Der Stadtrat hat Ende 2022 die Strategie Kreislaufwirtschaft «Circular Zürich» verabschiedet. Nun geht es darum, gemeinsam mit verschiedenen Akteur*innen aus dem privaten und dem öffentlichen Sektor das Mieten und Teilen, Wiederverwenden sowie Reparieren und Wiederaufbereiten von Textilien in Zürich voranzubringen. Welche Hemmnisse und Herausforderungen gibt es in der Umsetzung? Welche Massnahmen mit Fokus Lebensdauerverlängerung von Textilien sind von der Wirtschaft, Wissenschaft und Bevölkerung getragen und können von der Verwaltung unterstützt werden, um gemeinsam einen Schritt weiterzukommen?
Nachdem bereits vor zwei Wochen Kreislaufwirtschaftsmassnahmen zu Elektrogeräten diskutiert wurden, beschäftigten sich letzten Mittwoch, 24. Mai, rund 40 Akteur*innen im Rahmen des Fokus-Events Kreislaufwirtschaft zu Textilien mit diesen Fragen im Impact Hub Zürich. Im Fokus stand, wie die Stadt Zürich bei anstehenden Herausforderungen und Hemmnissen in den drei Bereichen «Mieten & Teilen», «Wiederverwenden & Secondhand» und «Reparieren & Wiederaufbereiten» unterstützen kann, damit wir gemeinsam mit den Unternehmen die Bevölkerung mobilisieren können.
Einblick in die Praxis
Vor dem interaktiven Teil des Anlasses, stellte Sonja Gehrig, Leiterin Kreislaufwirtschaft bei der Stadt Zürich, die städtische Strategie Kreislaufwirtschaft vor. In der Kreislaufwirtschaft werden Produkte und Materialien möglichst lange und werterhaltend genutzt, sowie Abfall und Umweltbelastungen möglichst vermieden. Die Stadt Zürich als erste Schweizer Stadt mit einer Strategie zur Kreislaufwirtschaft ist dabei Vorbild und Innovatorin. Um eine breite Bevölkerung mit zirkulären Ansätzen zu erreichen, sind grosse Unternehmen Schlüsselakteure. Sonja Gehrig betonte auch Chancen für Unternehmen, die sich dank Kreislaufwirtschaftsansätzen ergeben. Juliet Blum vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) gab spannende Einblicke zu den Herausforderungen entlang der textilen Wertschöpfungskette sowie der gesellschaftlichen Konsummuster und zeigte die Entwicklungen auf Ebene Bund und in der EU auf. Tobias Jung vom Umwelt- und Gesundheitsschutz Zürich und Andreas Lindau von Entsorgung + Recycling Zürich stellten einen Extrakt aus einer Ideensammlung von städtischen Massnahmen vor, z. B. den Reparaturbonus. Nina Schaller von Who is Nik gab einen Überblick über Formate und Bewegungen im Textilbereich in Zürich. Als Abschluss des ersten Teils gaben Christian Kägi (QWISTION), Dario Pirovino (Muntagnard), Karen Rauschenbach (Circular Clothing Genossenschaft), Shanice Heuzeveldt (Lavie und Balsiger Textil AG), Annabelle Hutter (Säntis Textiles AG), Kilian Wiget (WE ARE ZRCL), Silvan Kuhl (OFFCUT Zürich), Christine Moch (Secondhand Day), Alexander Sutter (Marko Switzerland AG), Tania Schellenberg (Shareitt Schweiz / Faircustomer) sowie Andreas Fehr (Neumühle) Einblicke in ihre inspirierenden Projekte. Dabei teilten sie ihr Wissen sowie ihre Erfahrungen zu Herausforderungen und möglichen Lösungsansätzen zur zirkulären Zukunft.
Lösungsansätze
In drei Gruppen diskutierten die Akteur*innen anschliessend die jeweiligen Chancen und Herausforderungen bei der Mobilisierung der Bevölkerung und identifizierten so die für sie wichtigsten Handlungsfelder. In der kollaborativen Atmosphäre des Impact Hub Zürich entstanden so Ideen zu Massnahmen.
Mieten und Teilen
Es wurde festgestellt, dass sich vor allem gewisse Arten von Textilien (Babykleidung, Hochzeitskleider, Sportkleidung, Designermode) für Mietmodelle eignen. Eine Idee, um Verhalten hin zu mehr Mieten zu fördern, ist die personalisierte Ausgabe eines Mietbonus oder Mietgutscheins. Als möglicher Pilot könnte die Stadt bei Sportaktivitäten wie Skilager, bei der Anmeldung beim Standesamt oder bei der Einschulung der Kinder die Bevölkerung durch Abgabe eines Mietgutscheins zum Ausprobieren von solchen Mietangeboten animieren.
Wiederverwenden und Secondhand
Herausforderungen werden bei der Logistik der Stoffströme und der fehlenden Wertschätzung von gebrauchter Kleidung gesehen. Um das Image von Secondhand-Kleider zu verbessern, bietet sich eine Informationskampagne der Stadt Zürich an. Auch müsste die Kleidersammlung der Stadt Zürich überdacht und die Wieder- und Weiterverwendung von Textilien lokal organisiert werden. Auf Anbieterseite sollen der Re-use-Ansatz im B2B-Bereich und die Bildung eines zentralen, permanenten Secondhand-Hubs gefördert werden.
Reparieren und Wiederaufbereiten
Reparaturen gestalten sich bisweilen kompliziert, da es an der nötigen Infrastruktur fehlt und Fast Fashion meist mit schlechter Qualität und kurzer Lebensdauer der Textilien einhergeht. Der grösste Hebel wurde bei der Förderung von Angebot und Nachfrage von Reparaturen gesehen. Dies kann am besten durch die Einführung eines Reparaturbonus umgesetzt werden (bereits in Planung). Ein reduzierter Mehrwertsteuersatz auf Reparaturen wäre ebenfalls ein denkbarer finanzieller Anreiz. Wichtig ist auch die Sensibilisierung der Bevölkerung und das Vorhandensein eines städtischen Reparaturzentrums oder Kreislaufwirtschaft-Hubs.
Beim anschliessenden Apéro ergaben sich wertvolle Kontakte und Vernetzungsmöglichkeiten. Zudem wurde bereits weitergedacht und darüber diskutiert, wie weitere kollaborative Schritte aufgegleist werden können.
Wie geht es weiter?
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