Am 1. Juli 2014 ist die Revision des Zivilgesetzbuches (ZGB) zur elterlichen Sorge in Kraft getreten. Damit sollte einerseits die rechtliche Diskriminierung nichtverheirateter Väter beseitigt und andererseits die gemeinsame elterliche Sorge als Regel etabliert werden. Unter dem früheren Recht war eine Vereinbarung der Eltern über die Betreuung und den Unterhalt erforderlich, welche der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) zur Genehmigung eingereicht werden musste. Nach neuem Recht genügt eine gemeinsame Erklärung der Eltern, dass sie gemeinsam die Verantwortung für ihr Kind übernehmen wollen und dass sie sich über Betreuung, Obhut und Unterhalt verständigt haben. Die Eltern können diese Erklärung beim Zivilstandsamt oder bei der KESB abgeben. Die Erklärungen der Eltern werden inhaltlich nicht überprüft. Diese Vereinfachung hat dazu geführt, dass bei den nicht verheirateten Eltern der Anteil mit gemeinsamer elterlicher Sorge auf 80 Prozent gestiegen ist, während er im Jahr 2009 noch bei 67 Prozent lag.
Neu kann die KESB auch auf einen einseitigen Antrag eines Elternteils hin die gemeinsame elterliche Sorge festlegen. In der Stadt Zürich haben im zweiten Halbjahr 2014 62 Väter einen solchen einseitigen Antrag gestellt. Bei den bereits erledigten Fällen wurde in keinem Fall die gemeinsame elterliche Sorge verweigert. Dies ist darauf zurück zu führen, dass der Gesetzgeber die Schwelle für die Verweigerung der gemeinsamen elterlichen Sorge sehr hoch angesetzt hat. Mit dieser Entwicklung wird den Vätern mehr Mitsprache bei der Erziehung ihrer Kinder ermöglicht.
Die Idealvorstellung von Eltern, welche trotz Trennung sich gemeinsam um die Betreuung ihrer Kinder kümmern und für ihre Entwicklung Verantwortung übernehmen, wird jedoch durch die gemeinsame elterliche Sorge allein nicht gewährleistet. Es braucht Eltern, welche allfällige Paarkonflikte zurückstellen können zugunsten des Wohls ihrer Kinder. Sie müssen in einem minimalen Mass kooperationsfähig und -willig sein. Sonst besteht die Gefahr, dass sich die gemeinsame elterliche Sorge negativ auf das Kind auswirkt, indem zum Beispiel wichtige Entscheide verschleppt oder dem Kind überbürdet werden.
Gemeinsame elterliche Sorge
Unter dem Begriff elterliche Sorge wird die Befugnis der Eltern verstanden, die für das minderjährige Kind nötigen Entscheidungen zu treffen. Dies umfasst ein Bündel von Rechten und Pflichten. Dazu gehören insbesondere: Pflege und Erziehung, körperliches Wohl, geistige Entfaltung, Schulung und Ausbildung, Religion und Weltanschauung, Bestimmung des Aufenthaltsortes usw. Beim gemeinsamen Sorgerecht muss über die sog. wesentlichen Kinderbelange gemeinsam entschieden werden. Dies betrifft beispielsweise grundlegende Entscheidungen bei medizinischen Fragen, Ausbildungsfragen und im Bereich Religion. Der Elternteil, der das Kind betreut, kann allein entscheiden, wenn die Angelegenheit alltäglich oder dringlich ist. Dies sind zum Beispiel Entscheide zur Bekleidung und Ernährung. Hat ein Elternteil die elterliche Sorge nicht, so verfügt er nur über Anhörungs- und Informationsrechte, kann jedoch nicht mitentscheiden.