Bei Schutz & Rettung Zürich (SRZ) rücken seit Anfang März 2024 bei bestimmten nicht dringlichen Notfalleinsätzen (Kategorie C) in der Stadt Zürich und in den 22 Vertragsgemeinden «Präklinische Fachspezialist*innen» (PFS) aus. Die Gesundheitsdirektion Kanton Zürich erteilte SRZ und den am Projekt beteiligten Rettungsdiensten Spital Bülach AG und Regio 144 AG die Bewilligung dazu. Präklinische Fachspezialist*innen sind erfahrene Dipl. Rettungssanitäter*innen HF, die zusätzlich einen mehrstufigen Kompetenzerwerb absolvieren.
Patient*innen zu Hause behandeln
Präklinische Fachspezialist*innen sind allein und mit einem kleineren Fahrzeug und ohne Sondersignal unterwegs. Sie führen in ihren Fahrzeugen teilweise anderes/zusätzliches Material mit als ein Rettungswagen. Sie transportieren keine Patient*innen, haben durch die erweiterten Kompetenzen mehr Möglichkeiten, Patient*innen vor Ort zu untersuchen und zu behandeln (z. B. Medikamentenabgabe, Diagnostik). Ihr Ziel ist, Patient*innen mit leichten Verletzungen oder Erkrankungen so weit medizinisch zu versorgen, dass sie zu Hause im gewohnten Umfeld verbleiben können oder dass sie anschliessend selbst eine Ärzt*in oder eine Notfallpraxis aufsuchen könnten, ohne einen Rettungswagen zu beanspruchen.
Präklinische Fachspezialist*innen unterstützen auch bei der Organisation von Anschlusslösungen wie z. B. eine Überweisung an Hausärzt*innen oder eine Weiterbetreuung durch die Spitex. PFS-Einsätze sind keine zusätzlichen Einsätze, sondern eine Anpassung der Einsatztaktik im Rettungsdienst: Wenn künftig PFS verfügbar sind, rücken diese aus – andernfalls bewältigen Rettungsdienst-Teams weiterhin solche Einsätze. Damit die Mitarbeitenden der Einsatzleitzentrale 144/118 Notrufe umfassender abfragen und PFS-Einsätze besser erkennen können, ob ein*e Präklinische Fachspezialist*in eingesetzt werden kann, wurde das Abfrageschema von Sanitätsnotrufen 144 angepasst und die Mitarbeitenden geschult.
Ausgewiesener Bedarf
In der Notfallgrundversorgung steigen seit mehreren Jahren die Patientenzahlen. Öfter als früher alarmieren heute Personen mit leichten Erkrankungen und Verletzungen den Rettungsdienst. Dadurch werden Rettungswagen und Rettungssanitäter*innen gebunden und stehen somit weniger schnell für zeitkritische Notfälle zur Verfügung. Zudem belastet das die Notfallstationen und wirkt sich negativ auf die Kosten aus.
Dazu kommen der Fachkräftemangel im Rettungswesen, der Rückgang der hausärztlichen Verfügbarkeit und die Zunahme des Anteils älterer Menschen. SRZ startete deshalb 2021 mit einem Vorprojekt. In Feldstudien und anhand von Einsatzzahlen analysierte SRZ den Bedarf für ein neues Berufsbild und evaluierte die Eignung der CAS-Weiterbildung «Klinische*r Fachspezialist*in» an der ZHAW. Daraus zeigte sich ein deutlicher Bedarf. Michael Schumann, Bereichsleiter Sanität, freut sich über die Piloteinführung von Präklinischen Fachspezialist*innen: «Damit engagiert sich SRZ zusammen mit den Rettungsdiensten Regio 144 AG und Spital Bülach AG für eine fachliche Entwicklungsmöglichkeit im Rettungsdienst. Ausserdem leisten wir einen Beitrag an die herausfordernde Situation im Gesundheits- und Rettungswesen und tragen damit mittel- bis langfristig zu einer Kostenreduktion bei.»