Der Kunstraum Perla-Mode schliesst
Lernen von Perla
Nach sieben kurzweiligen Jahren ist bald Schluss mit den Kunstaktivitäten im Haus Perla-Mode: Das Gebäude an der Ecke Langstrasse-Brauerstrasse muss einem Neubau weichen. Doch Perla hat vorgesorgt: Verschiedene Initiativen, die unter dem gemeinsamen Dach aktiv waren, haben sich mittlerweile über ganz Zürich verteilt. Was kann die Kunstszene vom Projekt Perla-Mode lernen?
«Pimp my Painting». So heisst die aktuelle Ausstellung in Esther Eppsteins «message salon» – eine der letzten Schauen im schon jetzt legendären Kunstraum Perla-Mode, einem ehemaligen jüdischen Textilgeschäft, bevor Ende Jahr die Ausstellungstätigkeit eingestellt wird. Die Zürcher Malerinnen Julia Sheppard und Karoline Schreiber haben dafür missratene Gemälde gesammelt, mit dem Versprechen, diese zu retten, zu verbessern – neudeutsch: sie zu «pimpen». Der Begriff wurde durch die MTV-Sendung «Pimp My Ride» geprägt, in der schrottreife Droschken zu Boliden aufgerüstet wurden. Mit welchem Recht also wird er hier für die Malerei angewendet? Vielleicht, weil auch der Kunstraum Perla-Mode seinen Kontext «aufgepimpt» hat?
Auswirkungen, Ausstrahlungen
Perla-Mode hat zweifellos etwas gemacht mit der unmittelbaren Umgebung. Und nicht nur mit ihr: Viele der einst hier verankerten Kunst-Initiativen sind mittlerweile von einem anderen Standort in Zürich aus aktiv. Das Corner College etwa trägt den Eckraum der Perla-Liegenschaft, in dem es begründet wurde, noch im Namen, setzt aber seine pseudo-akademischen Aktivitäten hinter dem Lochergut fort. Benjamin Sommerhalders Kleinverlag Nieves, der hier ebenfalls lange tätig war, ist mittlerweile an der Ankerstrasse heimisch geworden. Er vertreibt von dort aus seine Publikationen, die sogar in Japan auf gute Resonanz stossen. Jean-Claude Freymond-Guth wiederum hat im Haus Perla-Mode seine ersten Schritte in den Kunstmarkt gewagt – als ehemaliger Mitstreiter beim Kunstraum Les Complices war er es irgendwann leid, Kunstproduktionen zu stemmen, die dann von anderen Mitspielern des Kunstbetriebs zu Geld gemacht wurden. Mittlerweile ist er ins Kunstareal Löwenbräu umgezogen, wo – in grösserem Massstab – ja auch verschiedenste Kunstinitiativen unter einem Dach versammelt sind.
Ein Dach für alle(s)
Es gab aber auch noch die sehr sorgfältig gemachten Ausstellungen des «Wartesaals», die winterlichen «Zine Sezessionen» – kleine Buchmessen für kleine Publikationsinitiativen – oder die Buchhandlung Motto. Während andere selbstorganisierte Räume zu kleinen Institutionen mit einem festen, vielleicht sogar absehbaren Programm werden oder sich im Kunstmarkt einrichten, hat sich Perla-Mode die ganzen sieben Jahre lang die Unberechenbarkeit bewahrt. Das Perla hat immer wieder überrascht und auch verwirrt, weil man manchmal nicht mehr wusste, ob man jetzt gerade im «message salon» oder doch im «Wartesaal» auf seine Message wartete. Dennoch hat es sich dabei nicht vom problembehafteten Quartier da draussen abgeschottet, sondern durch seine offenen Schaufenster immer wieder Szenen eingelassen, wie sie nur das Leben vorführen kann. Unvergessen etwa das «Lichtspiel-Theater» «La Strada Lunga» von message salon-Betreiberin Esther Eppstein und dem Musiker Mario Marchisella, bei dem man im September 2010 im dunklen Hauptraum sass und in Spielfilmlänge die Strasse beobachtete.
Hat der Kunstraum Perla-Mode also die Langstrasse «aufgepimpt», wie der aktuelle Ausstellungstitel suggerieren könnte? Im Museum Bärengasse läuft gerade die Ausstellung «Learning from Warsaw». «Lernen von Perla» wäre auch kein schlechter Titel. Perla hat der gesamten Kunstszene Zürich inspirierende Lektionen erteilt.
Text: Daniel Morgenthaler
Fotos: Esther Eppstein
Die Ausstellung:
«Pimp my Painting»
message salon im Perla-Mode
Bis 16. November 2013
Mittwoch 18–22 Uhr
Freitag und Samstag 15–18 Uhr
www.messagesalon.ch
PS: Da sich der Abriss des Haus Perla-Mode hinauszögert, werden das Künstlerkollektiv Friction und die Galerie Weiss das Haus an der Ecke Langstrasse / Brauerstrasse auf Zusehen hin einige Monate weiter bespielen. Esther Eppstein schliesst aber wie vorgesehen ihren «message salon» auf Ende Jahr.