Mühlegasse 5, 2009
Das Haus Mühlegasse 5, in dem bis vor kurzem Zürichs ältestes Kino in Betrieb war, wurde 2009 tiefgreifend umgebaut. Anlass für die Stadtarchäologie, die historische Bausubstanz und die im Boden erhaltenen Siedlungsreste eingehend zu untersuchen.
Lange Geschichte, reiche Wohnkultur
Die Liegenschaft geht im Kern auf drei eigenständige mittelalterliche Gebäude zurück. In der Regel waren die Häuser in der Hand von Müllersleuten oder wurden von solchen bewohnt. Der Wohlstand der Bewohnerschaft kommt durch einige gehobene Ausstattungselemente der Innenräume zum Ausdruck. Mühlen befanden sich ganz in der Nähe. In der Verlängerung der Mühlegasse ragte – ungefähr an der Stelle der heutigen Rudolph-Brun-Brücke – der Obere Mühlesteg mit einer Reihe von Mühlen mit Wasserrädern in die Limmat.
101 Jahre Kino Radium
1907 entstand an der Mühlegasse 5 das Kino Radium. Um einen angemessenen Kinosaal zu gewinnen, entfernte man das Deckengebälk des bis anhin als Laden genutzten Raumes im Erdgeschoss und mauerte die Fensteröffnungen zu. Das «Radium» blieb bis 2008 in Betrieb. Ein in diesem Jahr unter dem Dachvorsprung gefundener Stapel alter Filmplakate führt zu den Anfängen eines der ersten «Kinematographen-Theaters» der Stadt zurück.
Archäologie des «niederen Dorfes»
Die Bauarbeiten lösten sowohl im Boden als auch im aufgehenden Mauerwerk archäologische Untersuchungen aus. Ein Team der Stadtarchäologie legte im Erdgeschoss die Reste von älteren Bauten aus dem Mittelalter frei. Einfache Steinmauern, Lehm- und Holzböden, Fachwerkwände auf Schwellbalken und Feuerstellen konnten auf relativ grosser Fläche dokumentiert werden. Der Stadtteil Niederdorf taucht im 12. Jahrhundert als «inferior villa» (niederes Dorf) in den Schriftquellen auf. Durch die Grabung konnten noch ältere Siedlungsreste erfasst werden.
(alle Fotos AfS/Archäologie)
Publikation: Andreas Motschi, Früh- und hochmittelalterliche Siedlungsreste im Niederdorf. Ein Vorbericht über die Ausgrabungen an der Schmidgasse 5, Zürich. Stadt Zürich, Archäologie und Denkmalpflege, Bericht 1999–2002 (2003) 72–78. (leider vergriffen)