Projekte & Auswertungen
Die Unterwasserarchäologie arbeitet aktuell an verschiedenen Projekten im Zürichsee und anderen Schweizer Gewässern.
Hier finden Sie eine Auswahl der Projekte:
Kontrolle ausgewählter Fundstellen
In den Jahren 2009, 2010 und 2011 begutachtete die Tauchequipe unter anderem zahlreiche Fundstellen des Kantons Zürich. Es wurden dabei mehrheitlich Fundstellen überprüft, die zuletzt 1996 im Zuge einer Inventarisation untersucht wurden.
Ziele der Einsätze waren:
- Abklären, ob sich die Fundstellen noch wie 1996 präsentieren, oder ob Zerstörung durch Erosion oder andere Einflüsse (Schiffsverkehr, Anker,…) festgestellt werden kann.
- Anbringung von Kontrollinstallationen, damit Erosion quantitativ erfasst werden kann.
- Feststellung der Ausmasse gefährdeter archäologischer Schichten, damit Massnahmen zu deren Schutz geplant werden können.
- Kontrolle der bisher angebrachten Schutzmassnahmen (Überschüttung der gefährdeten Flächen mit Kies, Profilschutz mit Larsen etc.), ob diese noch intakt sind und den Zweck des Schutzes nach wie vor erfüllen.
- Bestätigung der Ausdehnung der Siedlungsstellen.
- Erhebung neuer Informationen zu den Siedlungsstellen mit Hilfe von Sondierungsbohrungen und Fundbergungen.
Es ist dringend nötig, die Seeufersiedlungen regelmässig auf ihren Zustand hin zu überprüfen, damit bei akuter Bedrohung durch Erosion Schutzmassnahmen umgesetzt werden können und so das kulturelle Erbe für weitere Generationen erhalten bleibt.
Bojenkontrolle
Die Tauchequipe kontrolliert in regelmässigen Abständen Bojeninstallationen, welche sich innerhalb archäologischer Fundstellen befinden. Sind diese nicht ordnungsgemäss, besteht die Gefahr, dass durch zu lange Ketten, welche am Seegrund schleifen, ganze Fundschichten abgetragen werden. Daher ist die sachgemässe Anbringung einer Zwischenboje unbedingte Pflicht; schadhafte Installationen werden gemeldet, zuständige Stellen benachrichtigt und zur Behebung der Mängel aufgefordert.
Kilchberg – Schooren
Direkt am Ufer des Zürichsee bei Kilchberg – Schooren befand sich zwischen 1763 und 1906 eine Keramikmanufaktur. Teile der Fabrikationsanlage wurde 2003 untersucht. 200 Meter nördlich davon produzierte ein Konkurrenzunternehmen 1820-1869.
Der Abfall dieser Manufakturen wurde direkt vor den Produktionsstätten im See entsorgt. Die Tauchequipe barg nun erstmals Vergleichsfunde zu den Komplexen, welche in der stillgelegten Fabrikationsanlage zum Vorschein kamen und machte den Vergleich der Inventare möglich.
Beinwil am See – Ägelmoos (AG)
Um die UNESCO-Fundstelle wirkungsvoll zu schützen und möglichst wenig Material zu beschädigen, wurden Bereiche davon untersucht. Dabei kamen zahlreiche Funde aus verschiedenen Zeitepochen und Baustrukturen der damaligen Häuser zum Vorschein. Nach weiteren Vorbereitungsarbeiten der Tauchequipe sollen Bereiche abgedeckt werden, damit die archäologischen Schichten und Funde der Erosion keine Angriffsfläche mehr bieten.
Fischfanganlagen
Neben Siedlungsnachweisen werden von der Tauchequipe auch Installationen untersucht, welche zum Fischfang dienen. Solche Fischfachen oder Fächerbauten sind auf Satelliten-Bildern problemlos erkennbar.
Details müssen aber trotzdem von Tauchern vor Ort untersucht und Proben entnommen werden, welche die Installationen datieren können.
Maur – Schifflände
Die Tauchequipe untersucht Siedlungsstellen, muss aber bei Bedarf auch Fundstücke bergen, welche akut von Zerstörung bedroht sind. Im Beispiel von Maur – Schifflände befindet sich ein Schiffsanleger mitten im Siedlungsareal. Durch den Antrieb der Schiffe werden Pfähle freigespült und Funde freigelegt.
Unter anderem lag diese Fischreuse offen am Seegrund. Als erste Massnahme wurde das Fundstück geborgen, als zweiter Schritt die Situation analysiert und ein Konzept für den Schutz der verbleibenden archäologischen Hinterlassenschaften erstellt und als dritter Schritt werden die Massnahmen umgesetzt.
Rapperswil-Jona – Technikum (SG)
Etwa 180 Meter südöstlich der urgeschichtlichen sowie historischen Brückenübergänge beim Seedamm liegt auf einer Untiefe im Obersee ein frühbronzezeitliches Dorf. Die Inselsiedlung Rapperswil-Jona - Technikum SG ist in ihrer Ausdehnung fast vollständig erhalten. Sie weist einen Durchmesser von ca. 110 Meter auf, wobei die randlichen Zonen bereits stark von der Erosion sowie von ankernden Schiffen in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Im südlichen Bereich der Fundstelle können einerseits ein Teil des bebauten Siedlungsareals, andererseits verschiedene Palisaden erfasst werden. Letztere bilden ein System mit mindestens fünf Ringen. Die dendroarchäologische Untersuchung der Pfähle zeigt, dass das Dorf zeitgleich mit dem frühbronzezeitlichen Steg zwischen Rapperswil und Hurden bestanden hat (um 1600 v.Chr.). Allerdings konnte bisher keine Verbindung in Richtung des Steges gefunden werden. Im dokumentierten Siedlungsareal zeichnen sich hingegen bereits ohne dendroarchäologische Auswertung der Hölzer Strukturen ab.
Die Fundstelle ist noch ungenügend erforscht und somit ist ihre Funktion vorerst noch ungeklärt. Doch ihre Lage an der Verkehrs- und Handelsroute zwischen Alpen und Mittelland sowie die Nähe zum Steg über die Seeenge trägt sicherlich zur grossen Bedeutung dieser Siedlungsstelle bei. Nach einer Bestandesaufnahme der archäologischen Überreste wurde ein Konzept für Schutzmassnahmen erstellt, welches 2011 realisiert wurde.
Freienbach – Hurden Rosshorn (SZ)
Auf dem Gebiet der Gemeinde Freienbach befinden sich Reste der überaus spannenden Fundstelle Hurden Rosshorn. Dabei handelt es sich für ein Mal nicht um eine urgeschichtliche Siedlung, sondern um verschiedene über Jahrtausende genutzte Brücken und Übergänge, welche das heutige Hurden SZ mit Rapperswil SG verbanden. Seit der Entdeckung im Jahr 1998 wurden grosse Gebiete um den heutigen Seedamm abgesucht, Pfähle kartiert und Funde geborgen. Es konnten verschiedene Brückenverläufe und -konstruktionen beobachtet werden, welche zeitlich von der Horgener Kultur (um 3200 v.Chr.) bis in die Neuzeit reichen.
Besonders gut belegt ist die Pfahlkonzentration einer Konstruktion, die mittels dendroarchäologischer Untersuchungen und C14-Proben in die frühe (um 1600 -1500 v. Chr.) und späte Bronzezeit (um 1000 v. Chr.) datiert werden kann.
Rheinau
Aus schriftlichen Quellen sind mehrere Brückenübergänge, ein Wachturm und eine Warte (Beobachtungsposten) in Rheinau belegt.
Seit 2009 wurde verschiedenen Hinweisen nachgegangen und Uferbereiche, in denen während der letzten Jahre und Jahrzehnte vermehrt Fundstücke zum Vorschein kamen, wurden näher untersucht. Ziel der Kampagnen ist es, allfällige Überreste von Brückenkonstruktionen zu finden und diese wenn möglich zeitlich einzuordnen.
Bei einem 2013 näher untersuchten Befund könnte es sich um Teile einer Holzkonstruktion handeln, die für den Betrieb der ehemaligen Klostermühlen errichtet wurde (hölzerne Wehr- und Leitdämme). Solche sind auf verschiedenen bildlichen Darstellungen des 16.-19.Jh. erkennbar.
Weitere Untersuchungen folgen in den nächsten Jahren.
Küsnacht – Hörnli
Erst 1996 entdeckt, sind von der Fundstelle Küsnacht - Hörnli heute Dörfer der Horgener Zeit (um 3000 v.Chr.), der Schnurkeramik (um 2600 v.Chr.), Frühbronzezeit (um 1600 v.Chr.) und Spätbronzezeit (um 1000 v.Chr.) belegt. Dank Dendrochronologischer Untersuchungen ist bekannt, dass die Dörfer der Schnurkeramischen Zeit mehrmals ausgebaut wurden und während längerer Zeit bestanden (zwei Dörfer jeweils mindestens 80 Jahre). Aus der frühbronzezeitlichen Siedlung sind wichtige Belege von Bauhölzern und ausserordentlich gut erhaltene Funde zu verzeichnen.
Im nördlichen Bereich der Siedlungsstelle liegt die Fundschicht offen an der Seegrundoberfläche. Sie ist unter anderem durch die Strömung gefährdet, welche durch an- und ablegende Kursschiffe verursacht wird. Ziel vergangenen Einsätze war es, die akut bedrohten Schichten auszugraben und einen weiteren Teil durch Schutzmassnahmen zu erhalten.
Horgen – Scheller
Schon lange war bekannt, dass sich im Bereich der Yachtwerft Faul AG eine Pfahlbausiedlung befindet. Doch erst 1987 wurde etwas südlich davon zufällig eine weitere Siedlungsstelle entdeckt. Dabei handelt es sich um zwei Dörfer, welche während der frühen (um 1700 v.Chr.) und der späten Bronzezeit (um 1000 v.Chr.) besiedelt waren.
Von den spätbronzezeitlichen Hinterlassenschaften ist kaum etwas erhalten, das meiste ist bereits von der Erosion zerstört und unwiederbringlich verloren. Vom frühbronzezeitlichen Dorf ist hingegen noch eine archäologische Kulturschicht (=Abfallschicht) mit Bauteilen der Häuser vorhanden, welche in den letzten Jahren in mehreren Etappen teilweise abgebaut und analysiert wurde.
Stansstad – Kehrsiten (NW)
Die neolithische Seeufersiedlung Kehrsiten im Kanton Nidwalden am Vierwaldstättersee wurde 2003 von einem Sporttaucher entdeckt und im darauf folgenden Jahr erstmals von der Tauchequipe begutachtet. Die Untersuchungsergebnisse waren dermassen spannend, dass mit dem Kanton Nidwalden ein Gesuch um Unterstützung der Forschungsarbeiten beim Nationalfonds eingereicht wurde. 2008 untersuchte die Tauchequipe der Stadt Zürich einen kleinen Bereich der Fundstelle.
Kehrsiten liegt ausserhalb des bisher bekannten Gebietes neolithischer Seeufersiedlungen und birgt mit den eingelagerten organischen Resten (Pflanzenreste, Samen, Tierknochen, Schnüre etc.) eine Fülle von Informationen zur Wirtschaftsweise im voralpinen Raum. In Zusammenarbeit mit WissenschaftlerInnen des IPNA (Institut für Prähistorische und Naturwissenschaftliche Archäologie) wurde mit dem Basismaterial der Grabung die Geschichte der Besiedlung rekonstruiert.
In den folgenden Jahren liegt das Schwergewicht der Untersuchungen beim Monitoring (Überwachung); es soll abgeklärt werden, ob das UNESCO-Welterbe erosionsgefährdet ist.
Freienbach – Hurden Seefeld (SZ)
In dieser UNESCO-Welterbe-Fundstelle wurden die Strömungsverhältnisse untersucht, welche zur Erosion einer Fundstelle führen können. Weiter wurden von externen Stellen bathymetrischen Modellierungen durchgeführt, Georadar-Messungen vorgenommen und zur Verifizierung dieser Methode von der Tauchequipe Sondierungen angelegt. Durch diese Vielzahl an Untersuchungen ist es möglich, ein 3D-Modell der Fundstelle und der im Boden erhaltenen archäologischen Schichten zu erstellen und ein wirksames Schutzkonzept zu entwerfen.