Wissenschaftliche Infos und viele spannende Tipps für ein umweltfreundliches Leben in der Stadt gab es bei der Veranstaltung «Science and the City» am 1.9. und 2.9.2021 im Vorfeld der Wissenschaftstage Scientifica der Universität und der ETH Zürich . Mitarbeitende des Umwelt- und Gesundheitsschutzes Zürich zeigten in einer interaktiven Ausstellung, welchen Herausforderungen im Bereich Stadtklima, Lärm und Luftqualität die Stadt durch die geplante Verdichtung in Zürich begegnet. Natürlich gab es auch praktische Tipps, die alle umsetzen können. Vom richtigen Anfeuern bis zum bewussten Einkaufen und Autofahren.
Unter dem Titel «Science and the City» konnten sich Interessierte an vier Tagen an verschiedenen Standorten mit Themen rund um städtische Entwicklung, Lebensqualität, Ernährung und Mobilität auseinander setzen. Die Mitarbeitenden des Umwelt – und Gesundheitsschutzes UGZ zeigten in der Zentralwäscherei in einer interaktiven Ausstellung, was Lärm, Schädlinge, Holzfeuer, Luftbeeren und Ernährung mit Lebensqualität in Zürich zu tun haben.
«Das hab’ ich immer genau andersrum gemacht!» Diesen Satz hörte das Team der Feuerungskontrolle bei seiner Vorführung am Anlass «Science and the City» immer wieder. Denn die meisten Leute zünden ein Holzfeuer genau falsch herum an: Unten der Anzünder und oben die grossen Holzstücke. «Früher hat man das so gelernt», erklärt Feuerungskontrolleur Lars Pigliapoco. «Inzwischen weiss man, dass dadurch viel zu viel Russ entsteht.» Viel besser funktioniert es anders herum: Die grossen Holzstücke kommen nach unten, die kleinen nach oben, der Anzünder obendrauf. «Das russt nicht nur viel weniger, sondern das Holz brennt auch viel langsamer ab. Man hat viel länger etwas vom Feuer», erklären die Fachleute.
Luftbeeren gegen Feinstaub
Wie schädlich Feinstaub tatsächlich ist, zeigte Amewu Mensah zusammen mit Projektleiterin Jenny Casetti von der Firma Catta am Stand zum Citizen-Science-Projekt Luftbeeren auf. «Kleinere Partikel können bis in unseren Blutkreislauf gelangen und so massive Schäden am Herz- Kreislaufsystem verursachen.» Ein Problem, dass in Städten massive Gesundheitskosten verursacht. Deshalb sensibilisiert Zürich die Einwohner unter anderem mit Projekten wie den «Luftbeeren». Vorerst als Pilotprojekt wurden Erdbeerpflanzen in zwei Siedlungen verteilt und von den Anwohnern zuhause gehegt und gepflegt. Nach sechs Wochen haben sie die Blätter eingeschickt, um die Feinstaubbelastung direkt auf Ihrem Balkon und in ihrem Vorgarten ermitteln zu lassen und damit einen Beitrag zu Sammlung von Luftqualitätsdaten geleistet. Das Ergebnis wird derzeit ausgewertet.
Klimabewusst einkaufen
Rahel Scheidegger zeigte an einer ganz speziellen Ernährungspyramide, wie unsere Lebensmittel die Umwelt belasten. Die Besucher staunten nicht schlecht, als sie sahen, wie stark Lebensmittel wie viele Emissionen beispielsweise Fleisch und Fisch verursachen. Eindrücklich war es aber auch zu sehen, wie sich Produktionsart und Transport auf die Umwelt auswirken. Wer eingeflogene Lebensmittel meidet, spart bereits viel CO2 ein. Neben dem Transport spielt aber auch der Anbau eine wichtige Rolle. Obst und Gemüse aus dem Gewächshaus verursacht viel mehr CO2 als solches aus Freilandanbau. «Freilandgemüse aus Spanien kann umweltverträglicher sein als heimisches Gemüse aus dem Gewächshaus», erklärte Rahel den mehrheitlich jungen Besucherinnen und Besuchern an ihrem Infostand.
Schabenroulette und andere Insektengeschichten
Die unbestrittenen Stars des Abends waren einige Geschöpfe die sonst weniger gern gesehen sind: Argentinische Waldschaben. Beim Schabenroulette feuerten die begeisterten Besucher die Krabbeltiere lautstark an, damit sie durchs richtige Tor gehen. Bei allem Spass ging es aber natürlich auch hier um einen ernsten Hintergrund. «Manche Arten wie die Deutsche Schabe vermehren sich rasant im Haus», erklärte Schädlingsberater Marcus Schmidt. Ausserdem können sie gefährliche Krankheiten wie Salmonellen übertragen. «Wer Schaben im Haus hat, sollte uns unbedingt kontaktieren.» Die Schädlingsprävention der Stadt Zürich steht der Bevölkerung von Zürich gratis zur Verfügung. Und das nicht nur bei Schaben. Gabi Müller, Leiterin der Schädlingsprävention der Stadt Zürich, erklärte, dass die Anzahl aufgewendete Stunden für invasive Insekten immer mehr steigen, zum Beispiel zur Überwachung und Bekämpfung der Tigermücke. «Anders als unsere heimischen Mücken sind Tigermücken nicht braun, sondern schwarz-weiss gestreift. Wer so eine findet, sollte sie einfrieren und uns zur Bestimmung zuschicken.»
Temporeduktion mit grosser Wirkung
Tempo 30 oder 50 – macht das wirklich so einen Unterschied? Unter anderem dieser Frage gingen die Besucher bei Simone Matthieu, Projektleiterin Lärmschutz, nach. «Wow, das ist ja viel leiser», sagte eine Besucherin, als sie Auralisierungen vom Strassenlärm bei Tempo 50 und 30 im Vergleich hörte. «Tatsächlich verringert sich der Lärm um 3 Dezibel. Das macht einen Riesenunterschied», erklärt Simone Matthieu. Nicht nur die geringere Lärmbelastung wirke sich positiv auf Wohlbefinden und Gesundheit aus. «Ausserdem haben die meisten Leute weniger Stress, wenn die Autos langsamer fahren.»
Massnahmen gegen Hitze
Besonders wichtig für die Lebensqualität ist auch die Temperatur. Welche Massnahmen die Stadt ergreift, um das Kaltluftsystem aufrechtzuerhalten und weiter zu verbessern, zeigte Veronika Sutter bei einem 90-minütigen Stadtrundgang. Helle Oberflächen und viel Grün sorgen dafür, dass sich die Stadt weniger aufheizt. Auch die Beschattung von Aufenthaltsflächen mindert die Hitze. Und natürlich Wasser. Ausserdem soll möglichst viel Asphalt entfernt und durch durchlässige Oberflächen ersetzt werden.
100 000 neue Einwohner bis 2040
Wie wichtig all diese Massnahmen sind, zeigte Rainer Zah, Leiter Umwelt auf. «2040 werden wir schätzungsweise 100 000 Menschen mehr in Zürich haben: 520 000 Einwohner und auch viel mehr Arbeitsplätze. Aber es gibt kaum noch überbaubare oder umnutzbare Flächen. Das bringt enorme Herausforderungen für die Stadt mit sich.» Umso wichtiger, dass die Vision einer immer grüner werdenden Stadt Zürich wahr wird.