Behandlungsgrundlagen und -methoden
Unser Behandlungsangebot basiert auf dem aktuellen Forschungsstand zu Abhängigkeitserkrankungen sowie auf individualisierten Therapiekonzepten.
Behandlungsgrundlagen
Unser Verständnis der Abhängigkeit basiert auf dem Bio-Psycho-Sozialen Modell der Sucht. Es handelt sich um eine komplexe und chronische Erkrankung, deren Ursachen sowohl biologisch, psychisch als auch sozial bedingt sind. Unser ganzheitlicher Behandlungsansatz berücksichtigt das Zusammenspiel dieser Faktoren. Wir beziehen in unseren Behandlungskonzepten die individuellen Therapiebedürfnisse unter Berücksichtigung allfälliger zusätzlicher psychiatrischer und körperlicher Störungen ein. Unsere Sichtweise auf die Suchtentstehung und -behandlung ist prozessorientiert und wissenschaftlich begründet.
Behandlungsmethoden
Unser multiprofessioneller Behandlungsansatz sichert ein weitreichendes Wirkungsfeld. Er deckt neben der Sucht die gesamte Lebensrealität der Betroffenen ab.
Suchtmedizin
Neben der notfallmässigen Behandlung von Betäubungsmittel-Intoxikationen (Vergiftungen) werden ärztlich überwachte Entgiftungsbehandlungen entsprechend einer individuellen Indikation durchgeführt – als Teil-, Beikonsum- oder Total-Entzug und unter Einsatz von Medikamenten zur Verminderung von Entzugssymptomen.
Bei Opioidabhängigkeit erfolgt im Rahmen einer substitutionsgestützten Behandlung ein ärztlich verordneter Ersatz des konsumierten Opiats durch ein legales Medikament wie Methadon, Buprenorphin, orales retardiertes Morphin oder Diacetylmorphin.
Psychiatrie
Psychiatrische Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) werden im Rahmen einer Befund- und Anamneseerhebungsphase und nach ICD-10 als Diagnosen codiert. Im Anschluss werden Indikationsfragen zu Therapien mit Psychopharmaka geklärt, bestehende Verordnungen überprüft und/oder neue Therapien eingeleitet. Im Bereich der Pharmakotherapie wird nach den aktuellen Guidelines der Fachgesellschaften gearbeitet. Der*die Patient*in wird umfassend über Wirkungen, Nebenwirkungen und Risiken informiert.
Innere und Allgemeinmedizin
Die körperliche Gesundheit leidet unter dem Konsum von Suchtmitteln. Es werden hausärztliche Untersuchungen und Behandlungen wie ein EKG und Laboruntersuchungen zu Erkennung von Hepatitis oder HIV durchgeführt. Für zusätzliche Untersuchungen und Massnahmen erfolgt eine Überweisung an eine*n Spezialärzt*in, wenn möglich an einem der Stadtspitäler oder in die spezialisierten Sprechstunden des Ambulatoriums Kanonengasse.
Die pflegerische Betreuung im Zusammenhang mit der Suchterkrankung orientiert sich an folgenden Zielen:
- Linderung akuter Symptome und Verbesserung des Gesundheitszustandes
- soziale Einbindung (Integration/Inklusion)
- persönliche Entwicklung
- Förderung von Selbständigkeit und Wohlbefinden
Neben Gruppenangeboten gewährleistet die Pflege über ein Bezugspersonensystem das Verfolgen der gemeinsam definierten Aufenthaltsziele.
Zur Überprüfung des psychischen Zustandes der Klient*innen werden in der Suchtfachklinik standardisierte und validierte Verfahren der Psychodiagnostik angewendet. In Verbindung mit Verhaltensbeobachtungen im Alltag und der Verknüpfung mit biographischen Entwicklungen führen diese Verfahren zu einer verifizierbaren psychopathologischen Diagnose nach ICD-10 und/oder DSM-IV-Kriterien.
In der Psychotherapie wird die Veränderungsmotivation gefördert und Wissen über die Entstehung und Aufrechterhaltung einer Suchterkrankung vermittelt. Zudem werden sinnvolle Strategien im Umgang mit Entzugssymptomen, Suchtdruck und Risikosituationen im Umgang mit Suchtmitteln (Rückfallprophylaxe) erlernt. Weiter leistet die Therapie einen Beitrag zur Linderung der Symptome komorbider Störungen, unterstützt das Erlernen von Strategien zur Spannungsregulation und zur Stressbewältigung und fokussiert auf die Stärkung von emotionalen und sozialen Kompetenzen, etwa in Bezug auf die Gefühlswahrnehmung. Bei Bedarf wird die Psychotherapie um Paar- und Familiengespräche ergänzt.
Es werden Einzel- und Gruppenbehandlungen angeboten:
- Psychoedukation zur strukturierten Vermittlung von Störungs- und Lösungswissen
- Motivational Interviewing
- Kognitive Verhaltenstherapie
- Systemische und hypnosystemische Therapie
- Schematherapie
- Ego-State-Therapie
- Traumaspezifische Verfahren (EMDR, PITT)
- Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT)
- Expositionsverfahren
- Achtsamkeitsbasierte Techniken (MBRB, MBSR, Atemtechniken, Yoga)
- Zürcher Ressourcen Modell (ZRM), Mentales Kontrastieren und Durchführungsvorsätze (MCII)
- Deliktorientierte, forensische Verfahren
- Gruppenverfahren zum Training emotionaler Kompetenzen und zur gewaltfreien Kommunikation
- Genderspezifische Arbeit
Die klinische Sozialarbeit befasst sich mit den sozialen Aspekten psychischer und körperlicher Krankheiten unter Berücksichtigung der Lebenslage der Betroffenen. Ziel ist es, psychische Stabilität zu erreichen und weiteren Krankheitsphasen vorzubeugen, die im Zusammenhang mit ungünstigen sozialen Verhältnissen stehen.
Schwerpunkte der klinischen Sozialarbeit sind die Organisation und Unterstützung bei der Inanspruchnahme von sozialer und wirtschaftlicher Sachhilfe (Sicherstellung Einkommen, Arbeits- und Wohnungssuche, Knüpfung sozialer Kontakte, Sozialversicherungen, Nachsorge). Es besteht eine intensive Zusammenarbeit mit involvierten Behörden der Sachhilfe und der Justiz oder beteiligten Hilfseinrichtungen (RAV, IV usw.).
Komplementärmedizinische Methoden werden ergänzend zur medizinischen Behandlung bei spezifischen Behandlungsproblemen eingesetzt, z.B. bei starkem Craving (Konsumverlangen), Verspannungen, Schlafproblemen und Schmerz- oder Angstzuständen.
Ohrakupunktur
Das NADA-Protokoll ist ein standardisiertes Verfahren der Akupunkturbehandlung. Die regelmässige Anwendung kann Entzugssymptome lindern und das Craving (Suchtverlangen) vermindern. Zudem werden die Selbstheilungskräfte gestärkt und Störungen im Wohlbefinden reguliert.
Pflanzenheilkunde
Die Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) ergänzt die klassische Schulmedizin. Die pflanzlichen Produkte stehen in Form von Tees, Tinkturen, Salben oder als Arznei zur Verfügung.
Aromatherapie
Die Aromatherapie ist ein Teilgebiet der Pflanzenheilkunde und setzt ätherische Öle ein, um das Wohlbefinden und das Gleichgewicht zwischen Körper, Geist und Seele zu verbessern. Die Öle werden meist in Form von Bädern, Tinkturen oder Duftlampen eingesetzt.
Kunsttherapie
Die Kunsttherapie unterstützt dabei, sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten, die durch Belastungen blockiert sind, zu reaktivieren.
Aktivierungs- und Bewegungstherapie
Die Aktivierungs- und Bewegungstherapie erfüllt eine rehabilitative Aufgabe und fördert die Körperwahrnehmung, die Einschätzung der eigenen Leistungsgrenzen und bestenfalls die Verbesserung der körperlichen Fitness. Ausserdem hilft sie beim Umgang mit Schmerzen, vermittelt Entspannungstechniken und fördert die Freude an Bewegung und Spiel.
Die Beschäftigungstherapie und die Arbeitsagogik fördern grundlegende Kompetenzen wie beispielsweise die Fähigkeit, sich für eine Sache zu interessieren und zu engagieren oder das eigene Handeln selbstkritisch zu reflektieren.
Während der klinischen Behandlung stehen unsere Ateliers und Werkstätten zur Verfügung, um Selbstbestimmung, Autonomie und das Selbstwirksamkeitserleben zu fördern.