sogar eher ab. Hingegen wuchs ab 2009/11 der Anteil an Personen mit einem mittleren sozialen Status tendenziell. Wollishofen/Leimbach gehört 2013/15 zu den Quartieren mit den höchsten Anteilen an Personen mit einem mittleren sozialen Status (neben dem Quartier Saatlen/Schwamendingen).
2.3 Statushohe Quartiere mit weiterem Statusanstieg
In den Quartieren Oberstrass, Fluntern und Hottingen/Hirslanden war der Anteil an Befragten mit einem hohen sozialen Status bereits beim ersten Messzeitpunkt 2001/03 hoch. Im Zeitverlauf stieg er noch mehr. In Fluntern und Oberstrass sind die Anteile an Personen mit einem hohen sozialen Status 2013/15 im Quartiervergleich am höchsten (neben Kreis 1/Enge). Der Anteil an Befragten mit einem tiefen sozialen Status sank in Oberstrass in der Tendenz und blieb in Fluntern und Hottingen/Hirslanden konstant. Auch die Anteile an Personen mit einem mittleren sozialen Status nahmen über die Zeit ab (Oberstrass, Fluntern) oder blieben die letzten Jahre konstant (Hottingen/Hirslanden). In Fluntern ist der Anteil an Personen mit einem mittleren sozialen Status 2013/15 im Vergleich aller Quartiere am tiefsten.
2.4 Statustiefe Quartiere mit sich angleichenden Anteilen
In Hard, Saatlen/Schwamendingen und Hirzenbach zeigt sich gegenüber der Gesamtstadt ein unterschiedliches Bild: Die Anteile an den drei sozialen Status waren 2001/03 unterschiedlich gross und näherten sich über die Zeit hinweg an. Zwar stiegen auch hier im Zeitverlauf die Anteile an Befragten mit einem hohen sozialen Status und sanken die Anteile an Befragten mit einem tiefen sozialen Status. Der Unterschied zeigt sich in der Ausgangssituation: Zum Messzeitpunkt 2001/03 gab es auffällig hohe Anteile an Befragten mit einem tiefen sozialen Status (in Hard am höchsten) und gleichzeitg auffällig tiefe Anteile an Befragten mit einem hohen sozialen Status (in Saatlen/Schwamendingen am tiefsten). Die Anteile an Personen mit einem tiefen sozialen Status sanken zwar über die Zeit, sie liegen aber 2013/15 im Quartiervergleich immer noch am höchsten. Die Anteile an Personen mit einem hohen sozialen Status stiegen zwar über die Zeit, sie kamen aber nur in Hard annähernd auf dasselbe Niveau wie die tieferen Status. In Saatlen/Schwamendingen und Hirzenbach sind deshalb 2013/15 die niedrigsten Anteile an Personen mit einem hohen sozialen Status zu finden. Zudem gibt es in Saatlen/Schwamendingen 2013/15 den höchsten Anteil an Personen mit einem mittleren sozialen Status.
2.5 Gebiet Werd/Langstrasse: Statustiefe Ausgangslage und massiver Statusanstieg
Auch in Werd/Langstrasse war der Anteil an Befragten mit einem tiefen sozialen Status 2001/03 auffällig hoch. Gleichzeitig lag der Anteil an Befragten mit einem hohen sozialen Status aber deutlich höher als in Hard Saatlen/Schwamendingen oder Hirzenbach, und er wuchs im Zeitverlauf so stark (insbesondere seit 2009/11), dass er zum Messzeitpunkt 2013/15 so hoch liegt wie in Altwiedikon, Wipkingen, Witikon oder Unterstrass. Zwischen den Messzeitpunkten 2001/03 und 2005/07 nahm der Anteil an Personen mit einem mittleren sozialen Status stark zu, der Anteil an Befragten mit einem tiefen sozialen Status markant ab.
2.6 Quartiere mit weniger deutlichen Veränderungen
Schliesslich gibt es eine Reihe von Quartieren, in welchen der Anteil an Befragten mit einem hohen sozialen Status zum Messzeitpunkt 2001/03 am kleinsten war und sich bis 2013/15 zum grössten entwickelte. Vor allem in Friesenberg, Albisrieden und Sihlfeld stieg der Anteil an Personen mit einem hohen sozialen Status stark, so dass er 2013/15 deutlich höher liegt als der Anteil an Personen mit einem mittleren oder tiefen sozialen Status. Insbesondere in Affoltern und Seebach sind die Veränderungen über die Zeit vergleichsweise gering.
3. Fazit
Allgemein kann festgehalten werden, dass sämtliche Stadtquartiere zwischen 2001/03 und 2013/15 einen Statusanstieg verzeichneten. Der Anteil an Befragten mit einem hohen sozialen Status hat gesamtstädtisch kontinuierlich zugenommen. Obwohl sich die Anteile der drei Statusgruppen in den meisten Quartieren in die gleiche Richtung bewegten, verliefen die Entwicklungen in den Quartieren – mitunter aufgrund von verschiedenen Ausgangssituationen – in unterschiedlichem Ausmass und / oder zeitlich verschoben.
Methode / Quellen
Bei den zugrundeliegenden Daten handelt es sich um die Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung aus den Jahren 2001 bis 2015. Die Bevölkerungsbefragung wird seit 1999 zweijährlich, jeweils im Frühjahr, mittels telefonischer Interviews (CATI) durch das LINK Institut für Markt- und Sozialforschung in Zürich durchgeführt. Insgesamt wurden pro Erhebungsjahr rund 2500 in der Stadt wohnhafte Personen befragt. Aufgrund der Stichprobengrösse wurden einzelne Quartiere mit einer tiefen Bevölkerungszahl zu grösseren Gebietseinheiten zusammengefasst. Diese Massnahme betrifft Kreis 1/Enge, Wollishofen/Leimbach, Werd/Langstrasse, Kreis 5, Hottingen/Hirslanden, Kreis 8, Saatlen/Schwamendingen.
Die Stichprobengrösse pro Erhebungsjahr erlaubt es nicht, geringe Differenzen zwischen Teilgruppen zu interpretieren. Aus diesem Grund wurden die Daten zum sozialen Status jeweils über zwei Erhebungsjahre zusammengefasst (gepoolt). Das N liegt für die Gesamtstadt bei durchschnittlich 4300 Befragten pro ausgewiesenem Messzeitpunkt; für die einzelnen Quartiere bzw. Gebietseinheiten liegt er bei rund 200 Befragten. Die Werte für die Gesamtstadt basieren auf gewichteten Daten, die Werte pro einzelnes Quartier sind ungewichtet. Die Antwortkategorien «weiss nicht» und «keine Angabe» sind als Missings definiert und für die Berechnung ausgeschlossen.
Definition «Sozialer Status»
Der Summenindex «Sozialer Status» wurde für die vorliegende Analyse aus den zwei Variablen höchste abgeschlossene Schul- bzw. Berufsbildung und jährliches Bruttoeinkommen des Haushaltes gebildet. Es handelt sich je um Selbstdeklarationen der Befragten. Der Summenindex «Sozialer Status» unterscheidet sich demnach z.B. von der Definition des Bundesamtes für Statistik, das einen Statusindex als Mass für den sozialen Status der Bevölkerung aus sechs Indikatoren bildet, vgl. Webseite des BFS. Auch darf ein mittlerer sozialer Status nicht gleichgesetzt werden mit dem «Mittelstand» (bei welchem das jährliche steuerbare Einkommen als Berechnungsgrundlage dient).
Bei der Interpretation der Veränderungen im Zeitverlauf ist zu beachten, dass die zugrundeliegenden Einkommensklassen zum Bruttohaushaltseinkommen und deren Klassifizierung über alle Messzeitpunkte identisch geblieben sind. Über die Zeit stabil geblieben ist auch die prozentuale Anteilsverteilung der verschiedenen Haushaltgrössen der Befragten. Betreffend der Bildungsabschlüsse wurde 2013 eine Anpassung vorgenommen: Gemäss Vorgabe des Bundesamtes für Statistik (BFS) wurden seit diesem Zeitpunkt auch abgeschlossene Ausbildungen an Fachhochschulen (insbesondere auch HTL- und HWV-Abschlüsse) sowie an pädagogischen Hochschulen zu den Hochschulabschlüssen (Tertiärstufe) gezählt. In früheren Bevölkerungsbefragungen wurden die Fachhochschulabschlüsse der höheren Berufsbildung (ebenfalls Tertiärstufe) zugeordnet. Abschlüsse an pädagogischen Hochschulen wurden noch nicht separat erfasst; Lehrerausbildungen fielen vor 2013 allesamt in die «Sekundarstufe II: Allgemeinbildung».
Die Übersicht im Download (siehe unten) zeigt, wie die Ausprägungen des sozialen Status aus den Variablen Bildung und Bruttohaushaltseinkommen zusammengesetzt sind.