Mithilfe einer interaktiven Reise-App und Virtual-Reality- Brillen (VR-Brillen) können sie sich fühlen, als würden sie mit Schlittenhunden durch den Schnee fahren, in Südafrika auf Safari gehen oder in die Unterwasserwelt des Great Barrier Reef eintauchen. Die Idee für dieses einzigartige Projekt entstand durch die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Alfred Angerer von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Gemeinsam mit dem CEO des Start-ups «Weezy VR», Jimmy Künzli, setzten sich die Verantwortlichen des Gesundheitszentrums für das Alter Käferberg das Ziel, den Bewohner*innen, die nicht mehr reisen können, besondere Erlebnisse zu ermöglichen. Das Projekt wurde interprofessionell geplant und umgesetzt: Fachpersonen aus dem medizinischen, pflegerischen und technischen Bereich arbeiteten Hand in Hand, um die App und die VR-Brillen auf Herz und Nieren zu prüfen. Über 20 Destinationen stehen den Bewohner*innen zur Auswahl, jede Reise dauert zwischen drei und 15 Minuten.
Virtuelle Reisen
Die VR-Crew, bestehend aus Ardian Ismaili, dem Technikexperten, und Neisa Plouda, der Betreuungsspezialistin, besucht regelmässig die verschiedenen Wohnbereiche im Käferberg. Bevor die VR-Reisen mit den Bewohner*innen durchgeführt werden, testet das Pflegepersonal die Anwendung selbst. Dadurch können sie mögliche Reaktionen besser nachvollziehen und angemessen darauf reagieren. Verbesserungspotenziale werden laufend gesammelt, zum Beispiel bezüglich teilweise unscharfer Szenerien in den Reisen. Sie dienen als Grundlage für die Weiterentwicklung des Angebots.
Emotionale Eindrücke
Die Eindrücke der Bewohner*innen während ihrer virtuellen Reisen sind vielfältig und berührend. Frau Bertschinger war während der virtuellen Safari-Reise begeistert von den vielen Tieren, die ihr so nah erschienen. Sie streckte den Arm aus, als ob sie den schlafenden Löwen streicheln wollte, und erzählte, dass sie sich wie in einer anderen Welt fühle, in der sie ein Auto ohne Dach fahre. Beim virtuellen Besuch des Zirkus Knie erinnerte sie sich an frühere Zeiten und erzählte stolz auf der Abteilung, dass sie früher sogar ohne Geld in den Urlaub gefahren sei.
Frau Turkavka war hingegen fasziniert von der Sonne der Karibik und spürte die Wärme. Plötzlich erschrak sie, als sie Fische entdeckte. Doch dann brach sie in freudiges Lachen aus und rief begeistert: «Oi, oi, oi, ich werde nass! Ich bin so nah am Wasser!» Sie tauchte vollständig in das virtuelle Erlebnis ein und genoss die intensiven Momente der Reise.
Eine andere Bewohnerin freute sich über die hohen Bäume und fühlte sich bei einer Schlittenfahrt an ihre Kindheit erinnert. Die Schlittenhunde waren zum Greifen nah, sodass sie das Gefühl hatte, ihr weiches Fell zu spüren. Frau Zaugg war schliesslich begeistert vom Paragliding: Sie breitete die Arme aus, erzählte der Himmel sei so blau, sie fliege mit den Vögeln und fühle sich federleicht. Keine Frage: Die VR-Reisen lösten bei den «Reisenden» angenehme Emotionen aus und brachten Freude und Abwechslung in ihren Alltag.
Eine erweiterte Welt
Das Fazit nach der Testphase der virtuellen Reise-App fällt äusserst positiv aus: Besonders bei hochaltrigen Menschen, die aufgrund ihrer eingeschränkten Mobilität ans Bett oder den Rollstuhl gebunden sind, lösten die virtuellen Reisen grosse Freude und Begeisterung aus. Die Einführung der Reise-App hat nicht nur den Bewohner*innen neue Perspektiven eröffnet, sondern auch gezeigt, wie Technologie im Sinne des Leitsatzes der städtischen Gesundheitszentren «Menschlich digital» für das Wohlbefinden der Bewohner*innen eingesetzt werden kann – für Reisen ganz ohne Koffer und Flugticket.
Autorinnen: Sandra Rudolph, Leiterin Qualitätsmanagement, und Neisa Plouda, Kinästhetics-Trainerin, Gesundheitszentrum für das Alter Käferberg | Erschienen in der Wipkinger Zeitung