Die rekordheissen und trockenen Sommer der jüngsten Vergangenheit haben sehr deutlich vor Augen geführt, welche temperaturbedingten Belastungen künftig noch vermehrt auf Menschen, Flora und Fauna in der Stadt zukommen. Im öffentlichen Raum sollen departementsübergreifend koordinierte Anpassungen an der Infrastruktur künftig dabei helfen, die Auswirkungen der Klimaerhitzung zu lindern.
Die Stadt Zürich hat dazu 2020 mit der umfassenden Fachplanung Hitzeminderung inklusive Umsetzungsagenda eine wichtige Grundlage gelegt. Während die Massnahmen bei Neubauten inskünftig bereits bei Projektbeginn einbezogen werden können, sind Änderungen im Bestand oft schwierig und aufwändig oder gar ganz unmöglich, wenn zum Beispiel bestehende Bäume nicht gefährdet werden sollen. Trotzdem versucht das Tiefbau- und Entsorgungsdepartement (TED) in ausgewählten Pilotprojekten Elemente der sogenannten «Schwammstadt» umzusetzen, um den hitzemindernden Bäumen bessere Lebensbedingungen zu verschaffen.
Die Ideen der Schwammstadt
Die Prinzipien der «Schwammstadt» wurden ursprünglich erdacht, um Überflutungen zu minimieren. Sintflutartige Regenfälle sollten in der Stadt wie in einem Schwamm zurückgehalten und nur langsam wieder an die Gewässer und ins Grundwasser zurückgeleitet werden. Diese Grundidee soll zur Minderung der Klimaerhitzung in Zürich adaptiert werden. Dabei geht es in ersten Pilotprojekten vor allem um das Zusammenspiel zwischen Regenwasser und dessen Verdunstung über das Stadtgrün sowie die gleichzeitige Verbesserung der Lebensbedingungen der Strassenbäume. Diese Umsetzung ist in der Schweiz neu und soll Erkenntnisse über die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit im Strassenraum von Zürich liefern.
Pilotprojekt an der Giessereistrasse
Im Rahmen eines Pilotprojekts zur Hitzeminderung wurde ein Abschnitt der Giessereistrasse nach Prinzipien der Schwammstadt umgebaut. Dafür brauchte es ein bewusstes System zur Regenwasserbewirtschaftung (Gefälle der Strasse, Strassenbelag, durchlässige Randsteine und verschliessbare Schlammsammler) sowie einen Sicker- und Verdunstungsbereich (grössere Baumgruben und grösserer Vegetationsbereich, wasserspeicherndes Baumsubstrat). Durch diese Konstruktion fliesst das Regenwasser nur noch während der Wintermonate, in denen Streusalz zum Einsatz kommt, in die Kanalisation. In der übrigen Zeit wird das Regenwasser in den Vegetationsbereich umgeleitet, wo es langsamer abfliesst und über die Bäume verdunsten kann. Mit der Pflanzung von neun zusätzlichen Bäumen wurde der Bau des Projekts heute abgeschlossen. Das wissenschaftliche Monitoring der Massnahmen wird durch die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) bis 2024 sichergestellt. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf rund 680 000 Franken.
Stadtrat Richard Wolff sieht sein Departement als ein «Klimadepartement», «deshalb wollen wir mit dem Pilotprojekt in der Giessereistrasse an der bestehenden Infrastruktur Anpassungen zu Gunsten des Stadtklimas vornehmen.»
Ab voraussichtlich 2023 werden an der Scheuchzerstrasse, zwischen Milchbuck- und Riedtlistrasse, ebenfalls Elemente des Schwammstadtprinzips umgesetzt.
Mehr Regenwasser zurückhalten dank finanziellen Anreizen
Neben baulichen Massnahmen möchte das TED künftig auch, dass mehr Regenwasser von den Dächern ins Erdreich statt in die Kanalisation geleitet wird. Dazu sieht die totalrevidierte Verordnung über die Gebühr zur Abwasserbewirtschaftung finanzielle Anreize vor. Die Verordnung befindet sich zurzeit in der zuständigen Gemeinderatskommission zur Beratung.